Nur noch eine Currywurst pro Monat: Diese Schlagzeile war vor kurzem auf der sogenannten Bild-Zeitung zu sehen, der auflagenstärksten Boulevardzeitung in Deutschland. Im Untertitel fragt man: Wird Currywurst bald endgültig aus den Kantinen verbannt? Im Artikel wird von einem brisanten internen Dokument zitiert, wonach der Fleischkonsum auf maximal 10 Gramm am Tag sinken soll, weniger als eine Scheibe Mortadella. Das rechnete die Bild für die Zuschauer um, sodass man lediglich eine große Portion Currywurst pro Monat essen dürfte. Das ist weit weg von den 1,1 Kilogramm, die Männer derzeit jede Woche essen. Bei den Frauen ist es nur knapp halb so viel, jedoch immer noch fast doppelt so viel, als die 10 Gramm pro Tag, wenn man es hoch rechnet.

Was ist dran an dieser Schreckensmeldung? Grundsätzlich stimmt es tatsächlich, dass die Deutsche Gesellschaft für Ernährung ihre Empfehlung verändern möchte: Bisher lag die empfohlene Höchstmenge bei 600 Gramm pro Woche, das entspricht rund 86 Gramm pro Tag. Ebenfalls richtig ist, dass sie neben den gesundheitlichen Folgen dabei auch die Nachhaltigkeit im Blick hat, wozu auch der Einfluss auf den Klimawandel zählt. Festgelegt war das zum Zeitpunkt des Berichts allerdings nicht, es handelt sich bislang nur um einen Entwurf, der intern diskutiert wurde.

Am Ende behauptet die Bild, es gäbe kaum Belege für den Nutzen der Umweltfreundlichkeit, also das weniger Fleischkonsum nachhaltiger sei. Das ist leider völlig falsch und das schreibt die Bild sogar selbst: In diesem Artikel hat eine Redakteurin erzählt, dass sie - Überraschung - wegen dem schlechten Einfluss auf den Klimawandel auf Fleisch verzichtet. Der Ressourcenverbrauch von tierischen Produkten ist leider generell viel höher, als von pflanzlichen Nahrungsmitteln. Und das liegt nicht nur an den Treibhausgasen, sondern auch am Verbrauch von Wasser, Landfläche und Energie, die man für die Produktion aufwenden muss. Kurzum die gesamten Auswirkungen auf die Umwelt, die entstehen, um tierische Lebensmittel zu produzieren. Fleisch ist hier weit vorne, aber nicht als einziges Lebensmittel betroffen.

Es ist mittlerweile bestens belegt, dass die intensive Landwirtschaft starke negative Auswirkungen auf die Artenvielfalt hat. Das ist nicht nur für die Tiere ein Problem, sondern auch für uns Menschen: Jedes Tier ist Teil des Ökosystems. Sterben beispielsweise die Insekten aus, können Pflanzen nicht mehr bestäubt werden - ein Zusammebruch der Nahrungsnetze droht. Wir verbrauchen derzeit mehr als doppelt so viele Ressourcen, als regenerativ nachwachsen können. Darüber hinaus ist die massive Umweltverschmutzung schon jetzt ein Problem, das vor allem ärmere Länder im Ausland trifft.

Die Bild vermischt hier also wahre Tatsachen mit Halbwahrheiten, um Stimmung zu machen. Denn auch das Currywurst-Verbot droht, wenn überhaupt, dann nur bedingt: Der Vorschlag ist und bleibt eine Empfehlung. Höchstens für Kantinen wäre das ein Anlass, ihre Tagesgerichte anzupassen, damit weniger Fleisch serviert wird beziehungsweise die Gäste aus Alternativen wählen können, wenn es Fleisch als Tagesgericht gibt. Ansonsten kann jeder so viel Currywurst und Fleisch essen, wie er möchte. Das war auch schon mit der vorherigen Empfehlung von 600 Gramm pro Woche möglich. Viele Deutsche haben die ja auch ignoriert und mehr als ein Kilogramm davon pro Woche konsumiert - also fast das Doppelte der bisherigen maximalen Empfehlung. Kann und darf jeder weiterhin machen, ob das allerdings gesund und nachhaltig für unseren Lebensraum ist, das ist ein ganz anderes Thema.
https://youtu.be/sqxDj2cASh8

Quellen
https://www.bild.de/politik/inland/p...5944.bild.html
https://www.bild.de/storytelling/201...2634.bild.html
https://www.berliner-zeitung.de/news...hutz-li.353419