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  1. #1
    Avatar von Wolf
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    Standard Kann man die Medien nutzen, um die Welt zu verstehen? (Mit Hans Rosling)

    Hans Rosling ist ein schwedischer Professor für Internationale Gesundheit am Karolinska Institut. Er ist Statistiker und bemüht sich seit Jahren darum, dass Menschen ein aktuelles Weltbild erwerben, das auf Fakten und Zahlen basiert. Problematisch sieht er die Sensationsgier der Medien, die durch verzerrte Darstellungen der Welt ein falsches Weltbild erzeugen. Ein anderes Problem ist der veraltete Bildungsstand unserer Schullehrer, die größtenteils immer noch in der Zahlenwelt der 70er-Jahre leben und dies an Schüler vermitteln. Seitdem hat sich die Welt aber dramatisch verändert. Nicht alles ist perfekt, aber wir sind auf einem guten Weg dahin. Die große Angst vor Übervölkerung ist nicht mehr aktuell, Mädchen können zur Schule gehen, Kinder werden geimpft und die meisten Familien zeugen zwei Familien. Hans Rosling stellt Statistiken visuell und für alle verständlich da und setzt sich dafür ein, dass wir in der Schule lernen, Nachrichten und Aussagen kritisch zu hinterfragen.

    Ich verlinke zuerst einen 19-minütigen TED-Talk von Hans Rosling und seinem Sohn, den sie erst letztes Jahr in Berlin auf Englisch hielten. Erschreckend ist, wie viele Deutsche eine komplett falsche Vorstellung von der Welt haben. Auch wird erklärt, wie man eine faktenbasierte Weltvorstellung entwickelt.

    https://www.youtube.com/watch?v=Sm5xF-UYgdg


    ______________________________________

    Hier debattiert er einen dänischen Journalisten, der mit der Realität der Welt konfrontiert wird. Er sagt ihm eindeutig: "Man kann Medien nicht nutzen, um die Welt zu verstehen."

    https://www.youtube.com/watch?v=xYnpJGaMiXo

    Deutsche Untertitel für das Interview gibt es auch, wenn man unter diesem Video "German" statt "Swedish" auswählt:
    Hans Rosling: Man ska inte använda medier för att förstå världen with subtitles | Amara
    _______________________________________

    Meine Frage an euch ist:
    Wie sehr verlasst ihr euch auf Medien jeglicher Art, wenn ihr euch eine Meinung bilden wollt? Welche Medien nutzt ihr dafür? Wie sehr hinterfragt ihr Informationen, mit denen ihr konfrontiert werdet? Welche Rolle spielt die Schule darin?
    Geändert von Wolf (06.09.2015 um 21:00 Uhr)

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    DMW007 (07.09.2015), DotNet (02.11.2018), luQ (20.01.2020), Manjaro (12.05.2022), Nuebel (13.09.2015), VW Kaefer (08.09.2015)

  3. #2

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    Standard AW: Kann man die Medien nutzen, um die Welt zu verstehen? (Mit Hans Rosling)

    Es klingt bei Rosling an, als ob Statistiken unbedingt und ausnahmslos zu einer besseren Information über den Zustand der Welt führen müssen. Diese Idee ist falsch. Ich kann das einmal an einem konstruierten Beispiel aufzeigen. Nehmen wir an, in einer Gemeinschaft von 100 Menschen verdient jeder einzelne zu einem bestimmten Zeitpunkt 100 Euro im Monat. Das durchschnittliche Einkommen in dieser Gemeinschaft wäre dann 100 Euro im Monat. Nehmen wir an, die Gemeinschaft verändert sich, aus welchen Gründen auch immer, drastisch, sodaß ein Jahr später 99 Menschen dieser Gemeinschaft gar kein Einkommen mehr haben, und einer 20000 Euro im Monat verdient. Das durchschnittliche Einkommen ist dann 200 Euro im Monat. Berichtet man nun jemand anderem lediglich von dieser Verdoppelung des Durchschnittseinkommens, so entsteht ja der völlig falsche Eindruck, daß die Menschen in dieser Gemeinschaft reicher geworden sind. In Wahrheit sind 99 Menschen erheblich ärmer geworden und ein Mensch erheblich reicher. Es gibt, das ist ja bekannt, wirklich nicht wenige Möglichkeiten, mit Statistiken zu lügen.

    Eine hohe Statistikgläubigkeit kann auch das Problem verursachen, daß man Sachverhalte, zu denen es keine Statistiken gibt, für nichtexistent hält. Des weiteren sind Statistiken immer auch mit Unsicherheiten behaftet, was ihre Erhebung angeht. Als Beispiel will ich einmal die Statistiken nennen, die auf Befragungen basieren. Was die Menschen bei Befragungen behaupten, kann die Wahrheit sein, kann aber auch gelogen sein. Wenn also etwa x% aller befragten Männer sagen würden, sie hätten Potenzprobleme, ist es eher fraglich, ob das zur Behauptung berechtigt: x% aller Männer haben Potenzprobleme. Nur leider wird genau diese Behauptung das Ergebnis der Befragung sein... denn die Ersteller der Statistik werden den Menschen nicht sagen: Dieser Prozentsatz kann stimmen... aber er kann auch nicht stimmen. Und die Bereitschaft der Menschen, etwas zu glauben, was sie als Zahl ausgedrückt sehen, ist ohnehin hoch. Mangelnde Repräsentativität des Erhebungssamples ist ein weiteres verbreitetes Problem in einer Zeit, in der die Kostenfrage eine große Rolle spielt, also ständig der Druck herrscht, die Erhebungssamples möglichst klein zu halten.

    Man muß also - egal bei welcher Fragestellung - leider nicht nur das Bauchgefühl hinterfragen, daß man ganz von alleine hat, sondern man muß auch das Bauchgefühl hinterfragen, das sich entwickelt, nachdem man Statistiken dazu gelesen hat. D.h. man muß auch die Statistiken hinterfragen.
    Geändert von freulein (07.09.2015 um 01:43 Uhr)

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    DMW007 (07.09.2015), luQ (20.01.2020), Wolf (07.09.2015)

  5. #3
    Avatar von Wolf
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    Standard AW: Kann man die Medien nutzen, um die Welt zu verstehen? (Mit Hans Rosling)

    Richtig. Der Spruch "Glaube nie einer Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast" hat durchaus seine Daseinsberechtigung, wie ich finde. So wie ich ihn kenne, denke ich nicht, dass Hans jemals unterschlagen wollte, dass wir jeder Statistik blind Glauben schenken sollten, sondern dass wir auch diese kritisch hinterfragen sollten. Beim Einkommen halte ich den Durchschnitt eh für nicht sehr aussagekräftig. Der Median z.B. ist statistischen Ausreißern nicht so stark ausgesetzt und wird in diesem Fall häufig auch sinnvollerweise genutzt, wenn man sich ein Bild vom Einkommen eines Landes machen möchte. Da werden mir wohl die meisten VWLer zustimmen. In deinem konkreten Beispiel wäre der Median 0€, während der Durchschnitt ein verfälschtes Bild abgibt. Zur Einkommensverteilung gibt es dann in der VWL noch so wunderschöne statistische Highlights wie die Lorenz-Kurve, mit der sich abbilden lässt, wie die relative Konzentration des Einkommens in der Bevölkerung graphisch aussieht. D.h. man erfährt wieviel Prozent der Bevölkerung welchen prozentualen Anteil am Gesamteinkommen haben. Da ist aber auch natürlich der Gini-Index zu nennen, der sich aus den Flächen im Graphen errechnen lässt. Je näher er bei 0 (vollkommene Gleichheit) liegt, desto gleicher ist die Einkommensverteilung. Wenn ein Land einen Index von 1 (das andere Extremum) hat, so befindet sich das gesamte Einkommen eines Landes in den Händen einer einzigen Person. Deutschland hatte 2012 einen Gini-Index von 0,283, was sogar für europäische Verhältnisse sehr gut ist. Zum Vergleich: Südafrika lag 2011 bei einem Wert von 0,65.

    Ich mochte Statistik weder in der Schule noch im Studium, obwohl ich mich damit mehrere Semester lang rumplagen musste, da ich keine sinnvolle Anwendung dafür sah. Manchmal liegt es am Dozenten, aber Statistik kann durchaus praxisrelevant und interessant sein, wenn man Statistiken kritisch hinterfragen und verstehen möchte. Man sollte schon in der Schule Statistik so lehren, dass Schüler ihr Wissen in der Praxis umsetzen können. Das ist leider eher die Ausnahme, wenn ich an meine Zeit zurückdenke. Manche werfen mit irgendwelchen Zahlen und Graphen um sich, obwohl ihnen weder die Erhebungsverfahren noch die Darstellungen verständlich sind, weil sie in der Schule diese Themen so beigebracht bekommen haben, dass sie spätestens eine Woche nach der Klausur eh wieder vergessen waren. Schade eigentlich.
    Geändert von Wolf (07.09.2015 um 04:46 Uhr)

  6. #4
    Avatar von DMW007
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    Standard AW: Kann man die Medien nutzen, um die Welt zu verstehen? (Mit Hans Rosling)

    Zum Vortrag allgemein
    Für mich ist dadurch kein Weltbild zusammengebrochen, weil ich mich mit politischen und gesellschaftlichen Themen schon seit einer Weile recht investigativ beschäftige. Vieles war mir daher zumindest vom Ansatz her bekannt. Ich finde solche Vorträge dennoch sehr interessant, weil man eigentlich immer etwas mitnehmen kann. Keiner ist schließlich allwissend. Die Fragen am Anfang finde ich aber auch unabhängig von der Medienbeeinflussung etwas Tricky.

    Beispielsweise bei der Frage, ob die Toten durch Naturkatastrophen gleich geblieben sind bzw. zu- oder abgenommen haben: Auf der einen Seite nehmen solche Katastrophen wohl durch menschlichen Eingriff in das Ökosystem stark zu. Auf der anderen Seite hat sich aber auch die Technik stark weiterentwickelt. Unwetter können früher prognostiziert werden und die Menschen sind im Ernstfall viel schneller informiert als je zuvor. Ohne sich mit diesem Thema genauer beschäftigt zu haben finde ich es sehr schwierig in wenigen Sekunden zu entscheiden, was davon letztendlich überwiegt.

    Mir ist natürlich klar, dass der Gedanke dahinter ein anderer war: Die Leute erinnern sich an Berichte über große Naturkatastrophen wie Haiti => Schlussfolgerung: Das ist bestimmt schlimmer geworden.

    Fokus auf Zahlen
    Grundsätzlich würde ich das Gesagte daher unterschreiben, mit der Einschränkung, die mein Vorposter im wesentlichen bereits genannt hat. Zahlen sind gut und wichtig, anders lassen sich gewisse Dinge gar nicht erfassen. Aber man kann nicht alles darauf reduzieren. Man sollte daher prüfen, wo her sie stammen. Und vor allem bei Studien, wer sie in Auftrag gegeben hat. Wenn die Tabakindustrie eine Studie zur Gesundheitsgefährdung von Tabak in Auftrag gibt, erscheint das Ergebnis schon in einem ganz anderen Licht. Das sind aber auch nur Indizien. Statistiken & co. sollten daher im besten Fall nur ein Teil der Informationen sein. Sonst können wie bereits schon gesagt wurde auch mal abenteuerliche Dinge dabei herauskommen.

    Rolle der Medien
    Die ist natürlich massiv. Viele informieren sich (wenn überhaupt) regelmäßig aus eher wenigen Quellen wie z.B. dem Spiegel oder der Welt. So nach dem Motto: Die werden schon wissen was wichtig ist, und was die schreiben wird ja wohl stimmen. Das ist aus mehreren Gründen einseitig. Was nicht auf dem Titelblatt des Spiegels steht ist dadurch nicht automatisch irrelevant. Medien stehen praktisch immer unter irgend einem Einfluss. Bei kommerziellen Medien mindestens unter Gewinndruck.

    "Klickfänger" und Skandalberichte
    Wenn ich viele Besucher und Klicks möchte, muss ich die Leute auf meine Seite locken. Und da gilt eben der gute alte journalistische Leitsatz: "Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten". Der spielt mit verschiedenen menschlichen Instinkten und Eigenarten. Etwa der Neugierde, man will wissen, was ist da furchtbares passiert. Oder der Gefahreninstinkt um abschätzen zu können, in wie weit die Gefahr für einen selbst relevant ist bzw. sein könnte. Mit Überschriften wie "Diese Mutter will ihrem Kind etwas gutes tun und dann passiert etwas unfassbares" kann man gut beides bedienen. Bei guten Nachrichten gibt es keine Gefahr und damit wird dieser Instinkt schon mal nicht angesprochen. Ob Neugierde geweckt wird hängt vom Thema ab. Das geht natürlich mit guten Nachrichten auch. Aber eben nicht so einfach, weil wir es als eher alltäglich erachten.

    Letztendlich haben wir dann halt tendenziell eher Schlagzeilen in den Nachrichten. Da wird dann über 13 Jährige die schwanger sind oder 15 Jährige mit Vollrausch im Krankenhaus berichtet. Und das wirkt sich bewusst und unbewusst spürbar auf unsere Meinung aus: Man hört ständig nur solche Nachrichten, also bekommt man das Bild => Die Jugend wird immer dümmer und versauter. In der Realität sieht es jedoch ganz anders aus: Die Zahlen sind Rückläufig. Beim Rauchen beispielsweise sehr extrem. Im Jahr 2014 rauchten nur noch 1/3 so viele Jugendliche unter 18 wie noch 2001.

    Qualität der Berichterstattung/Abschreiben
    Besonders bei Zeitungsenten sieht man sehr schön, wie die Medien stupide voneinander abschreiben. Ein aktuelles Beispiel: Letzten Monat ging durch die Medien, ein Vater in Dubai soll seine Tochter bewusst ertrinken lassen. Sie konnte nicht schwimmen und hielt die Rettungsschwimmer fest weil er der Meinung war, die Tochter würde durch die Rettung entehrt. Schon mit etwas Recherche wäre klar gewesen: Der Fall ist nicht neu sondern von 1996, also fast 20 Jahre alt. Auch etliche Deutsche Medien u.a. web.de, n24, oder welt.de, von denen man eigentlich etwas mehr redaktionelle Kompetenz wie von der Bild-Zeitung erwartet, berichteten darüber. Ich meine sogar der Spiegel war auch mit dabei.

    Klargestellt haben den Vorfall anschließend nur die wenigsten. Manche haben den Artikel gelöscht. Auf einigen steht der Artikel noch heute in einer Form, als wäre der Vorfall aktuell. Da stellt sich natürlich berechtigterweise die Frage nach dem journalistischen Niveau, wenn die Mehrheit offensichtlich einfach nur Pressemitteilungen umschreibt bzw. von der Konkurrenz kopiert, anstatt wenigstens 1x selbst nach dem Thema zu recherchieren. Wenn einer einen Fehler macht und alle anderen wie die Lemminge kopflos mitziehen, ist das qualitativ beschämend.


    "Alles wird immer schlimmer"-Mentalität
    Die hat teilweise logische Ursachen. Beispielsweise haben wir dank des Internets heutzutage eine wesentlich schnellere und umfangreichere Berichterstattung. Man kann sogar spielend via Internet Menschen vor Ort kommunizieren, die manchmal eine ganz andere Sicht der Sachlage haben, als sie in den Medien vermittelt werden. Wir bekommen Informationen und Meinungen, die noch vor 20 Jahren gar nicht hier angekommen wären, weil die großen Medien diese Themen für "nicht relevant" hielten. Hat natürlich auch den Nachteil, dass wir einer großen Flut an Informationen ausgesetzt sind.

    Auf jeden Fall kann dadurch für jemanden der die Welt vor 10, 15 oder gar noch mehr Jahren erlebt hat der Eindruck entstehen, heute wäre die Welt wesentlich schlimmer als früher. Obwohl das letztendlich möglicherweise gar nicht der Fall ist, sondern einfach nur früher keine oder kaum Berichterstattung darüber vorlag. Dazu kommt natürlich auch immer der gesellschaftliche und politische Kontext. Die Flüchtlings-Debatte z.B. war noch vor einigen Jahren kein so heikles Thema wie derzeit.

    Zu guter Letzt ist es aber auch einfach so, dass sich die Menschen im Nachhinein tendenziell eher an das Schlechte erinnern. Wenn man also immer nur das Schlechte betrachtet und das gute dazwischen außer Acht lässt, kann natürlich auch ein verfälschter subjektiver Eindruck entstehen.

    Meinungsbildung und Manipulation
    Hier steht den Medien ein mächtiges Werkzeug zur Verfügung: Sie können komplett neutral über ein Thema berichten oder die Meinung des Lesers in eine bestimmte Richtung lenken. Das muss nicht mal zwingend mit klassischen Lügen geschehen.

    Die Deutungshoheit
    Wohl eines der mächtigsten Werkzeuge überhaupt. Wenn die USA beispielsweise der Meinung sind man müsste Krieg führen, stellen sich viele gerne ohne groß darüber nachzudenken dahinter. Findet es Russland nicht so toll, dass sich die NATO um sie ausbreitet, ist Putin natürlich der böse. Oder wenn wie letztes Jahr nach dem Malaysia-Airlines Absturz ein Foto und Filmausschnitt eines Separatisten auftaucht, der an der Absturzstelle einen Teddy von den Opfern in der Hand hält.

    Da wird gleich der Vorwurf erhoben, die Opfer werden beklaut und ihre Würde mit Füßen getreten. Im vollständigen Video stellt sich jedoch heraus, dass der Mann den Teddy nur demonstrativ in die Kameras gehoben hat. Anschließend legt er ihn zurück, zieht seinen Hut und zeichnet mit der Hand das Kreuzzeichen auf seiner Brust... Die Bevölkerung kann man mit so was natürlich gut aufhetzen.

    Umgekehrt geht es natürlich auch: Wenn die USA wie z.B. in Syrien Terroristen unterstützt, sind das Freiheitskämpfer. Für die Freiheit zu kämpfen klingt doch gut. Und außerdem wie würde das denn klingen zu schreiben, die USA unterstützen Terroristen? Da würden ja selbst die weniger hellen sich komische Fragen stellen, wie das zusammen kommt. Aber so klingt es selbst für den Bild-Leser legitim. Der recherchiert ohnehin nicht weiter und wird somit auch nicht feststellen: "Moment mal, die Freiheitskämpfer von heute sind doch die Terroristen von gestern, und Terroristen sind doch das Böse schlechthin, was ist da denn los?".

    Eine Form davon wenden übrigens auch Politiker an. Habt ihr schon mal einen Politiker erlebt, der Mist baut und danach sagt "Ja ich habe gelogen, das war falsch, es tut mir leid"? Wohl kaum, das ist selten. Da wird mit SEHR abenteuerlichen Sichtweisen argumentiert, nur um eine eindeutige Lüge nicht zugeben zu müssen...

    Aktuelles Beispiel: Auf Nachfrage erklärte zunächst sowohl die Mutmaßliche Autorin der Nebenabrede zur Vorratsdatenspeicherung als auch das Bundesjustizministerium, dass diese Nebenabrede gar nicht existieren würde. Dummerweise wird diese angeblich nicht vorhandene Nebenabrede später auf einem Blog veröffentlicht. Das Bundesjustizministerium redet sich damit heraus, dass nach einer geheimen Nebenabrede gefragt wurde. Eine geheime würde es nicht geben, dafür aber eine nicht öffentliche.

    Was einem der gesunde Menschenverstand eigentlich schon sagen sollte, kann der Duden bestätigen: Geheim = "vor anderen, vor der Öffentlichkeit absichtlich verborgen gehalten; bewusst nicht bekannt gegeben". Im Endeffekt also schlicht und einfach eine knallharte Lüge. Wer das immer noch nicht glaubt, kann gerne mal beim Finanzamt damit seine nicht versteuerten Konten in der Schweiz rechtfertigen: "Nein ich habe meine Konten nicht verschwiegen, die sind nur nicht öffentlich!"

    Übertreibung/Aussagen aus dem Zusammenhang reißen
    Um Schlagzeilen zu schaffen die Aufmerksamkeit bringen (siehe dazu oben "Klickfänger und Skandalberichte"), werden Sachverhalte gerne künstlich aufgepusht. Oder man reißt Aussagen aus dem Zusammenhang, um sie skandalöser wirken zu lassen. Besonders deutlich wird das bei heiklen Themen wie der Nazi-Zeit. Beispielsweise die Moderatorin Eva Herman. Sie hat vor einigen Jahren in einer Talkshow zu diesem Thema sinngemäß gesagt, unter Hitler war nicht alles schlecht. Als Beispiel nannte sie die damaligen Familienwerte. Danach haben alle am Rad gedreht: Große Empörung wie man die Werte einer solch grausamen Zeit gut finden kann, die NPD feierte sie sogar als Gleichgesinnte. Und diverse Medien verunglimpften sie gar gleich als Nazi-Sympathisanten.

    Eine völlig übertriebene und undifferenzierte Darstellung. Natürlich ist der Holocaust verachtenswert und in keinster weise zu rechtfertigen. Hitler hat aber wie jeder Herrscher bzw. Präsident zwischendrin auch mal was sinnvolles gemacht. Bei anderen Themen differenziert man doch auch. Obama beispielsweise hat genug verachtenswerte Dinge getan (alleine die Drohnen-Geschichte). Trotzdem hat er nicht nur Mist gebaut. Dass die Amerikaner z.B. nun endlich alle krankenversichert sind, ist eine äußerst sinnvolle und überfällige Entscheidung, die er durchgesetzt hat.

    Leider kein Einzelfall. Generell wird man sehr schnell verunglimpft, wenn man insbesondere in der Politik Dinge kritisch in Frage stellt. Wenn man zu Hitler irgend etwas auch nur minimal abweichendes von "Der war durch und durch böse" sagt, bekommt man gleich die Nazi-Keule übergezogen. Spricht man darüber, dass Brüssel bei der Aufnahme von Griechenland in den Euro gepennt hat, ist man direkt EU-Gegner inklusive Euro und allem was dazu gehört. Kritisiert man gewisse politische Themen, insbesondere die der US-Regierung, wird man schnell als verrückter Verschwörungstheoretiker mit Aluhut abgestempelt. Ob man sich dabei auf Fakten oder gar offizielle Dokumente beruft, ist wenig relevant - Die Ansicht ist nicht konform mit dem was man täglich in den Medien hört, das ist unerwünscht.

    Fazit
    Wenn man nicht bevormundet oder manipuliert werden möchte, muss man sich vielfältig informieren. Auch kleinere Quellen können lesenswert sein. Und gerade bei komplexeren Themen reicht es nicht, 3 Artikel zu dem Thema zu lesen. Da muss man sich teilweise deutlich tiefer einarbeiten, um auch die Hintergründe zu verstehen. Dabei immer wachsam sein: Es gibt Verschwörungen und andere Skandale worauf der Spiegel eben nicht auf dem Titelblatt hinweist. Auf der anderen Seite versuchen manche Leute aber auch Verschwörungen zu sehen, wo es gar keine gibt. Nicht nur mächtige Wirtschaftsvertreter und Politiker verfolgen ihre Interessen. Es gibt auch Leute, die von etwas überzeugt sind, und daher nur die entsprechenden Beweise beachten. Oder die Indizien welche für ihre Überzeugung sprechen als Fakten präsentieren.

    Für allumfassende Informationen nutze ich daher möglichst viele verschiedene Medien, die meine Infos zu dem Thema am besten nur Ergänzen. Also nicht einen Spiegel Online Artikel lesen, und das reicht dann zum Russland-Experten. Auch in eher unkonventionelle Quellen wie "Alles Schall und Rauch" schaue ich gerne mal rein. Blind glauben nur weil es ein angeblich seriöses Magazin schreibt tue ich grundsätzlich nichts, egal aus welcher Quelle.

    Einzig die bekannten Propaganda-Magazine wie z.B. BILD meide ich komplett. Da wird so viel aufgeputscht, verfälscht, mehr oder weniger absichtlich falsch recherchiert - Für mich ist das der Schritt in die mediale Verdummung. Selbst wenn man die nur als Unterhaltung betrachtet: Alleine wenn man die Titel bzw. Artikelfotos anschaut, müssen doch jedem der noch nicht komplett verblödet ist die Haare zu Berge stehen. Das sind ja nicht nur Klickfänger-Überschriften. Gerüchte als Tatsachen hinzustellen oder Unschuldige mit Fotos als angebliche Mörder und sonst noch was zu denunzieren reicht der Bild auch nicht mehr. Mittlerweile ist es zum neuen "Trend" geworden, selbst Tote ohne jegliche Rücksicht auf der Titelseite abzudrucken.

    Ich bin ja sehr tolerant und für Pressefreiheit, möglichst ohne Einschränkungen. Daher habe ich die Bild auch weitestgehendst toleriert. Aber das geht über die normale BILD-Propaganda weit hinaus und ist schlicht und einfach menschenverachtend. Mit toten und deren angehörigen wird vollkommen respektlos umgegangen, damit die Leute so schockiert sind, dass sie den Dreck kaufen. Aber für alles gibt es Grenzen. Die Bild überschreitet sie ständig und hat mittlerweile bestimmt ein eigenes Regal für die Aktenberge der ganzen Rügen vom Presserat. Scheint nur nichts zu bringen. Niveau wird bei denen zusammen mit Würde und Anstand ins Gesicht geschmiert, so lange es nur Schlagzeilen bringt...

    Die Antwort auf die Leitfrage im Titel lautet daher eigentlich Nein, im besten Falle noch Jein. Als Erstinformationsquelle um auf ein Thema und ggf. dortige aktuelle Ereignisse aufmerksam zu werden, sind die Medien gut und unerlässlich. Weil man kann nicht überall auf der Welt vor Ort sein und sehen, was dort passiert. Zur umfassenden und neutralen Information über ein Thema sind die Medien ein Teil, der aber mit Vorsicht zu genießen ist. Wenn man in den Nachrichten mit Themen in Berührung kommt die man nicht kennt, sollte das als Impuls dienen, da mal gründlicher zu recherchieren: Wikipedia, verschiedene sachliche Dokus zu dem Thema (z.B. auf YouTube) sind gute Quellen für den Anfang.

    Denn genau das ist ja das tolle am Internet: Ich bin nicht auf das beschränkt, was mir die Medien in TV/Zeitung und Radio vorsetzen. Sondern ich kann selbst sagen: "Syrien, Bürgerkrieg, Terror - Moment mal, was ist da denn los?". Als Nutzer schlüpfe ich in die AKTIVE Rolle zu bestimmen, über was sich in welchem Umfang informiert wird - dank moderner Technik überall, zu jeder Zeit und extrem einfach. Somit ist es auch nicht mehr so einfach, mich zu manipulieren. Denn dafür müsste das GESAMTE Internet zensiert werden - das schafft nicht mal die NSA, zum Glück. Denn wenn es mal so weit kommen sollte, gibt das massivste Probleme. Eine Demokratie kann ohne freie Presse nicht funktionieren, und von unseren anderen Werten wie (Meinungs-)Freiheit bleibt dann auch nicht mehr viel übrig - der Schritt zum vollständigen Polizeistaat ist dann nicht mehr groß...


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    Darkfield (07.09.2015), VW Kaefer (08.09.2015), Wolf (07.09.2015)

  8. #5
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    Standard AW: Kann man die Medien nutzen, um die Welt zu verstehen? (Mit Hans Rosling)

    Wer die Welt verstehen will, kann und darf sich NICHT auf Medien alleine verlassen!
    Der wirklich Interessierte macht sich selber ein Bild (und nicht im Sinne dieser Schmieren-Gazette).

    Bei der BLÖD fällt mir spontan folgendes Zitat in die Finger
    Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant.
    (August Heinrich Hoffmann von Fallersleben)
    Wer die Freiheit aufgibt um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren. (Benjamin Franklin)
    Die zwei häufigsten Elemente im Universum sind Wasserstoff und Blödheit. (Yonathan Simcha Bamberger)
    Wer schweigt, stimmt nicht immer zu. Er hat nur manchmal keine Lust mit Idioten zu diskutieren. (Albert Einstein)
    Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert. (Dante)
    Es gibt Besserwisser, die niemals begreifen, dass man recht haben und ein Idiot sein kann. (Martin Kessel)
    Doofheit ist keine Entschuldigung.

  9. The Following User Says Thank You to Darkfield For This Useful Post:

    VW Kaefer (07.09.2015)

  10. #6

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    Standard AW: Kann man die Medien nutzen, um die Welt zu verstehen? (Mit Hans Rosling)

    @DMW007,

    Dein Beitrag ist ein etwas merkwürdiger Fall. Du bringst eine schöne Auflistung von Denkfallen und medialen Fragwürdigkeiten. Ich kann das alles sofort unterschreiben. Bei den Beispielen, die du wählst, um die Dinge konkret zu machen, liegst Du aber m.E. leider einige Male daneben, oder gibst zumindest einen Eindruck der Einseitigkeit ab, den Du den Medien (zu Recht) vorwirfst.

    Da ist z.B. der Fall Herman. Es ist zwar völlig richtig, daß Eva Herman gerade durch das Mittel "Übertreibung/Aussagen aus dem Zusammenhang reißen" schwer verfemt wurde, sodaß Deine Nennung ihres Falls an dieser Stelle OK ist. Wer aber behauptet, sie hätte gesagt, daß der Autobahnbau eine gute Seite Hitlerdeutschlands gewesen wäre, liegt völlig daneben, und macht genau das, was man anderen vorwirft... einfach falsches zu behaupten.

    Hier der Ablauf in der Talkshow: Eva Herman verwendete den Begriff "Gleichschaltung" in Bezug auf die heftige Kritik der Presse an ihren Vorstellungen zur Familienpolitik. Daraufhin wurde ihr vorgeworfen, daß sie nationalsozialistisches Vokabular verwende, weil dieser Begriff von Nationalsozialisten häufig verwendet wurde. Daraufhin sagte Eva Herman wortwörtlich: "Natürlich ist er da benutzt worden. Aber es sind auch Autobahnen damals gebaut worden und wir fahren heute drauf." Das war alles. Die Aufregung war perfekt, es erfolgte der Rausschmiß aus der Talkshow. Eine Aussage, daß Hitlerdeutschland auch Gutes gemacht hätte, etwa indem er die Autobahnen baute, kann ich in diesem Satz nicht im Geringsten erkennen. Eva Herman wollte eindeutig nur anhand eines Beispieles illustrieren, daß es ihrer Meinung nach hanebüchen ist, bestimmte Wörter verbieten zu wollen, nur weil die Nazis sie verwendeten... genauso wie es verrückt wäre, die Benutzung von Autobahnen zu verbieten, nur weil sie von Nazis gebaut worden sind. Sie hätte stattdessen auch sagen können, daß es verrückt wäre, wenn "1+1=2" auch niemand mehr sagen dürfen sollte, nur weil es auch die Nazis gesagt haben, oder daß niemand mehr furzen sollte, bloß weil die Nazis gefurzt haben... weil sie aber das Wort Autobahn sagte, lief natürlich in den Köpfen jener, die sie unbedingt als Nationalsozialistin verhetzen wollten, gleich ein ganz Film ab... Moment, das Wort Autobahn ist gefallen, und es wurde erwähnt, daß "damals" diese Autobahnen gebaut wurden... also will uns die Herman, die unter Naziverdacht steht, doch hier einreden, daß Hitler auch Gutes gemacht hätte... nämlich Autobahnen gebaut. Bums, war das Nazitum der Herman praktisch bewiesen. Wenn Du diese falschen Anschuldigungen, daß Herman die Nazis wegen der Autobahnen gelobt hat, aufnimmst, als ob sie richtig wären, scheint mir das nicht korrekt. Völlig richtig wäre aber das von Dir gesagte, wenn Du statt "Autobahnen" "Familienwerte" gesagt hättest. Eva Herman machte verschiedene Äußerungen zu Familienwerten, wie Wertschätzung der Mutter, Glück des Kinderreichtums etc. in Bezug auf die Nazizeit, die insofern mißverständlich waren, als man aus ihnen herauslesen könnte, genügend bösen Willen vorausgesetzt, sie wolle die Nazis wegen deren Familienpolitik loben. Relativ schnell hat aber die Herman darauf hingewiesen, daß diese Werte, die ja nicht von den Nazis erfunden wurden, sondern die es wohl seit Anbeginn der Menschheit gibt, von den Nazis für ihre eigenen Zwecke mißbraucht worden sind. Es ist ja ein Unterschied, ob man das Glück, Kinder zu haben, in höchsten Tönen lobt, weil man möchte, daß viele Menschen dieses Glück erfahren, um glücklicher zu werden, oder ob man das deshalb macht, weil es dann mehr Kinder gibt, und am Ende mehr Soldaten, oder mehr Menschen, die man in der Ukraine ansiedeln kann. Ihre späten Richtigstellungen haben ihr aber nichts genützt, sie hatte angeblich die Nazis wegen deren Familienpolitik gelobt, und das war nicht zu tolerieren. Ein gutes Beispiel für eine mediale bzw. sogar gesellschaftliche Hetzkampagne, die den Anderen unbedingt vernichten will, was sich dadurch zeigt, daß man ihm stets das Allerschlimmste unterstellt... und dabei auch vor Lügen nicht zurückschreckt, wie im Falle des angeblichen Lobes der Nationsozialisten durch die Herman im Fall der Autobahnen.

    Putin ist nicht deswegen böse, weil ihm die Ausdehnung der NATO auf osteuropäische Länder Sorgen bereitet. Das ist eine absurde Behauptung. Putin ist allein deswegen "böse", weil er einen souveränen Staat, die Ukraine, überfallen hat, Teile ihres Territoriums (die Krim) annektiert hat, und in anderen Teilen der Ukraine einen Bürgerkrieg angezettelt hat und massiv mit Soldaten und Waffen unterstützt hat. Weiterhin ist die Ausdehnung der NATO in Osteuropa keine Machterweiterung, die durch einen imperialistischen Erweiterungsdrang der NATO selber zustande kam, sondern die in der Frage einer NATO-Mitgliedschaft VÖLLIG souveränen Länder Osteuropas haben die Aufnahme in die NATO selber INSTÄNDIGST erbeten... da sie guten Grund haben, einen ganz anderen Imperialismus als den der Amerikaner zu fürchten... nämlich den der Russen. Das Beispiel der Ukraine kann doch unmißverständlicher nicht sein... wer von den osteuropäischen Ländern Rußland im Wege steht, der kann auch mal überrollt werden. Die Angst der osteuropäischen Länder vor Rußland kommt weder aus dem Nichts, noch ist sie von den USA eingeredet worden... die Länder haben sie allein durch ihre Erfahrungen mit Rußland entwickelt. Ihre NATO-Beitritte sind daher völlig legitime Maßnahmen, sich vor eventuellen Aggressionen Rußlands zu schützen.

    Daß die USA in Syrien Terroristen unterstützen, ist Propaganda. Die USA haben in Syrien moderate, nichtreligiöse Gruppen unterstützt, die gegen die Regierung Assad kämpfen. Natürlich bezeichnet Assad selber auch diese moderaten, nichtreligiösen Gruppen als Terroristen, wie er ja überhaupt alle, die gegen ihn kämpfen, als Terroristen bezeichnet. Diesen Sprachgebrauch aber unkritisch zu übernehmen halte ich für kritikwürdig. Man kann natürlich meinen, daß Assad noch eine legitime Regierung Syriens stellt, und daher alle, die gegen diese angeblich legitime Regierung mit Waffengewalt aufstehen, daher Terroristen sind. De facto ist aber Assad schon längst nicht mehr der legitime Regent Syriens. Eine Regierung kann nicht die Hälfte ihres Landes bekämpfen, Faßbomben auf Teile der Bevölkerung werfen, und dann behaupten, sie wäre legitim. Wenn Assad nicht mehr die legitime Regierung Syriens bildet, dann kann man niemandem vorwerfen, sein Kampf gegen Assad wäre illegitim, oder gar Terrorismus.

    Ich möchte zu allen diesen Themen eigentlich keine Diskussion anfangen, weil die in diesem Thread ja fehl am Platze wäre. Die falschen Beispiele bedeuten ja auch überhaupt nicht, daß das von DMW007 Gesagte, das er mit ihnen illustrieren wollte, falsch ist... im Gegenteil, es ist trotzdem richtig (nur die Beispiele scheinen mir halt unpassend). Das Fazit wäre also, daß man nicht darum herum kommt, in allen Fällen GENAU hinzuschauen, in denen man die Welt betrachtet, um sich ein Urteil über sie zu bilden. Daß das Internet hier eine wichtige Rolle spielt, aufgrund seiner Informationsfülle, ist nicht abzustreiten. Was die Herman genau gesagt hat und was nicht, ist ja etwa problemlos heruaszufinden... was ohne das Internet etwa weit schwieriger gewesen wäre. Aber trotzdem muß man warnen... das Internet ist auch nicht allwissend. Es gibt zahllose Dinge, über die man Informationen im Internet überhaupt nicht erhalten kann. Wer sich nur übers Internet informiert, muß zwangsläufig über diese Dinge gravierend unterinformiert bleiben. Ein weiterer großer Wissensschatz der Menschheit liegt in ihren Büchern verborgen. Es ist daher eine ehrenswerte Aufgabe, die sich etwa die ansonsten gern umstrittene Firma Google gesetzt hat, zu helfen, diesen Wissensschatz auch im Internet zugänglich zu machen. Unabhängig von den Motiven, warum Google das macht. Google wird weithin für ihr Google Books Projekt angefeindet, aber mir scheinen doch die Vorteile die Nachteile zu überwiegen, wenn Menschen in aller Welt all das ansonsten schwer zugängliche Bücherwissen zugänglich gemacht wird... denn das wird ihre Möglichkeiten noch einmal ganz enorm erhöhen, die Welt zu verstehen... denn es gibt schon noch sehr viel weniger Dinge, die weder im Internet vorkommen noch in irgendeinem der Bücher, die jemals geschrieben wurden. Am Rande bemerkt: Aus diesen Gründen kann ich selbst unter Copyright-Gesichtspunkten eindeutig illegale Bestrebungen, das Menschheitswissen in den Büchern besser zugänglich zu machen, nicht kritisieren... wie etwa das Library Genesis-Projekt.
    Geändert von freulein (07.09.2015 um 12:54 Uhr)

  11. #7
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    Standard AW: Kann man die Medien nutzen, um die Welt zu verstehen? (Mit Hans Rosling)

    Ich habe eben noch mal nachgeschaut, bei Eva Herman hast du vollkommen Recht. Hatte ich leicht durcheinander gebracht weil es doch schon etwas her ist. Die Aussage mit den Autobahnen war nicht der Auslöser sondern die Folge. Worauf ich hinaus wollte, war ihre Aussage zur Familienpolitik. Inhaltlich hat dieser kleine Fehler auf meinen Kontext aber keine Auswirkungen. Dennoch habe ich ihn in meinem obigen Beitrag der Vollständigkeit halber korrigiert, ich möchte schließlich nicht wissentlich Unwahrheiten verbreiten. Danke für den Hinweis.

    Das ist btw. noch ein weiterer Grund, warum man niemandem (auch mir nicht) blind trauen sollte: Man kann schlicht und einfach auch mal einen Fehler machen. Nicht immer wenn falsche Informationen verbreitet werden steckt gleich ein böser Hintergedanke im Sinne von bewusster Manipulation dahinter. Und wer nun glaubt "Ja gut dem DMW007 passiert das okay, aber Spiegel & co doch nicht", der irrt. Auch in relativ seriösen Quellen sitzen nur Menschen. Sieht man auch daran, dass es gelegentlich auch mal ein Tippfehler bis in die Veröffentlichung schafft.

    Die restlichen Beispiele sehe ich in Form und Kontext nicht als falsch an. Terrorismus bezeichnet generell Gewalt, die sich gegen eine politische Ordnung richtet mit dem Ziel, dort einen Wandel herbeizuführen. Wenn die USA in Syrien Menschen unterstützt die Assad mit Waffengewalt stürzen wollen, ist das Terrorismus. Natürlich kann man nun wie du angedeutet hast den Standpunkt vertreten, die Leute wehren sich "nur" gegen Assad. Dann würde man diese Menschen natürlich aus einem anderen Blickwinkel als Terroristen betrachten. Nämlich eher als politische Widerstandskämpfer anstatt dem ich nenne es mal "klassischen Terrorismus" wie er von IS oder Al-Qaida ausgeht. Mich stört dabei aber nicht nur, dass dies den Leuten durch die Bezeichnung bereits in den Mund gelegt wird. Ich halte diesen Zustand generell für fragwürdig.

    Die reine Diskussion über diese Themen an sich, etwa ob man diese Unterstützung überhaupt als legitim/sinnvoll erachtet und wenn ja in welchem Rahmen gehören genau wie Putin nicht in diesen Thread, da hast du Recht. Daher werde ich die an der Stelle auch nicht weiter ausführen. Können wir gerne bei Zeit und Lust mal in themenspezifischen Threads ausdiskutieren. Hier geht es in dem Zusammenhang rein um den Faktor der Medien. Damit ist interessant, wie diese Kämpfer bzw. in dem konkreten Beispiel ihre Unterstützung durch die USA in den Medien dargestellt werden.

    Als Schlussbemerkung sei noch gesagt, dass wir für solche Feststellungen eigentlich nicht mal unbedingt ins Ausland schauen müssen. Gerade im Hinblick auf die aktuelle Flüchtlingspolitik nehmen die gewalttätigen Übergriffe gegen Ausländer zu. Diese Übergriffe wurden in den Medien auch beschönigend dargestellt. Beispielsweise wenn Unterkünfte in Flammen stehen oder Menschen im Krankenhaus landen, und von "Asylgegnern" die Rede ist. Oder teilweise auch von "Asylkritikern". Das ist nicht nur eine glatte Untertreibung. Insbesondere Letzteres ist auch noch schlicht falsch, weil ja eben keine Kritik geübt wird.

    Außerdem schadet diese falsche Verwendung der Begriffe jenen Menschen, die tatsächlich auf zivilisierte Art und Weise (vernünftige) Kritik zu diesen Themen äußern. Denn die wirft man durch den Begriff in den gleichen Topf wie jene, die sich durch Brandstiftung und andere "Selbstjustiz" gegen die Ausländer "wehren". Genau da sind wir nämlich wieder bei der Lenkung der Menschen durch die Medien:

    Hier muss klar differenziert werden, ob jemand sagt "Ich bin gegen Flüchtlinge bzw. die Flüchtlingspolitik, weil ..." und jenen, die einfach nur Gewalt anwenden. Letztendlich ist das nämlich auch eine Form des Terrorismus, genauer gesagt Rechtsterrorismus. Terrorismus deckt wie aufgrund seiner weitreichenden Definition weit mehr ab als das typische mediale Feindbild eines radikalen Islamisten mit Vollbart, der Menschen in die Luft sprengt. Für die verschiedenen Arten von Terrorismus gibt es daher Unterbegriffe wie Rechtsterrorismus oder auch Staatsterrorismus.

    Wohl bekanntere Beispiele für Letzteres sind "Operationen unter falscher Flagge" (auch unter "False flag operations" bekannt). Dabei wird Terrorismus von Staatsorganen erzeugt, die man später einem Feind in die Schuhe schiebt. Daher auch der Name: Man führt diese Gewaltakte im Namen eines anderen Landes, Organisation oder Gruppierung aus. Meistens dient dies dann als Vorwand, um Sanktionen gegen den jeweiligen Gegner verhängen zu können oder gar militärisches Vorgehen zu rechtfertigen.

    Es gibt genug Beispiele verschiedener Länder, in denen Staatsterrorismus in Form von Operationen unter falscher Flagge belegt sind. Das bekannteste sollte jeder kennen, denn es hat den 2. Weltkrieg ausgelöst: 1939 inszenierte die SS mehrere Angriffe, unter anderem den
    Überfall auf den Sender Gleiwitz. Dort wurde dann Propaganda eines angeblichen Aufstandes von polnischen Minderheiten gesendet. Nach diesen Übergriffen konnte Hitler Anfang September 1939 den Angriff auf Polen rechtfertigen. Und was danach kommt wissen wir ja alle.

    Gerade aus dem Grund ist es wichtig, dass wir investigative Medien und aufmerksame Leute haben, die sich umfassend informieren und kritisch mit politischen Themen beschäftigen. Denn nicht nur die Medien verfolgen ihre eigenen Interessen. Operationen unter falscher Flagge sind kein Relikt aus der Nazi-Zeit, die man mit Ende des 2. WK zu den Akten legen kann. Man findet diese politische Strategie bis heute immer wieder in der Geschichte, weil das Prinzip nach wie vor hervorragend funktioniert: Der Feind wird öffentlichkeitswirksam als böse hingestellt und die Bevölkerung ist dadurch natürlich wesentlich eher bereit, ihn zu sanktionieren - möglicherweise sogar mit Waffengewalt.

    Für eine mündige Bevölkerung ist solch ein Vorgehen ein Albtraum, weil sie mit Lügen manipuliert wird. Besonders wenn die Taten sauber ausgeführt werden, ist es schwierig bis unmöglich, sie als solche zu erkennen. Besonders zeitnah. Denn wenn die Wahrheit Jahre oder gar Jahrzehnte später erst ans Licht kommt, ist der Schaden meist schon längst geschehen. Aus dem Grund ist Wachsamkeit geboten - in dem Punkt scheinen wir uns ja immerhin einig zu sein. Wenn jemand zum Krieg aufruft, ist gleich doppelte Vorsicht geboten. Wie heißt es doch so schön? "
    Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit." Ein älteres Zitat, aber leider bis heute eine gute Faustregel.


  12. #8
    Avatar von VW Kaefer
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    Standard AW: Kann man die Medien nutzen, um die Welt zu verstehen? (Mit Hans Rosling)

    Das Problem mit den älteren Lehrern habe ich auch schon festgestellt. Es gibt durchaus welche, die auch noch mit 50+ recht fitt sind. Und sich mit aktuellen Themen sowie Medien zumindest ein Stück weit beschäftigen. Aber das Schulsystem in Deutschland ist für sich gesehen schon ein großes Problem. Fängt bei den Unterrichtsinhalten an, geht über die Lehrmethoden und fehlende Medienkompetenz bei den Lehrern, hört auf bei Schulen die technisch auf dem Stand 1990 ausgestattet sind. Soll heißen veraltete und kaputte Bücher, mit modernen Medien siehts ja ohnehin mau aus. Wenn wir uns mal auf das Problem Lehrer beschränken sollte es viel mehr Fortbildung geben. Schwerpunktmäßig würde ich das bei neuen Medien und aktuellen Lehrinhalten zu ihrem Schwerpunkt ansiedeln.

    Auf die Medien selbst verlasse ich mich möglichst wenig, sehe das ähnlich wie @DMW007. So bekommt man auch einen Weitblick über das Thema. Die Medien können ja keinen "Crash-Kurs" zu Thema X vermitteln. Sie bringen halt die aktuellen Informationen. Das kann zu falschen Schlüssen verleiten, wenn man die Hintergründe nicht kennt. Gerade im Hinblick auf Schulen und Politik finde ich aber, dass hier viel mehr Aktualität eine Rolle spielen soll. Weiter zurückliegende Themen nehmen mit Ausnahme des Nationalsozialismus viel mehr Zeit ein als neuere. Der kalte Krieg z.B. wurde nur im Schnelldurchlauf behandelt. Themen mit Alltagsrelevanz wie hier schon angesprochen wurde etwa Terrorismus oder Syrien haben wir überhaupt nicht behandelt. Das halte ich für einen großen Fehler. Was bringt es den Schülern, wenn sie über Hitler oder die französische Revolution ganze Klassenarbeiten geschrieben haben, aber mit aktuellen Themen wenig bis nichts anfangen können? Natürlich sollte man auch mal einen Ausflug in die Vergangenheit machen, aber die jüngere Geschichte zu vernachlässigen halte ich für sträflich.

    Gerade hinsichtlich Medienpropaganda wäre die Schule doch ein optimaler Ort, um über solch wichtige Themen zu diskutieren und Falschinformationen auszuräumen. Mit dem Geschichtslehrer hat man schließlich einen Fachmann, der mehr darüber weiß als wohl jeder andere, auch hinsichtlich der Zusammenhänge. Das wäre zu einem gewissen Grad auch ein präventiver Schritt, um präventiv die Bildung von Radikalisten zu verhindern.

  13. #9

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    Standard AW: Kann man die Medien nutzen, um die Welt zu verstehen? (Mit Hans Rosling)

    @DMW007,

    wenn wir wünschen, daß Journalisten möglichst objektiv und genau formuliert berichten, sollten wir das nicht anders machen. Was Du in Deinem Post über die Herman berichtigt hast, stimmt immer noch nicht. Die Herman hat das niemals so gesagt, daß unter Hitler nicht alles schlecht war. Und in der Talkshow bei Kerner schon gar nicht. Dort hat sie sich im Gegenteil (wieder einmal) gründlich von der Naziideologie distanziert.

    Das eigentliche Zitat, um das es bei der ganzen Presseaufregung ging, lautete folgendermaßen (mündlich auf einer Pressekonferenz gegeben, daher etwas durcheinander):

    "Und wir müssen vor allem das Bild der Mutter in Deutschland auch wieder wertschätzen lernen, das leider ja mit dem Nationalsozialismus und der darauf folgenden 68er-Bewegung abgeschafft wurde. Mit den 68ern wurde damals praktisch alles das, alles, was wir an Werten hatten, es war eine grausame Zeit, das war ein völlig durchgeknallter, hochgefährlicher Politiker, der das deutsche Volk ins Verderben geführt hat, das wissen wir alle, es ist damals eben auch das, was gut war, und das sind Werte, das sind Kinder, das sind Mütter, das sind Familien, das ist Zusammenhalt - das wurde abgeschafft."

    Daraufhin brach ein Sturm der Entrüstung aus, weil sie damit angeblich gesagt hätte, damals (d.h. zur Zeit des Nationalsozialismus) wären "Werte, das sind Kinder, das sind Mütter, das sind Familien, das ist Zusammenhalt" gut gewesen. Herman selber aber sagt, sie hätte damit eindeutig gesagt, daß das, was immer schon, also auch vor der Nazizeit, gut war (die Werte Kinder, Mütter, Familien, Zusammenhalt), damals (d.h. zur Zeit des Nationalsozialismus) ABGESCHAFFT worden war. Aus ihrer Sicht sei es völlig unverständlich, wie man der Meinung sein kann, sie hätte die Nazis loben oder wenigstens verharmlosen wollen, indem sie sagt, daß diese die genannten Werte abgeschafft hätten. Bzw. sie ließ keinen Zweifel offen, daß dieses in ihren Augen zwanghafte Hineindrängen ihrer Person in eine Nazinähe nur eine Keule ist, um ihr konservatives Familienbild zu bekämpfen.

    Ob die Medien nun recht hatten, die Herman anhand dieser Sätze zur Nazisympathisantin erklärten, oder ob Hermans nachträgliche Erläuterung ihrer Worte einleuchtet, kann ja jeder anhand des Zitats sich selber überlegen.

    Noch etwas zu einer weiteren ganz üblichen Verhetzungsmasche gegenüber rechten Werten und jenen, die sie vertreten. Es ist doch klar, daß jemand, der ein konservatives Familienbild hat, auf Sympathie bei Neonazis trifft, die auch ein konservatives Familienbild haben. Postwendend wird Personen wie Eva Herman ein Nazitum unterstellt, weil ihr konservatives Familienbild Neonazis veranlaßt, sie auf ihren Webseiten für ihre Vorstellungen zu Kindern und Familie zu loben. D.h. im Endeffekt wird jeder zum Nazi, der nur irgendeine Sache für gut befindet, die Neonazis auch für gut halten... wenn das dazu führt, von Neonazis gelobt zu werden, wird man sofort selber zum Neonazi. Der Fall Herman zeigt, wie absurd das manchmal sein kann... denn zeitlebens positionierte sich die Herman ja ganz deutlich gegen Nazitum, nahm sogar am sogenannten "Kampf gegen Rechts" teil, indem sie für die Aktion "Laut gegen Nazis" ein Hörbuch sprach. Wenn sie mundtot gemacht werden soll, weil sie rechte Werte vertritt, die ja keine rechtsextremen Werte sind, dann zählt das alles nichts mehr. Schon der Begriff "Kampf gegen Rechts" spricht ja Bände... es ist offensichtlich jeder gemeint, der nicht links ist. "In Wirklichkeit führt man also nicht den Kampf gegen irgendwelche Nazi-Sympathisanten oder Antisemiten, sondern gegen das gesamte konservative Lager, das gegen die “Auschwitzkeule” keine Chance hat. Denn während ein Rechts-Konservativer immer beweisen muss, dass er nichts mit Auschwitz zu tun hat, wird ein Linker niemals mit einem stalinistischen GULAG in Verbindung gebracht." (Reinhard Günzel) Die bekannten Verunglimpfungen etwa von Pegida und AfD basieren auf diesem Prinzip. Ich meine, als unter Pegida die Formel "Lügenpresse" gebräuchlich wurde, war damit auch hauptsächlich dieses gemeint: Die Lüge, das Rechtes und Rechtsextremes praktisch identisch sei.

    Rechts und rechtsextrem in einen Topf zu werfen ist aber kontraproduktiv. Der überwiegend linksorientierte Meinungsmainstream verspricht sich davon, alles rechts der Mitte verunglimpfen zu können und damit ausmerzen zu können. Es ist aber eher zu erwarten, daß die Verunglimpfung von rechten Ideen als rechtsextrem, als nazihaft, dazu führt, daß das Nazilabel seine abschreckende Wirkung verliert, nach dem Motto: Wenn es jetzt schon dazu führt, daß ich als Nazi gelte, weil ich ein konservatives Familienbild habe, oder weil ich Einwanderung ablehne, von der ich meine, daß sie dem Land und seinen Bewohnern eher schadet, dann bin ich halt eben ein Nazi, auch egal. Wenn man den Leuten rechte Ideen, die sie für vernünftig halten und an die sie glauben, als "nationalsozialistisch" erklärt, dann wird genau das geschehen, was man eigentlich nicht will, nämlich daß die Leute sagen: Ach, dann war der Nationalsozialismus ja doch nicht so verkehrt. Wobei, das sei am Rande angemerkt, die Idee, ein Land solle Einwanderung möglichst vermeiden, die ihm schadet, ja noch nicht einmal "rechts" ist. Es wird ja niemand behaupten wollen, daß etwa die in vielen Ländern der Welt üblichen Einwanderungsbestimmungen, die nicht zuletzt den Zweck verfolgen, den Nutzen von Einwanderung zu maximieren und den Schaden zu minimieren, ausgesprochen "rechts" seien. Auch eher linke Regierungen ändern diese Einwanderungsgesetze ja in der Regel nicht, wenn sie etwa in den Einwanderungsländern Kanada, USA, Australien usw. an die Macht kommen.

    Zu angeblichen Verharmlosungen von Angriffen gegen Flüchtlinge oder Flüchtlingsheime... Die sind mir eigentlich nicht so sehr aufgefallen. Aufgefallen sind mir nur Übertreibungen. Bzw. man weiß nicht genau, was es ist, wenn etwa Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow gestern sagt: "Wer glaubt, Häuser anstecken zu müssen, unterscheidet sich nicht von Terroristen in den Ländern, aus denen die Flüchtlinge kommen"... ist es nicht vielleicht auch eher eine schlimme Verharmlosung dessen, was IS und andere Terroristen in Syrien machen? Glaubt Ramelow wirklich, in Syrien würde die IS lediglich Häuser anzünden?

    "Man hört ständig nur solche Nachrichten, also bekommt man das Bild => Die Jugend wird immer dümmer und versauter."

    Ich verstehe, was Du sagen willst, und das stimmt natürlich auch. Auf der anderen Seite ist es natürlich so, daß man natürlich auch nicht aus den Einzelfällen ableiten kann, daß die Jugend NICHT dümmer und versauter wird. Es ist völlig wahr, daß die häufige Schilderung von Einzelfällen, die in bestimmte Richtungen gehen, natürlich den verbreiteten Eindruck ergeben, die allgemeine Situation würde sich in diese Richtungen bewegen. Da es sich um Einzelfälle handelt, sind sie aber kein Beweis, daß es wirklich in diese Richtung geht. Die Tatsache, daß sie kein Beweis sind, daß es wirklich in diese Richtung geht, bedeutet aber trotzdem nicht, daß sie ein Beweis sind, daß es in diese Richtung NICHT geht. Das ist eine etwas umständliche Formulierung einer eigentlich ganz einfachen Tatsache: Einzelfälle beweisen gar nichts.

    Zum "versauter" kann ich nichts sagen, aber ob die Jugend dümmer wird oder nicht ("dumm" jetzt einmal nicht mit der Bedeutung "kognitive Leistungsfähigkeit", sondern mit der Bedeutung "Menge des Faktenwissens"), könnte man natürlich relativ einfach feststellen. Es würde ja ausreichen, daß man mit einem geeigneten Sample von Jugendlichen einfach das Experiment macht, daß man ihnen Schulaufgaben aus sagen wir dem Jahr 1960 vorlegt. Also z.B. Abiturienten von 2015 erhalten Abiturprüfungen von 1960, z.B. im Fach Mathe. Dann wäre relativ schnell geklärt, ob die Jugend in Mathe "dümmer" geworden ist oder nicht. So etwas macht aber niemand, bzw. mir sind solche Erhebungen nicht bekannt geworden. Der Grund ist einfach: Würde tatsächlich herauskommen, daß die Jugend dümmer geworden ist, so ergäbe das natürlich ein erhebliches Verunglimpfungspotential. Da aber natürlich eine solche wachsende "Dummheit" eher dem Schulsystem anzulasten wäre als den Schülern, macht man es erst recht nicht... denn es soll ja der Eindruck nicht gefährdet werden, daß unser durch ständige Reformen weiterentwickeltes Schulsystem ja immer besser wird, d.h. immer weniger dumme, d.h. schlauere Schüler entlässt. Deswegen fängt man solche gefährlichen Untersuchungen erst gar nicht an. In der Frage, ob die Jugend immer dümmer wird oder immer schlauer, müssen wir weiter im Nebel tappen. Ob man sich auf die von Rosling erläuterte "rule of thumb" in dieser Frage verlassen kann, bezweifle ich: "Es wird immer besser". Erst in letzter Zeit wurde durch PISA ein Mittel geschaffen, zeitliche Verläufe von Fertigkeiten aufzuzeigen. Aber das reicht ja momentan nur ein paar Jährchen zurück.

    Es gibt also Fragen, da nützen Internet sowie das gesammelte Buchwissen nichts... man hat einfach keine Antworten, solange man diese nicht noch erst erforscht.

    @VWKaefer,

    ich finde, die Gegenwart wäre im Geschichtsunterricht eher fehl am Platze. Gibt es dafür nicht andere Fächer? Wir hatten damals "Gemeinschaftskunde". "Sozialkunde" oder "Politische Bildung" sind andere Namen für so ein Fach. Das wäre m.E. der richtige Ort, um sich mit Gegenwartsproblemen zu beschäftigen... obwohl es natürlich Überschneidungen mit "Geschichte" gibt, weil Gegenwartsprobleme ja häufig einen geschichtlichen Hintergrund haben. Daß es heute in der Schule vorkommen kann, daß Gegenwartsprobleme überhaupt nicht behandelt werden, halte ich allerdings auch für reichlich skandalös. Allerdings ist die Frage, inwieweit Dein Einzelfall verallgemeinert werden kann. Aber ein Einzelfall wäre ja schon zuviel, meiner Meinung nach.
    Geändert von freulein (08.09.2015 um 11:59 Uhr)

  14. #10
    Avatar von VW Kaefer
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    Standard AW: Kann man die Medien nutzen, um die Welt zu verstehen? (Mit Hans Rosling)

    Vom Sinn her hat sie damit doch gesagt, dass in der Nazi-Zeit nicht alles schlecht war. Nämlich der Umgang und Stellenwert der Familie und Mütter. Ich sehe kein Problem darin, das so zusammenzufassen. Inhaltlich kann ich dem auch zustimmen wenn ich mich erinnere, was wir zu dem Thema in der Schule behandelt haben. Finde ich aber ebenfalls absurd, dass man gleich der Buhmann ist wenn man was positives zu Hitlers Reich sagt. Alles hat zwei Seiten. Und wenn man nun mit dem Argument kommt das 3. Reich war ja so brutal und schlimm da kann man nichts gutes dran sehen: Was ist dann mit der Tatsache, dass Deutschland bis heute Geschädigten keine Entschädigung zahlen will? Oder dass die Nazis damals Griechenland zu einem Kredit gedrängt haben, der bis heute nicht zurückgezahlt wurde? Das finde ich doch schon eine gewisse Doppelmoral. Und für sich gesehen ein echtes Armutszeugnis für Deutschland...

    Zum Geschichtsunterricht: Nein das gibt es alles schon lange nicht mehr. In den unteren Stufen wird das unter dem Fächerverbund "EWG" (Erdkunde, Wirtschaftskunde, Gemeinschaftskunde) zusammengefasst. Später in der Oberstufe heißt es dann interessanterweise Geschichte. War es auch schwerpunktmäßig, aber ein bisschen Wirtschafts- und Gemeinschaftskunde war trotzdem mit dabei. Wie das in anderen Schulen ist kann ich nicht sagen. Nur, dass es in den Parallelklassen ähnlich ist. Maximal sehr wenig aktuellen Bezug.

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