Darkfield (12.12.2020)
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11.12.2020, 14:47 #1
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Thanked 9.419 Times in 3.255 PostsIst doch klar: Trotzdem überwachen, und zwar mit privaten Hilfssheriffs des Energiekonzernes EnBW. Die zeichnen alles auf und behaupten anschließend, die Aufnahmen wären verfremdet und unterliegen damit nicht mehr dem Datenschutz. Das alles wirft man dann in eine (Buzzword-Alarm) KI. Die soll Verhaltensmuster und "auffälliges Verhalten" erkennen. Gesetzlich ist das verboten, aber durch die Verfremdung hält EnBW das ganze für legal. Für den Anfang sollen EnBW-Mitarbeiter das ganze beobachten und als verlängerter Arm die Polizei anrufen, wenn sie etwas entdecken.
Das erst 2018 abgegebene Versprechen der Polizeipräsidentin, es werde keine Videoüberwachung geben weil das rechtlich fragwürdig wäre und die Straftaten zurückgehen, fällt dann wohl in die Kategorie "Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern". Die Datenschutzbehörde sieht keine Bedenken. Das ist allerdings wörtlich gemeint: Denn die Behörde konnte das System gar nicht überprüfen, da ihnen das Personal fehlt. Die Einschätzung basiert also alleine auf den Aussagen von EnBW. Funktioniert z.B. die Anonymisierung wirklich? Was ist als "verdächtig" definiert? All das hat keiner geprüft.
Man stelle sich das mal bei einer Anklage vor Gericht vor.
Richter: Das was sie da machen klingt fragwürdig, ist es legal?
Angeklagter: Aber natürlich, wir arbeiten mit Videoaufnahmen die so unkenntlich sind, dass man Tag und Nacht nicht voneinander unterscheiden kann. Gesetzesbücher und so haben wir auch gelesen. Legaler geht nicht!!!
Richter: Achso, na wenn sie das sagen muss es wohl stimmen. Klage abgelehnt, Freispruch! Bitte weitermachen, danke
Ironischerweise kommt hinzu, dass auch eine Studie zu Karlsruhe keine nennenswerten Probleme bzgl. Kriminalität festgestellt hat. Vorherrschende Probleme seien dagegen rücksichtslose Autofahrer, Falschparker, Schmutz und Müll. Da hilft es natürlich immens, einen belebten Platz zu überwachen. Der zudem auch für Demonstrationen genutzt wird. Die sind dann der Massenüberwachung eben so ausgesetzt wie jeder unbescholtene Bürger.
Dagegen was effektives zu unternehmen, würde jedoch Geld kosten. Da kommt das Angebot von EnBW doch gerade recht: Die machen das für eine 3-Jährige Versuchsphase kostenfrei. Und die CDU kann ihren Videoüberwachungsfetisch ausleben. 2018 hatten die es schon in Mannheim versucht. Auch sonst versucht die CDU genau wie die CSU bei jeder Gelegenheit, die Bürger mit noch mehr Kameras zu überwachen. Da ist es dann auf einmal auch kein Problem, wenn man für solche Projekte Millionen an Euro bezahlt. Aber wehe, Schulen sind so dreist und fordern Luftreiniger, damit die Schüler nicht bei offenen Fenster unter Minusgraden in maroden und überfüllten Klassenzimmern lernen müssen. Das ist ja viel zu teuer und kann keiner bezahlen...
Was denkt ihr darüber? Für mich ist das ein Paradebeispiel dafür, dass die wirkliche Sicherheit der Bevölkerung bei solchen Überwachungsmaßnahmen gar nicht im Vordergrund steht. Sonst würde man nicht Gesetze umgehen, um an Orten die nicht einmal durch hohe Kriminalität auffallen, eine intransparente Massenüberwachung durchführen. Noch dazu von privaten Unternehmen.
Würde man wenigstens Hotspots wählen, das ganze klar und transparent regeln sowie kommunizieren, wäre ja noch ein gewisses Verständnis für die Sache da. Aber hier stinkt es nach Hütchenspieler-Trick. Schon alleine weil man ein Versuchsprojekt durchführt, ohne messbare Kriterien festzulegen. Was soll da am Ende rauskommen? Die Hilfssheriffs haben ein paar Jugendliche beim Kaugummipapier wegwerfen erwischt, also ist das Projekt ein Erfolg und wird ausgeweitet, weil man die bösen Schwerkriminellen ja sonst nie gefasst hätte?
Auch wenn ich kein Fan von Lügen bin, finde ich die Direktheit an der Stelle doch etwas erschreckend. Früher hat man wenigstens noch ein paar Märchen dazu erzählt, wie schlimm das alles doch mit der Kriminalität ist und dass dieses Projekt ganz dringend notwendig ist, sonst würde die Polizei ja über Nacht handlungsunfähig und Anarchie droht usw. Dass man sich nicht mal mehr die Mühe dafür macht heißt: Die CDU hält ihre Wähler offenbar für so blöd, dass sie unsinnige Maßnahmen auch ohne packende Story (die sie nicht prüfen würden) einfach abnicken. Also zieht man es einfach ohne viele Worte durch - merkt schon keiner, dass es keinen Grunde gibt, dort alle Menschen zu überwachen.
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