1. #1
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    Standard Antiamerikanismus - Nachfolge der Verschwörungstheorie?

    Es ist ja mittlerweile sozusagen ein offenes Geheimnis, dass der Begriff "Verschwörungstheoretiker" sehr negativ behaftet ist. Er wird meist abwertend gegenüber Menschen, die Sachverhalte und die Glaubwürdigkeit von Personen hinterfragen. Meist geht es um Regierungen und Politiker. Eine sachliche Bewertung ist das in den meisten Fällen nicht. Stattdessen geht es in die Richtung, jemanden als Spinner zu denunzieren. Ob die Theorien plausibel und auf belegbaren Fakten/Indikatoren beruhen oder tatsächlich komplett aus der Luft gegriffen sind, ist dabei meist nicht von Relevanz.

    Meiner Ansicht nach verbietet sich dies für jeden vernünftigen Menschen, da ein mündiger Bürger sich solche Fragen stellen sollte. Sicher gibt es im Einzelfall Leute, die dabei den Boden der Realität verlieren und politische Entscheidungen mit außerirdischen oder ähnlichem erklären. Deswegen nun aber die gesamte Gruppe in ein schlechtes Licht zu rücken ist eben so unsinnig wie Behauptungen, dass z.B. Polen alles klauen würden. Aber darum geht es hier eigentlich nicht.

    Mir fällt zunehmend auf, dass es in letzter Zeit einen weiteren Begriff dieser Art zu geben scheint: Antiamerikanismus. Hier scheint das Vorgehen ähnlich wie bei "Verschwörungstheoretiker", nur mit dem Unterschied, dass das "Opfer" etwas negatives gegen die USA sagt. Gerade in den USA ist es doch grotesk, dies zu verurteilen. Eine Liste aller Verbrechen an denen alleine die US-Regierung beteiligt war, würde weit mehr als nur ein Buch füllen. Und wir wissen nicht mal von allen Lügen. Sicher mag es Leute geben, welche die USA von A bis Z hassen. Auch hier scheint es aber so, als würde dieser Begriff zunehmend jedem an den Kopf geworfen, der etwas gegen die Vereinigten Staaten von Amerika sagt. Und zwar auch bei solchen, die nicht die USA an sich schlecht finden oder ablehnen, sondern einzelne Praktiken wie etwa die Außenpolitik.

    Das kann ihnen ja eigentlich kein vernünftiger Mensch verübeln. Wer würde es nicht kritisieren, dass die USA beispielsweise im Irak einen illegalen Krieg mit gefälschten und erlogenen "Beweisen" geführt haben, der hunderttausende Unschuldige Menschen ermordete sowie für den Tod von tausenden Soldaten auf beiden Seiten gesorgt hat?

    Im Krieg gibt es keine Gewinner, nur Verlierer!

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    Fritz (09.08.2016)

  3. #2

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    Standard AW: Antiamerikanismus - Nachfolge der Verschwörungstheorie?

    Man kann so allgemein über Verschwörungstheorien nichts sagen... denn es gibt Verschwörungstheorien, für die man tatsächlich ein kompletter Spinner sein muß, um sie zu glauben (z.B. daß reptilienartige Außerirdische aus dem Sternbild des Drachen und deren Nachkommen menschliches Aussehen annehmen können und in allen Ländern die Politik kontrollieren... die sog. Reptiloiden-Theorie), und andere, die durchaus einen wahren Kern haben können (z.B. war der Putsch gegen Erdogan wirklich ohne dessen Wissen oder gar Beteiligung durchgeführt worden, oder wusste Erdogan davon und ließ ihn geschehen, um danach besser mit allen Oppositionellen im Land aufräumen zu können und seine Macht zu festigen?). Man kann jede Verschwörungstheorie irgendwo auf der Skala zwischen saublöd und nachdenkenswert anordnen... daher ist es unsinnig, entweder zu sagen: Dies ist eine Verschwörungstheorie, also ist was wahres dran. oder zu sagen: Dies ist eine Verschwörungstheorie, also ist es Quatsch.

    Wer sich für Verschwörungstheorien interessiert, gern mal lacht, und nicht vom Antiamerikanismus zerfressen ist, dem schlage ich eine wochentägliche Radio-Sendung vor, die in USA verbreitet nachts ausgestrahlt wird: Coast to Coast AM. Die Radioshows kann man auch nachhören: Recent Shows: Catch Up on Episodes of Coast to Coast AM

    Antiamerikanismus ist ein reales Phänomen. Es gibt den klassischen linken Antiamerikanismus: Die USA als Zentrum des Kapitalismus und daher Feind aller Sozialisten oder Kommunisten. Viele (ältere) Ex-Bewohner der DDR wurden so sozialisiert, und haben Probleme, das abzulegen, und er ist auch bei vielen Spätaussiedlern vorhanden, die aus der Sowjetunion kamen... aber auch im Westen war dieser linke Antiamerikanismus natürlich bei den 68ern und ihren Nachkommen sehr beliebt. Durch entsprechende Berichterstattung in den überwiegend linksgefärbten Medien wird das auf die heutige Jugend übertragen, unterstützt durch linke Organisationen wie z.B. Attac, die bei vielen Jugendlichen beliebt und glaubwürdig sind. Dann gibt es den rechten Antiamerikanismus: Viele (ältere) Menschen, die die Niederlage Deutschlands von 1945 miterlebt haben, können den USA nicht verzeihen, daß sie Deutschland militärisch besiegt haben. Hier spielt teilweise auch ein Antisemitismus eine Rolle... es gibt bei diesen Rechtsextremen regelmäßig eine Anhängerschaft der Verschwörungstheorie, daß Juden Amerika und die westliche Welt kontrollieren, und der Judenhaß zwingt diese Menschen daher, auch die USA zu hassen. Hier besteht eine Übereinstimmung mit der dritten Gruppe, den Muslimen... in der arabischen Welt, aber auch hierzulande bei eingewanderten Muslimen, auch bei vielen Türken. Diese Übereinstimmung gab es übrigens schon zu Zeiten Hitlers, als viele arabische Staaten und Anführer ihre Sympathie zu Hitler bekundeten (manche tun es noch heute).

    Der Antiamerikanismus dieser Gruppen hat nichts mehr mit Kritik zu tun, sondern sie unterteilt die Welt in schwarz und weiß, und die USA sind in deren Augen schwarz... tiefschwarz. Ob jemand Antimarikanismus pflegt oder einfach nur die USA kritisiert, erkenne ich persönlich z.B. daran, ob jemand die Massenmorde irakischer Sunniten an ihren Mitmenschen nach der Befreiung des Irak von Hussein den USA anlastet oder den Irakern. Auch wenn die USA den Massenmörder Hussein auf einem Weg beseitigten, der formell illegal genannt werden kann, so hat sie das nicht zu Massenmördern gemacht... den Massenmord nach Beseitigung Husseins haben andere begangen. Dies ständig den USA anzulasten, oder gar eine Erzeugung des IS daraus zu machen, als ob es diese oder ähnliche Gruppen ohne den Irakkrieg gar nicht gegeben hätte... das ist ein Zeichen für Antiamerikanismus.
    Geändert von freulein (09.08.2016 um 13:08 Uhr)

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    DotNet (04.06.2021), Nuebel (09.08.2016)

  5. #3

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    Standard AW: Antiamerikanismus - Nachfolge der Verschwörungstheorie?

    P.S. Leider musste ich gerade sehen, daß die Coast to Coast AM Sendungen nicht mehr kostenlos herunterzuladen sind. Aber live anhören kann man sie natürlich noch, einfach unter "Stations" eine heraussuchen, und die dann in der Streaming Radio Soft Eurer Wahl suchen und anhören. Sendezeit 7 - 11 Uhr MESZ.

    Hier noch ein interessanter Artikel, leider auch nur auf englisch, was die Attraktivität von Verschwörungstheorien ausmacht: "Why Do Our Brains Love Conspiracy Theories?"

    BBC Radio 4 - Tracks - Why Do Our Brains Love Conspiracy Theories?

  6. #4
    Avatar von BitNet
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    Standard AW: Antiamerikanismus - Nachfolge der Verschwörungstheorie?

    Heutzutage ist alles in der Geschichte und Politik durcheinander, dass man nicht so leicht auf die Wahrheit kommt. Aber bleibt mal von der Politik weg und schaut jeden einzelnen Menschen, der/ die sich für irgendwas einsetzt und was irgendwo geschieht und dann denkt nach, wer dafür verantwortlich ist und ob das, was gemacht wird/ was geschieht, richtig ist.

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