"Terrorist" Sarrazin Rapsong

[TomatenKetchup]

Der SPD-Politiker Thilo Sarrazin steht in seiner eigenen Partei schon länger in der Kritik. Die Kollegin Yasmin Fahimi sagte direkt, dass die SPD gut ohne ihn auskommen würde. Erst am Freitag las er bei einer Veranstaltung der Alternative für Deutschland aus seinem Buch "Der neue Tugendterror" vor, was für Empörung sorgte.

Jetzt rechnen zwei 15-Jährige Nachwuchsrapper mit dem umstrittenen Politiker in ihrem Song "Generation Sarrazin" ab:



Ist gut geworden, hat von mir ein bekommen und habs auf Facebook geteilt

[freulein]

Zuerst mal sollte man realisieren: Es sind nicht 15-Jährige Rapper, die mit Sarrazin abrechnen, sondern es sind Geschäftemacher aus der Musikbranche, die 2 15-Jährige Nachwuchsrapper dazu verwenden, um Geschäfte mit Musik zu machen. Oder glaubst Du, daß diese 15-Jährigen den Song komponiert haben, vom eigenen Taschengeld oder mit Papas finanzieller Hilfe ein Studio angemietet haben, dort den Song eingespielt haben, anschließend von ihrem eigenen Taschengeld eine Videocrew plus Schauspieler organisiert haben, das Video eingespielt und geschnitten haben? Nein, die sind Teil einer Marketingmaschinerie, die genau einkalkuliert hat, daß man mit einem Aufwärmen des Sarrazin-Themas ordentlich Kasse machen kann. Details darüber, wer hinter dem Ganzen steht, hier:

Kamyar und Dzeko landen Hit mit Song über Sarrazin

Was die Ebene der Auseinandersetzung mit Sarrazins Thesen angeht, so ist diese wie man es gewohnt ist: außerordentlich primitiv. So etwa der Vorwurf an Sarrazin, der hätte gesagt, man wäre als Muslim irgendwie blöd, was aber nicht stimmen kann, weil man selber ja aufs Gymnasium geht, und trotzdem Muslim ist. Sarrazin hat in der Frage der Bildungserfolge immer nur statistisch argumentiert, d.h. er hat niemals gesagt, daß ALLE Muslime, ohne Ausnahme, problematische Bildungskarrieren haben, sondern er hat darauf hingewiesen, daß die Bildungskarrieren von Muslimen in Deutschland STATISTISCH GESEHEN weit unter dem Niveau der Deutschen, aber auch sichtbar unter dem anderer Migrantengruppen liegen. Diese Tatsache, die im Übrigen von niemandem widerlegt wurde, weil es nämlich eine Tatsache ist, die eindeutig aus den Statistiken zu diesem Thema hervorgeht, damit entkräften zu wollen, daß man ja selber ein Muslim ist, der Abitur hat, ist wirklich lächerlich, passiert aber immer wieder. Es scheint eben recht viele Leute zu geben, die keinen blassen Schimmer davon haben, was statistische Aussagen nun wirklich aussagen.

Was die Frage des "Deutschseins" angeht... Als Sarrazin schrieb "Deutschland schafft sich ab", da meinte er nicht, daß es bald keine Menschen mehr gibt, die die Staatsangehörigkeit "Deutsch" im Pass haben, oder die sich selber als "Deutsche" bezeichnen würden. Sondern er meinte damit, daß sich die ethnische Gruppe mit deutschem kulturellem Hintergrund abschafft. Es ist nämlich ja die Frage, inwieweit die Menschen, die aus Familien mit Migrationshintergrund stammen, sich so anpassen (assimilieren), daß sie am Ende einen deutschen kulturellen Hintergrund haben. In der Vergangenheit (vor mehr als 100 Jahren) ist das ja oft passiert, daß Franzosen, Polen oder andere nach Deutschland kamen... die aber heute den deutschen kulturellen Hintergrund so vollständig assimiliert haben, daß man sie von Deutschen gar nicht mehr unterscheiden kann.

Das scheint aber bei den neuesten Einwanderungswellen eben NICHT zu passieren. Es mag zwar sein, daß diese Menschen sagen "ich bin deutsch" oder "hier ist meine Heimat", sie sind aber kulturell keine Deutschen, sondern kulturell sind sie Türken geblieben. Das ist ein Trend, der gerade in der zweiten und dritten Generation zunimmt.

Wie problematisch so etwas aber ist, kann man schon an den politischen Ereignissen der letzten Zeit erkennen. Da erinnern sich auf einmal ukrainische Russen daran, daß sie ja keine Ukrainer sind, sondern Russen, und daher Rußland beitreten wollen... und das Land steht vor dem Bürgerkrieg. Fast die Hälfte der Schotten meinen, sie wären so wenig britisch, daß sie nicht mehr zu Großbritannien gehören wollen... na gut, einen Bürgerkrieg werden sie wohl deswegen nicht anfangen. Aber in vielen anderen Ländern entstehen Bürgerkriege oder unfriedliche Auseinandersetzungen anderer Art eben dadurch, daß die Menschen der jeweiligen Länder nicht eine Masse mit weitgehend homogenem kulturellem Hintergrund sind. Es ist daher sehr kritisch zu sehen, wenn hiesige Einwanderer in größerer Anzahl ihren Herkunftskulturen verhaftet bleiben... wie das bei vielen Muslimen der Fall ist.

Der Aussage Sarrazins "Deutschland schafft sich ab" wieder einen Einzelfall gegenüberzustellen, in dem eine Person mit Migrationshintergrund sagt: "Aber ich bin doch deutsch", geht daher voll am Thema vorbei, und ist genauso lächerlich, wie der Versuch, Sarrazins Aussage, daß Muslime statistisch stark erhöht problematische Bildungskarrieren haben, damit entkräften zu wollen, daß es Muslime mit Abitur oder gar akademischem Abschluß gibt.

Wem der Song aus musikalischen Gründen gefällt, gegen den ist nichts zu sagen, die Geschmäcker sind halt verschieden, und jeder hat seinen eigenen (eine musikalische Hochglanzleistung scheint es mir allerdings nicht zu sein)... wem der Song aber aus inhaltlichen Gründen gefällt, vom Text her, dem muß man leider sagen, daß er die Thesen Sarrazins überhaupt nicht begriffen hat. Die Macher des Songs haben sie ja auch nicht begriffen, aber das ist denen egal, denn viel Geld kann man sicher auch damit machen, wenn man an Sarrazin voll vorbeiredet oder seine Thesen völlig verdreht.