1. #1
    Avatar von PartyFreak
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    Standard Wird der Kapitalismus mit zunehmender Industrialisierung an seine Grenzen stoßen?

    Die Industrialisierung und generell der technische Fortschritt erleichtern uns das Leben enorm, aber sie kosten auch Arbeitsplätze. Natürlich entstehen dadurch wieder neue, dieses Argument hörte ich kürztlich bei einer Diskussion auch bereits. Ich sehe darin aber trotzdem ein Problem. Warum? Weil es mir scheint, als ob durch die Industrialisierung mehr Jobs überflüssig werden als auf der anderen Seite entstehen. Da die Bevölkerung immer weiter zunimmt brauchen wir eher mehr Jobs anstatt weniger, somit werden wir auf Dauer mehr Arbeitnehmer und weniger Jobs haben.

    Ein Beispiel: Früher hat man LKWs mit Männern von Hand ausgelagert. Man hatte also z.B. 10 Mann, die dafür zuständig waren den LKW zu entladen und wenn nötig wieder zu beladen. Heute haben wir einen einzigen Gabelstaplerfahrer, der sie ersetzt und die gleiche Leistung erbringt (wohl auch in Kürzerer Zeit nehme ich an). Von den 10 Mann kann durch die Modernisierung also nur einer im Unternehmen bleiben, der sich um die Entladung kümmert.

    Sicher haben wir auch neue Jobfelder über die Informationstechnologie bekommen, aber es kommt mir so vor als ob die wegfallenden Jobs den neu dazugekommenen überwiegen, sodass dieses System auf Dauer nicht funktionieren kann weil wir ja einen starken Bevökerungswachstum anstelle einer Abnahme haben.
    Was denkt ihr so darüber?

  2. #2

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    Standard AW: Wird der Kapitalismus mit zunehmender Industrialisierung an seine Grenzen stoßen?

    Die von Dir angesprochene Größe nennt sich Produktivitätszuwachs, und wird für ein Land berechnet, indem man jährlich das Bruttosozialprodukt durch die insgesamt geleisteten Arbeitsstunden teilt, und die erhaltenen Zahlen Jahr für Jahr miteinander vergleicht. Die Kurve des Produktivitätszuwachses in der Vergangenheit zeigt folgendes Bild:

    Datei:GDP & GDP per hour worked.JPG – Wikipedia

    Es fällt auf, daß die Kurve zwar sehr "unruhig" hin und her springt, aber insgesamt nach unten zeigt. Produktivitätssteigerungen von über 3%, die vor 1978 häufig waren, gibt es seit ca. 1992 nicht mehr. Die deutsche Wirtschaft ist durch die Globalisierung und das relativ zu anderen Ländern hohe Lohnniveau in D schon seit mindestens zwei Jahrzehnten gezwungen gewesen, zumindest in den Exportindustrien eine hohe Rationalisierung umzusetzen. Diese Rationalisierung hat auch ihre Grenzen, d.h. sie ist nicht beliebig steigerbar, wie es aussieht. D.h. von den 10 Mann zum Gabelstapler ist es zwar ein großer Produktivitätsfortschritt, aber die weitere Rationalisierung, indem man den Gabelstapler auch noch ersetzt, ist nicht merh ganz so einfach möglich, denn wodurch sollte man ihn ersetzen? Die Verlangsamung der Produktivitätszuwachse kann also dadurch erklärt werden, daß dort, wo Rationalisierung einfach möglich ist, sie schon längst geschehen ist, und nur noch Bereiche übrigbleiben, wo sie nur noch schwer umzusetzen ist.

    Die Kurve der Produktivitätszuwachse wird sich zukünftig m.E. asymptotisch gegen Null bewegen, allerdings unter einer Voraussetzung: Daß Maschinen in den Bereichen, in denen sie den Menschen hoffnungslos unterlegen sind, das auch weiterhin bleiben... also etwa bei Erfindungsgabe und Kreativität, oder in Bereichen (besonders in Dienstleistungssektoren) wie etwa Kindererziehung/Bildungswesen oder Altenpflege usw... es ist aber auch nicht absehbar, daß über die Flure der Seniorenheime demnächst nur noch Betreuungsroboter rollen, oder die Kinder in den Schulen nur noch von Bildschirmen oder anderen Maschinen lernen, oder daß Computer demnächst Bücher schreiben o.ä.
    Geändert von freulein (02.01.2015 um 02:00 Uhr)

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    Stehsegler (17.05.2020)

  4. #3
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    Standard AW: Wird der Kapitalismus mit zunehmender Industrialisierung an seine Grenzen stoßen?

    Zitat Zitat von freulein Beitrag anzeigen
    indem man den Gabelstapler auch noch ersetzt, ist nicht merh ganz so einfach möglich, denn wodurch sollte man ihn ersetzen?
    Autonome Roboter... stellt heute schon kein Problem mehr dar.
    Was viele auch nicht bedenken: der 50-Jährige Gabelstapler-Fahrer hat es schwer dann einen neuen Job zu bekommen, wenn diese Entwicklung erstmal überall angekommen und finanzierbar für die Betriebe ist.
    Der hat dann möglicherweise 13 Jahre verschissen bis er in Rente geht, weil er wohl kaum anschließend in irgendein Dienstleistungsgewerbe gehen wird oder gar in einen Bereich wo er neue Technologien macht (Roboter-Technik z.B.).
    Aber sein Arbeitsplatz wird trotzdem irgendwann irgendwo in einen anderen umgewandelt, das dauert aber und ist ein komplexer Vorgang.
    Java:
    Spoiler:

    Lustige Quotes:
    Spoiler:
    Zitat Zitat von Hydra Beitrag anzeigen
    Hier (in Deutschland) kann man keine andere tolle Aktivitäten machen, als zu chillen, shoppen, saufen und Partys feiern xD Ich habe nichts gegen ab und zu mal saufen und Partys feiern, aber das ist doch nicht wirklich das wahre Leben o_o
    Wieso das Internet für die meisten Leute gefährlich ist:
    Zitat Zitat von Silent Beitrag anzeigen
    Ich weiß ja nicht was der Sinn dahinter steckt es heißt immer "security reasons".

  5. #4

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    Standard AW: Wird der Kapitalismus mit zunehmender Industrialisierung an seine Grenzen stoßen?

    Darüber habe ich mich mit einem Wirtschaftsforscher vor kurzem unterhalten.
    Ich hab ihn diesbezüglich gefragt, was er vermutet was höchstwahrscheinlich passieren würde, wenn
    man die Produktivität der Wirtschaft permanent steigert (was ja normal ist, aber eben
    nicht bei allen Firmen und auch nicht viel Prozent). Er sagte, dass das schon teilweise
    unterbunden wird. Er nannte das Beispiel "öffentliche Dienste" (also Beamte), sind
    teilweise mit extrem schlechten Geräten ausgerüstet (Computer, Drucker etc).
    Die Arbeiten teilweise mit PCs mit Windows Xp, die natürlich hier und da mal etwas länger brauchen und so weiter.
    Dort wird die Produktivität AKTIV eingeschränkt sagte er. Obwohl die Gelder zur Verfügung
    stehen, werden sie für andere Dinge benutzt, ein Umstieg wäre möglich (ist aber mit Aufwand verbunden)
    und würde ja vor allem die Produktivität steigern.

    Auch wenn man die Produktivität immer mehr steigern würde,
    muss es Leute geben, die die Geräte bedienen. Denn es gibt
    immer Dinge, die man manuell machen muss (zumindest den Stromstecker anschließen).
    Das könnte man zwar auch von einem Roboter machen lassen, aber der Roboter
    der das macht, müsste ja rekursiv auch irgendwann mal angeschlossen wurden sein.

    Außerdem gibt es in einigen Dingen kaum Möglichkeiten die am PC
    vernünftig zu realisieren. Z.B könnte man nie eine vollautomatische
    Aufnahme von einem Unfall programmieren, da das Bildmaterial viel zu dynamisch
    wäre, als dass man es von einem PC wirklich gut auswerten lassen kann.

    Für einige Dinge sind dann doch noch menschliche Fähigkeiten nötig.

    Dennoch: In Zukunft werden wohl immer mehr Jobs die physisch anstrengend sind abgeschafft
    und man spielt mehr und mehr mit Null & Einser Bits

    Ein vllt. noch interessanter Artikel den ich gesehen habe vor ein paar Wochen:

    Stephen Hawking warnt vor Künstlicher Intelligenz - News - gulli.com
    Geändert von !lkay (03.01.2015 um 21:36 Uhr)

  6. #5

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    Standard AW: Wird der Kapitalismus mit zunehmender Industrialisierung an seine Grenzen stoßen?

    @NightmareG,

    vieln Dank für den Hinweis auf den Artikel. Ich halte ihn aber inhaltlich für nicht gerechtfertigt. Denn

    1. meiner Meinung nach hat Intellignez rein gar nichts mit Aggressivität zu tun. Steigert man die Intelligenz, etwa eines Computers, heißt das nicht, daß man dessen Aggressivität steigert. Die Aggressivität von Menschen oder Tieren ist überwiegend hormonell gesteuert. Computer werden aber so schnell nicht mit hormonellen Systemen ausgerüstet werden...

    2. wird kein Mensch der Meinung sein, er wäre überflüssig, nur weil es eine KI gibt, die leistungsfähiger ist als er. Genausowenig, wie etwa durch die Einführung von Maschinen, die viel stärker sind als Menschen, oder schneller oder sonstwie leistungsfähiger, irgendjemand auf die Idee kam, Menschen wären jetzt überflüssig. Ob die KI meinen wird, Menschen wären überflüssig, weil sie nicht so intelligent sind wie die KI, glaube ich nicht. Ob etwas überflüssig ist oder nicht, kann man nicht aufgrund eines Parameters bestimmen.

    Es ist aber klar, daß die Einführung leistungsfähiger KI einen ganz fundamentalen Umbruch unseres Wirtschaftssystems bedeuten würde. Im Detail kommt es natürlich darauf an, wie teuer die Schaffung solch einer KI wäre, wie groß diese intelligenten Maschinen wären usw... aber sie könnten, zumindest prinzipiell, dann ja JEDE Arbeit machen, die Menschen bisher machen... statt nur den relativ kleinen Anteil der menschlichen Arbeit ersetzen, der keine Intelligenz erfordert, wie das bis jetzt oft passiert.

    Dann ergäbe sich die Möglichkeit, daß Menschen gar nicht mehr arbeiten müssen... was aber auch Gefahren birgt, da der Mensch ohne Tätigkeit oder mit ausschließlich solchen Tätigkeiten, die ihm Spaß machen, auf die er gerade Lust hat, verkümmern wird...

    Diese Gesellschaft des "gar nicht mehr arbeitens" wäre aber wohl keine kapitalistische mehr. Denn die Produktionsmittel (also dann die intelligenten Roboter), wären sie in Privatbesitz, würden nur für den Besitzer produzieren. Was machen jene, die sie nicht besitzen, deren Arbeit aber nichts mehr wert ist, weil die Roboter sie machen können? Diese Menschen können kein Geld verdienen, müssten es aber, um die Diensteistungen der Roboter von deren Besitzern zu kaufen.

    Wenn die Entwicklung dieser KI aber den Weg geht wie etwa die Maker-Bewegung, sodaß dann praktisch jeder Haushalt sich selber seine intelligenten Roboter bauen bzw. programmieren kann, dann erübrigt sich das Problem, dann wird sozusagen jeder sein eigener Kapitalist werden (= Besitzer von Produktionsmitteln, z.b. von Dienstleistungen, die er benötigt).
    Geändert von freulein (04.01.2015 um 14:25 Uhr)

  7. #6
    Avatar von Fritz
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    Standard AW: Wird der Kapitalismus mit zunehmender Industrialisierung an seine Grenzen stoßen?

    Den Kapitalismus wir es noch eine lange Zeit geben, denn die treibende Kraft ist die Gier nach mehr und die Unzufriedenheit des Menschen mit seiner jetzigen Situation. Ein Beispel für Veränderung ist der Warenhandel. Früher wurden gesuchte Waren auf Märkten angeboten, später in Läden verkauft und heute an die Haustür gebracht. Trotz dieser gravierenden Veränderung sind Menschen nicht arbeitslos geworden, sondern neue Berufe sind entstanden in denen sie eine neue Beschäftigung fanden.

    In der Zeit als Waren auf Märkten verkauft wurden gab es beispielsweise wenige bis gar keine Paketboten.
    Später wurden Waren in Läden verkauft. Der Personalbedarf in den Läden stieg an, während Händler die auf Wochenmärkten verkauften arbeitslos wurden.
    Heute werden Waren online verkauft. Der Bedarf an Mitarbeitern in der Logistikbranche steigt. Ausserdem sind so recht viele neue Berufsfelder entstanden, wie z.B in der IT Branche. Ladenbesitzer und Verkäufer verlieren zwar ihre Arbeit, haben aber die Möglichkeit, in den neuen Berufsfeldern unterzukommen. In diesem Fall ist es sogar möglich stationäre Märkte mit dem Onlinehandel zu verknüpfen und parallel zu betreiben.

    Anhand dieses Beispieles kann man erkennen, dass der Kapitalismus sich permanent an die Veränderung der Bedürfnisse der Menschen anpasst. Deshalb wird es ihn noch lange geben.
    Da im Kapitalismus Geld treibende Kraft ist, wird er nicht an eine Grenze stoßen, sondern immer einen Weg finden mehr Geld zu verdienen.

  8. #7
    Avatar von Stehsegler
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    Der Bedarf an sehr schwer bis gar nicht automatisierbaren Berufen ist doch da: Erzieher, Pfleger, Lehrer, Bäcker, Handwerker und noch viele mehr. Ein Roboter wird so schnell keinen Schulunterricht durchführen. Oder Kita-Kinder betreuen. Dafür sind die Tätigkeiten einfach zu vielfältig und unkalkulierbar. Selbst wenn stünde hier noch die menschliche Frage im Raum, ob wir als Gesellschaft das möchten.

    Ich sehe das Problem in der schlechten Bezahlung solcher Berufe. Sie sind alle in einer Form anstrengend. Wenn man dann auch noch wenig Gegenleistung dafür erhält, warum sollte man als Bäcker früh aufstehen oder in die Pflege mit Schichtarbeit gehen? Also sucht man sich Alternativen mit weniger Anstrengung (Bürojobs) oder zumindest höherem Einkommen. Das führt früher oder später halt dazu, dass in gewissen Berufen ein Überangebot herrscht. Während auf der anderen Seite Bäckereien auf Fertigbackmischungen setzen müssen, weil man keine fähigen Auszubildenden findet.

    In der aktuellen Kriese wurde viel diskutiert, wie wichtig solche Berufe wie Pfleger oder auch LKW-Fahrer doch seien. Ob das wirklich so ist, messe ich daran, wie viel diese Menschen zukünftig im Vergleich mit anderen Berufen verdienen. Und ob Misstände wie z.B. Überlastung in der Pflege nachhaltig behoben werden.

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    Darkfield (18.05.2020), Fritz (17.05.2020)

  10. #8
    Avatar von Bob Marley
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    Wodurch zeichnet sich der Kapitalismus aus? Nicht alleine dadurch, dass man Waren und Dienstleistungen für Geld anbietet. Das ist ja erst mal nur eine Art Tauschsystem. Eines der Hauptmerkmale ist, ein Gewinnstreben zu haben, dass von einem realen Bedarfswert losgelöst ist. Ein Großkonzern beutet seine Mitarbeiter nicht aus, weil der Chef sonst seinen Supermarkteinkauf nicht mehr bezahlen kann. Es geht also nicht um die Befriedigung von Bedürfnissen, sondern um Profit - wie der Name Kapitalismus ja auch schon sagt steht das Kapital im Vordergrund, siehe oekom.de.

    An seine Grenzen kommt er ja bereits längst, wie man z.B. am Tag der Erdüberlastung sehen kann: Wir verbrauchen mehr Ressourcen als nachwachsen. Als würde jemand nur 1.000€ im Monat verdienen aber 1.800€ ausgeben. Das kann er eine Weile durch halten wenn man Geld von anderen erbt. Aber nachhaltig ist das nicht, denn irgendwann ist sein Geld verbraucht - außer der Geldbetrag ist derart hoch, dass er es auch in 100 Jahren nicht verbrauchen kann. Genau das kann man bei der Erde aber nicht sehen, weil die sich weiter dreht, auch wenn man selbst stirbt. Daher ist alles was nicht nachhaltig ist ein Problem, egal ob mit oder ohne Kapitalismus, der das leider befeuert.

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