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12.05.2015, 18:40 #21
AW: Frankreich legalisiert Massenüberwachung
Zitat von Dieter
Tatsächlich ist das Recht auf freie Meinungsäußerungen in den meisten europäischen Staaten (auch Deutschland) eingeschränkter als in den USA.
Zitat von Ilija Trojanow in einem Artikel der FAZ
Das bedeutet, dass er bei der Frage:
"Wurde Ihnen jemals ein US-Visum, das Sie mit Ihrem aktuellen oder vorherigen Reisepass beantragt haben, oder die Einreise in die Vereinigten Staaten verweigert oder Ihr Einreiseantrag bei der Einreise in die USA zurückgezogen?"
mit "Nein" antwortete (ansonsten hätte man ihn automatisch aufgefordert, ein Visum zu beantragen). Vielleicht bewusst, vielleicht aber auch aus Unsicherheit, weil sein Arbeitsvisum nach Protest der Universität dann doch erteilt wurde. Und ohne Besitz dieser elektronischen Einreiseerlaubnis besteht Visumpflicht. Das war's für ihn mit dem "Visa Waiver Program".
Demnach ist das Verbot der Einreise gerechtfertigt. Dass man ihm allerdings keine Begründung lieferte (und wieso der erste Antrag abgelehnt wurde), macht natürlich schon etwas stutzig. Aber alles in Allem halte ich die Geschichte um ihn etwas "angereichert". Dieses Verbot passt ja gut zu seinen Publikationen.
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13.05.2015, 10:50 #22
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Thanked 458 Times in 313 PostsAW: Frankreich legalisiert Massenüberwachung
Bei Personen wie Trojanow, die durch ihre publizistischen Aktivitäten auch Terroristen helfen, indem sie Details über NSA-Programme verbreiten, sind die US-Behörden natürlich in einer Zwickmühle. Auf der einen Seite steht natürlich die Meinungsfreiheit, die es u.a. auch erlaubt, solche NSA-Überwachungsprogramme zu kritisieren, was ohne nähere Erläuterung ihrer Beschaffenheit relativ schlecht möglich ist, auf der anderen Seite steht die Tatsache, daß allzu konkrete Berichte über diese Programme Terroristen dabei helfen, sich "unsichtbar" machen zu können... indem sie ihr Handeln an den bekanntgewordenen Strategien ausrichten, die angewendet werden, um ihnen auf die Spur zu kommen. Nun können natürlich die USA-Behörden die publizistischen Tätigkeiten von Trojanow im Ausland nicht dadurch verhindern, daß sie ihm die Einreise verweigern, aber sie können damit verhindern, daß er etwa Kontakte zu weiteren potentiellen Whistleblowern in den USA aufnimmt oder dort vor Ort eine Stimmung befördert, die Whistleblowertum fördert. Man darf ja nicht vergessen, daß die US-Behörden Whistleblowertum aus den genannten Gründen (Sabotage des Zwecks der Überwachungen) als kriminelles Handeln einstufen, und nicht als Segnung des Himmels, wie es hierzulande verbreitet ist.
Trojanow mag es also nicht schwarz auf weiß haben, was der Grund für die Verweigerung der Einreise war (ihm den en Detail zu geben, hieße, ihn sofort verbreitet zu publizieren, und dann auch noch den dümmsten und faulsten Kriminellen darauf aufmerksam zu machen, was die US-Behörden nicht wünschen und warum sie es nicht wünschen), aber er sollte genug Intelligenz besitzen, ihn sich zusammenreimen zu können. Daß er sich so ahnungslos gibt, ist m.E. eine Show, um eine angebliche "Undurchsichtigkeit" der behördlichen Motive künstlich zu konstruieren... oder er kommt wirklich nicht darauf, weil er die Position der US-Behörden in diesen Fragen nicht kennt. Das wäre allerdings für einen "Spezialisten" für NSA-Überwachung mehr als peinlich...
Darüber, ob die Verbreitung von Details über NSA-Überwachungsprogramme kriminell ist oder nicht, kann man ja streiten. Insbesondere wenn man eh nur weiterverbreitet, was schon die Spatzen von den Dächern pfeifen. Daß aber die Meinungsfreiheit die Verbreitung auf kriminellem Wege erhaltener Informationen nicht deckt, sollte klar sein. Wer etwa dem Coca-Cola-Konzern ihre Geheimrezepte stiehlt, kann sich nicht auf die Meinungsfreiheit berufen, um diese Rezepte ohne Strafverfolgung öffentlich bekanntgeben zu dürfen. Und so sehen es eben die US-Behörden und auch sehr viele US-Bürger: Die Funktionsweise von NSA-Überwachungsprogrammen zu veröffentlichen stufen sie als kriminell ein, und wer es dennoch macht, der kann sich nicht auf die Meinungsfreiheit berufen, um straffrei auszugehen. Im Juli 2013, also ungefähr zu der Zeit, als Trojanow einreisen wollte und nicht durfte, ermittelte das renommierte Pew Institut, daß 50% der US-Amerikaner das Sammeln von Internet- und Telefondaten durch die Regierung zum Zweck der Terrorismusbekämpfung befürworteten, und 44% es ablehnten. Ein interessantes Detail ist übrigens, daß nur etwa 45% der eher rechtsgerichteten Republikaner das Datensammeln befürworteten, im Gegensatz zu 58% der eher linksgerichteten Demokraten.Geändert von freulein (13.05.2015 um 11:20 Uhr)
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13.05.2015, 19:04 #23
AW: Frankreich legalisiert Massenüberwachung
Was zu diesem Thema noch überhaupt nicht erwähnt wurde ist die Tatsache, dass in Frankreich ja bereits seit fast 10 Jahren die Vorratsdatenspeicherung und damit eine Massenüberwachung praktiziert wird! Unter dem Deckmantel der Terrorabwehr müssen seit Januar 2006 sämtliche Kommunikationsdaten für 12 Monate verdachtsunabhängig gespeichert werden. So wie ich das verstanden habe weitet dieses Gesetz die ohnehin schon vorhandene Massenüberwachung stark aus, sodass Ermittler mehr Befugnisse erhalten und eine Absprache/Kontrolle durch Richter wegfällt.
Letztendlich gibt es keinen absoluten Schutz vor Terrorismus, auch Vorratsdatenspeicherung und Massenüberwachung werden dieses Problem nicht aus der Welt schaffen. Bei den Aufscheien nach dem Charlie Hebdo Anschlag wurde das aber genau so vergessen wie die Tatsache, dass die Vorratsdatenspeicherung genau so wenig geholfen hat diesen zu verhindern wie die bereits stattfindende, illegale Überwachung. Jetzt kommt von den Beführwortern natürlich das Gegenargument "Aber die kann doch nicht alles verhindern". Nun, Charlie Hebdo ist nicht der einzige Anschlag, der nicht verhindert wurde. In Frankreich sind auch andere passiert, die großteils auch weniger Medienaufmerksamkeit erhalten. Und wenn dieser ganze Überwachungsapparat massive Einschränkungen in Privatsphäre und Grundrechten zur Folge hat, aber gleichzeitig eine unverhältnismäßig geringe Erfolgsquote hat, ist sowieso in Frage zu stellen, in wie weit das überhaupt sinnvoll und verhältnismäßig ist.Meine Tochter neulich im Zoo in der Arktisabteilung: "Guck mal Papi, da sind Linuxe!"
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