IPv4 und IPv6 verständlich erklärt

IPv4 und IPv6 verständlich erklärt

Einführung in IPv4 und IPv6

IPv4 und IPv6 sind zwei Begriffe, mit denen der durchschnittliche Internetnutzer eher wenig anfangen kann – im besten Falle hat man sie irgendwo schon einmal gehört oder gelesen, aber kaum jemand kann sich etwas darunter vorstellen. Viele wissen daher auch nicht, dass sie für das Internet von essenzieller Bedeutung sind: Dank IPv4 kann der Leser diese Zeilen lesen. In diesem Artikel wird erklärt, was IPv4 bzw v6 ist und worin der Unterschied zwischen beiden besteht.

IP-Adressen – Die Grundlagen für internetbasierte Kommunikation

Wir sind es gewohnt, Internetadressen über sogenannte Domains wie beispielsweise U-Labs.de oder Google.de anzusprechen. Sie sind für einen Menschen leicht zu merken und daher bequem nutzbar. Von Computern lassen sich Zahlen maschinell aber aus diversen Gründen besser verarbeiten. Dafür wird das Internet-Protokoll, kurz IP, genutzt. Dem Zielcomputer wird eine einzigartige IP-Adresse zugewiesen, unter dieser er erreichbar ist. Vergleichbar mit einer Postanschrift, die zum Wohnsitz einer bestimmten Person führt. Rufen wir beispielsweise die Seite google.de auf, wird die Domain in eine IP-Adresse übersetzt. In diesem Fall 173.194.112.47. Zu dieser IP wird eine Verbindung aufgebaut und die Startseite von Google angefordert. Die Antwort besteht aus der gewünschten Seite, welche durch den Internetbrowser dargestellt wird. IPv4 steht somit für Internetprotokoll in der Version 4 und IPv6 für Version 6. Um zu verstehen warum es zwei Versionen des Protokolles gibt, ist ein kleiner Ausflug in die Geschichte des Internets notwendig:

IPv4 entstand in den frühen 1980er Jahren, als das Internet noch in den Kinderschuhen steckte. Computer waren noch vergleichsweise teuer und daher wenig verbreitet. Eine IPv4-Adresse besteht aus 4 Blöcken, die durch Punkte voneinander getrennt werden. Jeder Block kann einen numerischen Wert im Bereich 0 – 255 annehmen. Insgesamt deckt es damit einen Adressraum von insgesamt maximal rund 4,3 Milliarden IP-Adressen ab. In Anbetracht der damals geringen Anzahl an Computern erschien dies eine sehr große Anzahl, die niemals erreicht werden würde.

Mittlerweile sind Computer jedoch zu einem alltäglichen Gebrauchsgegenstand geworden. Aber auch andere Geräte wie Smartphones oder Tablets befinden sich im Internet und müssen mit IP-Adressen versorgt werden. Tendenz steigend, denn in modernen Haushalten kommen immer mehr internetfähige Geräte dazu: Kühlschränke, die via Internet Lebensmittel bestellen können oder Heizungsanlagen welche anhand des Wetterberichtes die Raumtemperatur anpassen sind nur einige Beispiele. Kurz: Die 4,3 Milliarden sind langsam aber sicher ausgeschöpft.

IPv6 soll diese Probleme durch einen deutlich größeren Adressraum lösen: 340 Sextillionen (2^128) einzigartige IP-Adressen sind möglich. Damit könnten jedem Quadratzentimeter der Erde mehr als 665 Billiarden IP-Adressen zugewiesen werden – also mehr als genug, um für die große Anzahl internetfähiger Geräte im Smart-Home der Zukunft bestens gerüstet zu sein. Da IPv6 deutlich mehr Kombinationsmöglichkeiten bietet, sind die Adressen allerdings deutlich länger. Ein Beispiel: 2001:db8:85a3::8a2e:370:7344 Neben dem erweiterten Adressraum bringt IPv6 aber noch weitere Änderungen mit sich: Jedes Gerät kann sich selbst eine einzigartige IP vergeben, ohne dass dies wie bisher über einen zentralen DHCP-Server geschieht. Bei Heimanschlüssel ist dies für gewöhnlich der Router. Darüber hinaus ist das Protokoll performanter und flexibler geworden sowie bietet für Mobilgeräte eine permanente Verbindung. Verbindungsabbrüche die durch den Wechsel des Funkmasten entstehen sollen damit der Vergangenheit angehören.

Allerdings hat IPv6 auch Nachteile, vor allem beim Datenschutz: Durch die unvorstellbar große Menge an Adressen kann jedes Gerät eine einzigartige, dauerhafte IP-Adresse besitzen. Es gibt keinen technischen Grund, diese zu wechseln. Ein Nutzer könnte also alleine über seine IP-Adresse dauerhaft von Internetseiten die er besucht identifiziert werden. Dieser Aspekt ist aber umstritten, da er auf der anderen Seite auch ein Vorteil sein kann. Beispielsweise bei Servern die für dauerhafte Erreichbarkeit unter einer festen IP-Adresse ansprechbar sein sollten. Derzeit wird dies noch mit Diensten wie DynDNS gelöst, die Änderungen der IP dem DNS-Dienst mitteilen, sodass die jeweilige Domain immer auf die derzeitige IP zeigt.

Verbreitung und Kompatibilität der beiden Protokolle

Aktuell (2015) spielt das neue IPv6 Protokoll noch kaum eine Rolle: Der Großteil aller Internetseiten- und Dienste ist noch ausschließlich über IPv4 erreichbar. Ein paar größere Konzerne wie Google oder Facebook bieten bereits IPv6 an, aber das war es auch schon. Ein Hauptgrund für die träge Verbreitung liegt sicher in der nicht nahtlosen Abwärtskompabilität von IPv6 zu IPv4. Das heißt man kann IPv4-Dienste über eine IPv6-Verbindung nicht ohne weiteres nutzen. Dafür ist es nötig, beide Protokolle parallel zu betreiben. Dies wird als Dual-Stack Technologie bezeichnet. Unterstützt der DSL-Anbieter noch kein IPv6, kann alternativ auf ein Tunnelprotokoll zurückgegriffen werden. Durch die Umwandlung leidet allerdings die Geschwindigkeit etwas.

Betriebssysteme sind zwar schon seit Jahren IPv6-Fähig, genau wie die meisten Programme. Sogar Windows XP unterstützt ab dem 2003 erschienenen SP2 das neue Protokoll, nur um dies mal zeitlich einzuordnen. Allerdings trifft dies nicht unbedingt auf die eingesetzte Software zu. Dort sind möglicherweise umfassendere Änderungen nötig, wenn IPv6 bislang nicht eingeplant wurde. Auch nicht alle Hardwarekomponenten unterstützen zwingend das neue Protokoll, sodass hier für einen Wechsel möglicherweise sogar Neuanschaffungen fällig sind. Für Privatpersonen kein großes Problem, in den meisten Fällen müssen dort überhaupt keine Änderungen vorgenommen werden. Aber bei komplexen Infrastrukturen wie sie etwa in größeren Unternehmen zum Einsatz kommen kann ein solcher Wechsel recht aufwändig und teuer werden.

Trichsen mit NAT & co.

Es ist daher nicht weiter verwunderlich, dass die Angst vor den Wechselkosten zu kreativen anderen Ideen geführt hat: Jeder herkömmliche DSL-Anschluss verfügt heutzutage über einen Router, der mit dem DSL-Modem verbunden ist. Das Modem stellt die DSL-Verbindung her, die dank Adressübersetzung (NAT) von allen angeschlossenen Netzwerkgeräten verwendet werden kann. Ein normaler Single-Haushalt mit je einem Computer, Smartphone und Tablet nutzt also 3 Geräte mit einer einzigen IP-Adresse und spart somit 3 IPs. In Haushalten mit mehreren Personen ist die Ersparnis dementsprechend größer. Im Mobilfunknetz erhalten nach außen hin sogar mehrere Geräte die gleiche IP-Adresse. Dies kann jedoch zu Probleme führen, da etwa bei Straftaten der Verursacher nicht eindeutig festgestellt werden kann.

Fazit

Allem zum Trotz werden wir auf Dauer um einen Wechsel von IPv6 nicht herumkommen. Bis der Vorgänger IPv4 endgültig abgelöst wird, werden wir wohl noch eine ganze Weile lang einen Parallelbetrieb der beiden Protokolle erleben. Der normale Nutzer braucht sich darum aber keine ernsten Gedanken machen: Aktuellere Geräte sind bereits heute für IPv6 gerüstet. Im Idealfall wird er nicht mal etwas mitbekommen, wenn sein DSL-Anbieter die Umstellung vorgenommen hat. Interessierte können einen Test durchführen um festzustellen, ob sie möglicherweise bereits IPv6 verwenden.

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