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    Standard "Eklatanter Verstoß gegen die Pressefreiheit": Türkei beschlagnahmt Interview von deutschem Sender

    Die Deutsche Welle führte ein Interview mit dem türkischen Jugend- und Sportminister Akif Cagatay Kilic durch. Dazu trafen sie sich im Ministerium der türkischen Hauptstadt Ankara. Killic hatte vorab eine Liste der Gesprächsthemen erhalten, ohne konkrete Fragen - wie üblich bei einem Interview. Darunter auch kritische Themen wie den Putschversuch in der Türkei und die folgenden massenhaften Festnahmen und Entlassungen. Laut Aussagen der DW verlief das Interview anfangs freundlich. Insbesondere bei kritischen Fragen wie etwa nach Erdogans Rollenverständnis von Frauen hätten die Fragen Kilic jedoch nicht gepasst. Der Sender stellte weitere kritische Fragen zu kontroversen Themen wie der Forderung nach der Todesstrafe oder die Rolle der Türkei im Syrien-Krieg oder Islamischen Staat. Die Antworten von Kilic sollen dennoch "interessant" gewesen sein.

    Nach Ende des 30-Minütigen Interviews soll die Stimmung noch recht gut gewesen sein. Wenig später als Kilic nicht mehr im Raum war, sei jedoch ein Mitarbeiter des Ministers auf den DW-Journalisten Michel Friedman zugekommen und verlangte eine Autorisierung des Interviews. Dieser lehnte die unübliche Forderung ab. Als Reaktion darauf haben Mitarbeiter des Ministeriums sämtliche Aufzeichnungen des Interviews beschlagnahmt. Der Vorfall sei "einzigartig", so die DW. Das Ministerium leugnet, dass es zu einer Autorisierung oder gar einer Beschlagnahmung gekommen wäre. Und behauptet stattdessen, die gestellten Fragen hätten nicht mit den vorab eingereichten Fragen übereingestimmt. Allerdings wurden überhaupt keine vollständigen Fragen vorab verschickt, sondern wie üblich nur die Themen. Kilic behauptet lediglich dazu aufgefordert zu haben, das Interview nicht zu senden.

    Die Deutsche Welle bleibt jedoch dabei, keine Aufzeichnungen mehr zu haben und fordert die Herausgabe. Journalist Friedman ist empört und sieht ein "Zeichen für ein völlig falsches Verständnis, wie man mit Journalisten umgeht". Und er fragt sich, wie schlimm es da wohl den türkischen Kollegen gehen muss, wenn bereits ausländische Länder derart grob zur Zensur gedrängt werden. Er hat daher beim Ministerium und Presseamt Protest eingelegt. Die türkische Regierung ließ die erste Frist am Dienstag Mittag verstreichen. Als Folge werden nun rechtliche Schritte geprüft.

    Bundesregierung auch involviert


    Auch die Bundesregierung beschäftigt sich mit dem Vorfall: Dr. Schäfer versprach in der Bundespressekonferenz am gestrigen 07.09. sich für die Deutsche Welle einzusetzen. "Deutsche Journalisten müssen im Ausland die gleichen Bedingungen vorfinden, wie sie es von Deutschland gewohnt sind" kommentiert er. Es sei "absolut selbstverständlich, dass wir uns für die Pressefreiheit überall auf der Welt einsetzen". Er zeigt sich außerdem empört darüber, dass Kilic nach dem Interview entscheiden wolle, ob dies gesendet wird. Schäfer wünscht sich eine schnelle Klärung und will verhindern, dass sich dieser Vorfall auf die Beziehungen zwischen den beiden Ländern auswirkt.

    Das Video des Interview wurde nicht beschlagnahmt, sondern hat Beine bekommen

    Offensichtlich wurde das Video doch beschlagnahmt, wie es der Schilderung der Deutschen Welle entspricht: Laut Schäfer habe der Der Büroleiter des türkischen Sportministers nicht bestritten, "dass das Videomaterial den Weg von einem türkischen Kamerateam in die Hemisphäre des türkischen Sportministers gefunden hat. Aber er würde das nicht als Konfiskation bezeichnen". Die originale Aussage kann sich jeder mit Sprungmarke im Ausschnitt der BPK anschauen: Zur Frage an Dr. Schäfer

    Eure Meinung


    Der Vorfall wirft überhaupt kein gutes Licht auf die Pressefreiheit in der Türkei, und dürft auch unserer Regierung recht ungelegen kommen. Nach der Mühe, die sich wegen des Besuchsverbotes bei Bundeswehrsoldaten in der Türkei gegeben hat, droht nun neuer Ärger - und das gerade wegen dem schon häufig kritisierten scharfen Vorgehen seitens Erdogan gegen die Presse.

    Wie sehr ihr die Situation?
    Musstet ihr bei 07:02 im Ausschnitt der BPK auch lachen, als Schäfer den Leiter des türkischen Sportministers zitiert und habt euch gefragt, in welcher Klapse ihr mit der Argumentation wohl landen würdet?
    Sollte sich unsere Regierung stärker dafür einsetzen, um die Pressefreiheit in der Türkei auf ein ähnlich hohes Niveau zu bringen wie in Deutschland?



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    Bernd (21.09.2016), Darkfield (09.09.2016), Dr. Bastardo (09.09.2016)

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