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  1. #1
    Avatar von Cherry Lou
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    Standard Ein Thread zum Status quo: Naturschutz

    (Verschoben aus dem Smalltalk-Bereich, weil vlt. nicht "small" genug. Hätte ich ja fast vergessen.)

    [Philosophie][Melancholie]Mit Staunen und geradezu schockiert habe ich vor zwei Wochen folgende Rede durchgelesen:

    Rede von Ursula Hudson von Slowfood Deutschland e.V.

    Das hat mich doch sehr nachdenklich gemacht. Wieder einmal wurde mir klar, wovor wir ach so zivilisierten Westmenschen tagaus tagein die Augen verschliessen. Es geht um Lebensmittelproduktion und Konsum und damit natürlich vor allem um Umwelt.


    In der Rede finden sich viele Aussagen und Zahlen, die obwohl sie vielleicht gar nicht so neu sind, einen beim Lesen doch erschrecken können. Damit ihr's nicht durchlesen braucht, ein paar Anmerkungen zu ausgewählten Passagen:

    "Wir verlieren jede Minute fruchtbare Böden in einer Ausdehnung von 30 Fußballfeldern. 1/3 der Böden weltweit ist bereits degradiert. Doch kommen nach wie vor 95% unserer Lebensmittel aus Böden."

    Ganz ähnlich liest man doch auch immer wieder, dass jede Minute soundsoviel tausend Quadratmeter Regenwald verschwinden, oder? Manchmal verstehe ich gar nicht, wie es überhaupt möglich ist, dass wir nicht alle längst selbst dem Erdboden gleichgemacht sind. Wenn das stimmt, was Frau Hudson sagt, und ich glaube es jetzt einfach mal, dann muss aus immer weniger gesundem Boden immer mehr Essen für immer mehr Menschen herausgeholt werden. Ich bekomme es mit der Angst zu tun allein bei dem Gedanken.

    Gerade vor diesem Hintergrund bin ich zunächst verblüfft und positiv überrascht von dieser Aussage:

    "Weltweit produzieren wir heute so viele Lebensmittel, dass sie für 12 Milliarden Menschen auf der Erde ausreichen würden – doch es landen bis zu 50% davon im Müll."

    Das heißt also, wir benutzen (wahrscheinlich ist "benutzen" genau das richtige Wort) den uns zur Verfügung stehenden, immer knapper werdenden Agrarboden und machen daraus sogar mehr Essen als wir aktuell benötigen. Aber dann gleich wieder der Schlag ins Gesichtr: Wir verteilen das Essen sehr ungerecht, und die, die es kriegen, würdigen es so wenig, dass sie es gleich wieder wegwerfen. Das ist traurig. Ich selbst versuche, viele Rohzutaten, zum Teil sogar vom MArkt zu kaufen, und alles auch zu verwenden, ehe ich was neues kaufe. Die Zahl "bis zu 50%" kann ich mir eigentlich schlecht vorstellen - wie sehr muss man denn den Bezug zu Essen verloren haben und wie gleichgültig muss man denn geworden sein, um so viel einfach wegzuwerfen? (genau das gibt Frau Hudson in der anschließenden Aufzählung eigentlich zu verstehen, wenn ich recht sehe)

    "Sie verbessern die Maschinengängigkeit, erhöhen die Ausbeute und geben den verloren gegangenen Geschmack oder die Farbe zurück. Dies täuscht eine große Vielfalt von Lebensmitteln vor. Beim näheren Betrachten unterscheiden sich die Produkte jedoch nur durch die Farbigkeit der Etiketten."

    Das was für mich äußerst frappierend. Ich habe bisher nicht darüber nachgedacht, dass wenn man Lebensmittel wie mit einem Baukasten zusammensetzt, das entstehende "Lebensmittel" einfach eine "natürliche" Hülle für ein unnatürliches Inneres hat und dass dieses Innere sein kann, was es will (aus Sicht der auf Kosten und Effizienz bedachten Industrie), solange es nach dem schmeckt, was es laut Etikett sein soll (aus Sicht von uns, den ignoranten Konsumenten). Da verlierre ich sogar meinen "Wenigsten eine Gurke ist doch wohl hoffentlich noch eine Gurke"-Optimismus.

    "Es gibt, und wir wissen das alle, kein Wirtschaftsmodell, in dem es möglich ist, in großer Menge billige Lebensmittel zu produzieren, ohne dabei die Umwelt zu zerstören."

    Das ist ein klarer Satz mit aufrüttelnder Wirkung. Ich fühle mich erinnert an ganz früher und meinen Wirtschaftsunterricht, wo es hieß, es gäbe nur das sog. "Maximalprinzip" und das "Minimalprinzip", aber eben niemals das "Min-Max-Prinzip", weil letzteres bedeuten würde, mit möglichst wenig Aufwand möglichst viel zu (er)schaffen. Mir kommt es heute so vor, als würden wir das im Alltag oft vergessen, und gerade in Aldi, Lidl und Co. wird uns ja ständig behauptet, man könnte beste Qualität zum "kleinen Preis" bekommen. Wir leben diese Lüge inzwischen eifrig mit, fürchte ich.

    Frau Hudson erklärt also (recht fundiert), dass das Gesamt-Bild bis auf jeden Einzelnen von uns herunter zu brechen geht, dass die großen industriellen Verbrechen viel damit zu tun haben, wie jeder einzelne von uns handelt ... (versteht ihr, was ich meine?)

    -------------------------------------

    Aktuelle Notiz noch dazu:

    Die Beschlüsse, die auf dem Pariser UN-Klimagipfel gefasst wurden, halte ich für ein positives Signal in der ganzen Geschichte.

    Hier kann man nachlesen, welche es sind:

    Ergebnisse Klimaabkommen Paris 2015

    -------------------------------------

    ... und mit diesem offenen Gedanken möchte ich diesen langen Text dann doch auch mal schließen. Was meint ihr? Ist das ein bisschen Small Talk wert?[/Philosophie][/Melancholie]

    IMmmer noch: nachdenkliche Grüße
    Und trotzdem: Frohes Neues allerseits!

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  3. #2
    Avatar von DMW007
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    Standard AW: Ein Thread zum Status quo: Naturschutz

    Der Konsument wirft nicht die Hälfte seiner Einkäufe weg, zumindest nicht direkt. Grade bei Gemüse wird schon bei der Ernte viel vorsortiert. Beispielsweise Kartoffeln oder Salatköpfe die zu klein sind werden gar nicht erst abgeerntet, teilweise sogar wegen EU-Verordnungen. Bei Salat ist es extrem, da bleibt teilweise schon 1/3 der gesamte Ernte auf dem Feld liegen. Dann verdirbt auch immer mal wieder etwas, weil wir ja dank Globalisierung verderbliche Lebensmittel vom anderen Ende der Erdkugel importieren. In den Märkten für den Endkunden wird auch einiges weggeworfen. Die Regale sollen schließlich bis kurz vor Ladenschluss voll sein - Natürlich mit makelloser Ware, den Apfel mit der Druckstelle will ja keiner kaufen. Somit landet er früher oder später in der Tonne. Dazu kommt dann noch der Konsument, der mehr kauft als er braucht. Oder das Mindeshaltbarkeitsdatum zu genau nimmt.

    Folgen für die Umwelt

    Das große Problem dabei ist, dass die Produktion von Lebensmitteln viele Ressourcen verbraucht. Am meisten Fleisch: Die Produktion von 1kg Rindfleisch benötigt über 15.000 Liter (!) Wasser. Bananen sind mit rund 900 Litern pro Kilo deutlich genügsamer. Aber da Überproduktion bereits einkalkuliert ist, werden diese Ressourcen durch das Wegwerfen des Lebensmittels verschwendet. Dazu kommt die von dir bereits angesprochene Zerstörung des fruchtbaren Bodens. Mit Pestiziden lässt sich zwar der Ertrag steigern. Aber sie können nicht nur eine Gesundheitsgefahr für den Konsumenten darstellen, sondern erzeugen "Kollateralschäden" für die Umwelt. Im schlimmsten Falle wird der Boden für natürlichen Anbau ohne Chemie unbrauchbar.

    Es betrifft nicht nur Lebensmittel

    Lebensmittel sind ein Paradebeispiel, aber prinzipiell zieht sich das durch fast alle Bereiche unseres Lebens. Es ist nämlich ein Problem unseres Systemes, dass Umweltschutz ökonomisch keinerlei Vorteile bietet. Im Gegenteil: Ein Produkt das zu lange hält ist eine Tragödie fürs Geschäft, weil der Markt irgendwann gesättigt ist. Die Wirtschaft hat also ein Interesse daran uns mehr Artikel zu verkaufen, welche wiederum möglichst schnell kaputt gehen oder als veraltet gelten, damit wieder gekauft werden muss. Auch das Schadet natürlich der Umwelt, weil viel Müll erzeugt und für die Produktion der Gegenstände endliche Rohstoffe verbraucht werden.

    Kurz zusammengefasst ist es einfach Wahnsinn, was wir da praktizieren: Wir streben ständigem Wachstum auf einem Planeten an, dessen Ressourcen limitiert sind und den wir bereits JETZT schon zu 150% belasten. Das kann langfristig nicht gut gehen. Wenn ich aus einer Spardose mehr Geld herausnehme als ich reinlege, ist sie früher oder später leer. Ich habe den Eindruck, den meisten Menschen ist es egal. Nach dem Motto: Es hat bisher funktioniert, warum soll es das jetzt also nicht mehr? Das Problem ist: Wir zerstören den Planeten schon seit Jahrzehnten, die Folgen kommen aber erst im Nachhinein und selbst das schleichend, weil die Erde eben extrem groß ist.

    Entwicklung in der Zukunft

    Daher wird sie das auch noch einige Jahre mitmachen. Aber bei der Geschwindigkeit mit der wir sie zerstören nicht mehr besonders lange. Leidtragende werden wahrscheinlich schon die nächsten Generationen sein. Ein Leben nach unserem derzeitigen Lebensstandard werden die nicht führen können. Stattdessen dürfen die den Mist ausbaden, den die vorherigen Generationen angerichtet haben. Ob und wie das für die Menschheit ausgeht weiß kein Mensch, weil wir die Erde noch nicht all zu oft zerstört haben und es daher keine Erfahrungswerte gibt. Im schlimmsten Falle ist halt demnächst Schluss mit der Menschheit, das wäre für den Planeten aber wahrscheinlich sogar das Beste.

    Denn sind wir mal ehrlich: Umweltschutzorganisationen & co. schön und gut, aber das kommt nicht bei der breiten Masse an, und genau DA klemmt es ja. Was glaubst du wie die Wirtschaft über Nacht reagieren würde, wenn nur 1/3 der Konsumenten z.B. kein nicht nachhaltig produziertes Fleisch mehr kaufen würden? Das wird aber nicht passieren, weil das bis heute eine Minderheit ist und wohl auch bleibt. Ich sehe derzeit keine ernsthafte und nachhaltige Lösung für dieses Probleme, außer eine dementsprechende Veränderung des Systemes, dass Preise deutlich stärker von den Folgen für die Umwelt abhängig sind. Dann braucht das Wort Umweltschutz nämlich gar nicht mehr fallen, weil der dümmste automatisch das umweltfreundlichere Produkt wählt, um zu sparen. Davon sind wir im Moment sowas von Weit enfernt, weiter geht wohl gar nicht. Der Konsument muss nämlich für Bio-Produkte EXTRA bezahlen.

    Zum Schluss noch einen Verweis auf das Thema Schönheitswahn bei Gemüse, da hat vor einigen Monaten auch jemand festgestellt, welche Ausmaße die Lebensmittelverschwendung in Deutschland für Ausmaße angenommen hat.


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  5. #3
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    Standard AW: Ein Thread zum Status quo: Naturschutz

    Gerade zwischen Tür und Angel (ist schließlich Samstag und man will auch mal was erleben), aber zuallererst mal:

    Danke für deine Antwort, DMW!

    Was du sagst, scheint mir alles wichtig und richtig zu sein. Ich erinnre mich an ne Folge John Oliver, die ich ziemlich gut fand und die auch einiges zum dem Thema zu sagen hat (halt aus amerikanischer Sicht, aber nicht dass uns da snicht betreffen würde:

    Happy Food Waste?!

    Frohes Neues noch(mal) allerseits - und bin gespannt, ob hier noch weitere so interessante Diskussionsbeiträge folgen

    Grüße CL

  6. #4
    Avatar von VW Kaefer
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    Standard AW: Ein Thread zum Status quo: Naturschutz

    Bei diesem Thema geht es letztendlich darum, Verantwortung zu übernehmen. Und zwar recht langfristige, die momentan kaum sichtbar ist. Das ist wohl auch das Problem, wieso kaum einer bereit ist, sie zu übernehmen: Keiner zeigt mit dem Finger auf den Einzelnen. Wenn überhaupt ist das Kollektiv schuld, zu dem man die Mehrheit der Menschen zählen kann. Und selbst das passiert momentan noch nicht mal, da die Zerstörung noch nicht weit genug fortgeschritten ist, damit wir dessen Auswirkungen massiv im Alltag spüren. Das erinnert mich an die Geheimdienst-Überwachungsskandale. Dort trägt meist auch keine konkrete Person die Verantwortung für Rechtsverletzungen, sondern es heißt "Das war die NSA" oder "Der BND ist Schuld".

    Ich denke die Umweltverschmutzung muss massive Folgen für ganze Länder haben, damit etwas passiert. Denn so handelt ja der Mensch: Fällt einem das Dach auf den Kopf wird was dagegen getan, vorher ist man froh, dass keiner hochklettern braucht. Vollständig rückgängig machen werden wir die Zerstörung aber keinesfalls können. Das ist jetzt schon nicht mehr möglich. Bis in XX Jahren wenn wir den Wert der Erde erkannt haben, wird diese Zerstörung noch viel weiter fortgeschritten sein.

  7. #5
    Avatar von Cherry Lou
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    Standard AW: Ein Thread zum Status quo: Naturschutz

    Das Verrückte ist doch: Wie können wir den Wert der Erde verkennen, wo wir doch nur diese eine Erde haben? Mal ehrlich: Ob die Menschheit wirklich ins All auswandern können wird, können wir von unserem augenblicklichen Standpunkt aus wirklich nicht vorhersehen. KOmisch, oder? Jeder will seine eigene Wohnung aufgeräumt haben und die Straße vor seiner Haustür gekehrt, aber den eigenen Planeten schützen .... vielleicht können wir so weit gar nicht denken?

    Zum Theme "weiter denken" noch einmal ein Hinweis zu Deiner Bemerkung, DMW:

    "Leidtragende werden wahrscheinlich schon die nächsten Generationen sein."

    Ehrlich gesagt, das fürchte ich auch. Wenn ich lese, wieviele Fußballfelder Regenwald täglich verschwinden und wo überall irgendwelche Landstriche veröden, wie viele Tierarten pro Tag aussterben und so weiter, dann kommt mir der unangenehme Gedanke: Auch wenn wir es immer noch nicht so richtig merken, der wirkliche Lebens-Raum (also der zum Leben geeignete Raum) wird immer weniger bei immer mehr gleichzeitig lebenden Menschen. Ob wir das wirklich allein dadurch lösen können, dass wir immer höhere Gebäude immer enger zusammen bauen? Es muss ja Ackerfläche geben, man kann nicht jeden Quadratzentimenter einbetonieren. Und wir müssen Energie produzieren können, und zwar immer mehr! In einer aktuellen GEO habe ich von einem aktuellen Projekt gelesen, wo Pflanzen (Kräuter, Gemüse) statt auf Ackerboden in ghroßen mehrstöckigen Gewächshäusern gezüchtet werden. Offenbar funktioniert das schon prächtig und es kann eine Menge Wasser eingespart werden, aber: die verschlungene Energie ist um ein vielfaches Höher als jede "natürliche Landwirtschaft". (Würde gerne einen Link anfügen, aber war die Printausgabe.) Das heißt, dass aktuell ein Vorteil immer durch andere große Nachteile erkauft werden muss und eigentlich kein wirklicher Fortschritt da ist.

    Deswegen denke, dass es noch viele wirklich intelligente Forscher und Techniker brauchen wird, um Umweltprobleme wenigstens im Ansatz zu lös... äh weniger schlimm zu machen.
    Hm. (Das sind jetzt keine total ausgereiften Gedanken, ich weiss)

    ------------------------------------------------

    Update 2016-01-14: Grade entdeckt, dass man mit dem Klimagipfel auch ganz gut werblich interagieren kann. Na, eine clevere Idee ist das schon - und vielleicht hilft's ja?

    ------------------------------------------------
    Geändert von Cherry Lou (14.01.2016 um 18:30 Uhr)

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    StarWarsFan (23.01.2016)

  9. #6
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    Standard AW: Ein Thread zum Status quo: Naturschutz

    Ich denke, dass wir hauptsächlich durch unser Wirtschaftssystem ich sage mal geblendet werden. Denn im Kapitalismus wird der Wert einer Ware ja eben nicht daran gemessen, wie selten deren Rohstoffe sind oder wie stark der Mensch oder gar die Umwelt durch die Produktion dieses Gegenstandes geschädigt wird. Sondern lediglich durch Angebot und Nachfrage. Aktuell sehen wir das sehr schön am Beispiel des sinkenden Benzinpreises: Die Verbrennung von fossilen Brennstoffen schadet der Umwelt. Bei der Förderung entstehen immer wieder schwere Unfälle, die zur Verseuchung riesiger Gebiete führen. Die Liste ist lang. Und auch wir Menschen leiden darunter, wenn wir die vollkommen verqualmte Luft in den Städten einathmen. So gesehen müsste Benzin langfristig teuer sein. Dennoch ist Kraftstoff so billig wie nie, weil der Markt mit einem hohen Angebot überflutet wird. Aber denkt an so was der durchschnittliche Autofahrer, der morgens seine 1 oder 2km zum nächsten Bäcker mit dem PKW zurücklegt? Offensichtlich nicht, zumindest die Mehrheit nicht...

  10. #7
    Avatar von Cherry Lou
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    Standard AW: Ein Thread zum Status quo: Naturschutz

    Hallo Star Wars Fan!

    Erstmal - schon gesehen: How it should've ended?

    Zu Deinem Einwurf mit dem billigen Ölpreis:

    In der Spiegel-Ausgabe vom 16.01. (Titel "Staats(ohn)macht") ist ein kurzer Essay zum Thema Erdöl drin, überschrieben mit "Ende eines Zeitalters". Da drin wird was interessantes gesagt, das Deine Aussage bestätigt und zugleich nicht bestätigt. Nämlich:

    - Der Preis sei so günstig (30 Dollar / Barrel, oder ist er schon wieder niedriger?), weil derzeit mehr Öl gefördert wird als weltweit nachgefragt wird. Das heißt, wir haben Ölüberschuss, das heißt, wir haben die Nachfrage-Angebots-Regelung des freien Marktes, okay.
    - Aber: Die Nachfrage unterliegt dem Angebot nicht deshalb, weil ausgefuchste Tehcniken wie Fracking einfach eine erhöhte Produktion erlauben, sondern weil weltweit, so der Artikel, ein ökologisches Umdenken stattgefunden hat.


    IN dem Essay werden folgende Daten an die Hand gegeben:
    Europa, Nordamerika und Japan verbrauchen immer weniger Öl. In Deutschland ist in den letzten zwei Jahrzehnten trotz einer Steigerung der Wirtschaftsleistung "um fast ein Drittel" der Ölverbrauch um 17 Prozent gesunken (auch heizen die Deutschen wohl kaum noch mit Öl, sondern setzen vermehrt auf Wärmepumpen und Gas). Kraftfahrzeuge werden - sogar solche Modelle wie SUVs - immer mehr auf effizienten Spritverbrauch getrimmt, und riesige Städte wie Rom oder Peking legen Regelungen auf, die den Verkehr in der Innenstadt eindämmen, um die Luftverschmutzung einzudämmen (in Deutschland haben wir ja schon ganz ähnliche Regelungen mit der grünen Plakette, die Autos haben müssen, um z.B. durchs Zentrum fahren zu dürfen).

    All das macht Hoffnung, dass trotz der von dir angesprochenen - kapitalistischen - Probleme ein Umdenken auf globaler Ebene stattfindet. Das Movement ist vielleicht sogar weitaus größer als der einzelne unreflektierte Deutsche, der mit dem Auto zum Bäcker nebenan kurvt - und um noch eine Vermutung hinzuzufügen, die Generation der 25 bis 35 Jährigen von heute versucht scheinbar sogar, aufs Auto zu verzichten. Ich habe einige Freunde in dem Alter, die sich aus den Motorisierungs-Statussymbolen ihrer Elterngeneration nicht so viel machen, und ich denke, auch so etwas ist Teil des großen Ganzen der Nachfrage, was Einfluss auf den Ölpreis nimmt.

    Natürlich darf fairer Weise auch nicht vergessen werden: Dass der Verbrauch von Öl / Sprit für viele Unternehmen und auch für Bereiche wie die Logistik (aktuell noch) einfach Existenzgrundlage ist. Es müssen eben Waren hin und her verschifft und gefahren werden, und das sorgt natürlich dafür, dass es in bestimmten Branchen einfach die Nachfrage nach Öl unverändert gibt (und diese Leute freuen sich natürlich noch über die Preislage). Jeder Bereich hat seine speziellen Bedürfnisse - immerhin gibt's auch Industrien, in denen "Repeater" benötigt werden, auch wenn ich dir nicht genau sagen könnte, was genau so ein Gerät anstellt. ("Erhöht die Reichweite von seriellen Geräten" ... I see ;-)) Bald könnte Öl ein ebenso spezielles Nischenprodukt für spezielle Industrien sein wie ein "Repeater". Entsprechend schließt der Spiegel-Artikel mit:

    "Ob Öl, Diesel oder Benzin gerade billiger oder teurer sind - es wird die Bürger bald nicht mehr sonderlich interessieren. Sorge muss ihnen vielmehr bereiten, was aus den alten Förderstaaten mit ihrer jubngen Bevölkerung wird. Wenn sie ihre Haupteinnahmequellen verlieren, kann die Lage (dort) schnell kippen."

    Aber nun. Um der Hoffnungslosen willen ist uns die Hoffnung gegeben, oder?
    LG

  11. #8
    Avatar von Fritz
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    Standard AW: Ein Thread zum Status quo: Naturschutz

    In unserer Kapitalistischen Gesellschaft ist alles Rendite orientiert. Das bedeutet, wenn jemand etwas tut muss es sich Rentieren. Tun ohne Rendite wird als Soziale Tat bewertet.
    Im Alltag bedeutet das, wenn ein Kunde sein Kaufverhalten verändern soll, muss er einen Vorteil haben, sonst verändert er nichts. Bietet man also dem Kunden BIO Produkte günstiger an, wird er zugreifen. Ein Landwirt produziert Lebensmittel um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Wenn man z.B. möchte, dass Legehühner mehr Platz bekommen, muss man dem Bauern nur einen Vorteil, z.B. Geld oder höheren Umsatz geben und schon wird es geschehen. Das bedeutet, wer mit der Massentierhaltung und dem verderben von Grundwasser durch Düngemittel nicht einverstanden ist, muss bereit sein zukünftig für Lebensmittel mehr auszugeben.

    Beispiel: Stundenlohn 8,50€ : 0,55€/Liter Milch = 15,45 Liter Milch/ Stunde
    Kostet der liter Milch 1,-€ und du möchtest die gleiche Milchmenge, 15,45 liter, haben (15,45l x 1,-€/l=15,45€,5€=1,82Std) wirst du zukünftig 1,82 Stunden für die gleiche Milchmenge arbeiten gehen.

    Nun kannst du entscheiden, weniger Milch trinken oder mehr arbeiten gehen.
    In unserer Konsumgesellschaft würde dieses als Rückgang des Wohlstands gewertet werden. Folglich werden Kühe optimaler ausgebeutet um noch günstigere Milch auf den Markt zu bringen.

    Wenn du selbst diesen Kreislauf durchbrechen möchtest, was möglich ist, musst du mit deiner Milchkanne zum Bauern gehen. Dort kannst du die Qualität der Milch ohne Tetrapack begutachten und dem Bauern das Geld direkt geben. Wenn du dem Bauern 0,55€/liter wie im Supermarkt bezahlst, hat der Bauer mehr erlöst wie mit dem Weiterverkauf seiner Milch.

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    John Gotti (24.02.2016)

  13. #9
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    Standard AW: Ein Thread zum Status quo: Naturschutz

    Klar hat der Bauer mehr vom Direktverkauf, weil die ganze Vertriebskette vom Großhandel bis hin zum Supermarkt wegfällt. Das Problem sehe ich wie von dir beschrieben darin, dass für die breite Masse ein Anreiz notwendig ist. Und genau den kann es bei hochwertigen Lebensmitteln ja nicht geben, da die Billigprodukte für die Meisten der Normalstand sind. Diese Lebensmittel sind nur so billig, weil die Qualität minderwertiger ist und die Umwelt darunter leidet. Ein Bauer der auf Qualität statt Quantität achtet wird im besten Falle weniger Produzieren bei gleichem Aufwand. Im schlimmsten Falle hat er weniger Ertrag bei höherem Aufwand. Somit müssen seine Produkte teurer sein, weil er mehr investiert.

    Ich habe den Eindruck, mindestens 90% der Kunden denken darüber gar nicht nach. So nach dem Motto: Was es im Supermarkt gibt muss doch gut sein bei unseren Standards. Nur ist es so, dass unsere Standards keine nachhaltige Produktion garantieren. Und auch keinen Verzicht auf bedenkliche Techniken wie z.B. Genfleisch, dessen Langzeitfolgen überhaupt nicht klar sind. Oder Tiere vollgepumpt mit Medikamenten. Das hat auf den Konsument erst mal auch keine Auswirkungen, zeigt sich aber wenn er z.B. die Grippe bekommt.

    Die einzige Lösung die ich hier sehe sind staatliche Subventionen. Und darauf ist wohl nicht viel zu hoffen wenn man sieht, wie der Staat jetzt bereits die Überproduktion von minderwertigem Billigfleisch subventioniert. Durch die Förderung von Bio würde er dem Volk zwar etwas gutes tun, aber sich ein Stück weit selbst Konkurrenz machen. Leider eine Düstere Situation mit eben so düsterer Zukunft!

  14. #10
    Avatar von Cherry Lou
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    Standard AW: Ein Thread zum Status quo: Naturschutz

    Danke für Deine Antwort, John Gotti. Dass 90% der Kunden über solche Sachen "gar nicht" nachdenken, mag ich ungern glauben, weil ich im persönlichen Umkreis gott sei Dank einige andere Erfahrungen mache.

    Aber im Großen und Ganzen ist es natürlich so, dass Reflexion und die Fähigkeit dazu eher zu wünschen übrige lässt und sich einige Leute lieber von Medien und Konsumglück betäuben lassen, statt über die Konsequenzen ihres Luxus nachzudenken.

    Kennt hier jemand ... slaveryfootprint.org?

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