Mehr Werbung auf YouTube: Das sind die Gründe und so wirst du sie los

Mehr Werbung auf YouTube: Das sind die Gründe und so wirst du sie los

Siehst du gefühlt seit einigen Wochen mehr Werbung auf YouTube? Das ist tatsächlich der Fall und hat mehrere Gründe. Dieser Beitrag zeigt nicht nur warum YouTube mehr Werbung zeigt, sondern auch, was du dagegen tun kannst.

Veränderte Rahmenbedingungen: Werbung in Googles Tasche

Werbung ist auf der beliebten Video-Platform YouTube allgegenwärtig – schließlich basiert das Geschäftsmodell darauf, Daten zu sammeln und  mittels Werbung zu verkaufen. In letzter Zeit gab es einige Änderungen, die zu deutlich mehr Werbeeinblendungen für dich als Zuschauer führen:

Früher wurde Werbung erst ab einer Videolänge von 10 Minuten angezeigt – damit die Flut von Reklameclips nicht all zu sehr überhand nimmt. Dies hat YouTube jedoch auf 8 Minuten gesenkt. Und zwar auch rückwirkend. Alle Videos zwischen 8 und 10 Minuten erhalten somit nun Werbung.

Noch wichtiger ist allerdings die AGB-Änderung vom 01. Juni 2021: Seit dem monetarisiert YouTube ALLE Kanäle, auch wenn diese gar nicht am Partnerprogramm teilnehmen. Hierzu muss man wissen, wie man als Kanalbetreiber dort Geld verdienen kann: Wer mindestens 1000 Abonnenten und 4.000 Stunden Wiedergabezeit in den letzten 12 Monaten erreicht hat, kann sich als Partner bewerben.

Wird die Bewerbung akzeptiert, kann man Werbung schalten. Betonung liegt auf kann: Der Kanalbetreiber hatte recht viel Kontrolle. Er konnte sich z.B. dazu entscheiden, Werbung nur für manche Videos zu aktivieren, für andere dagegen nicht. Erst wenn er diese aktivierte, sehen die Zuschauer Werbeclips. Für jede Einblendung davon behält YouTube einen Teil als Provision ein, der Rest fließt an den Kanalbetreiber.

War der Kanalbetreiber nicht Mitglied im Partnerprogramm, enthielten seine Videos auch keine Werbung. Gleiches gilt, wenn der Betreiber zwar Partner ist, aber die Anzeigen bewusst in Videos abschaltete. Beides fällt seit dem 01. Juni 2021 weg: YouTube nimmt sich nun das Recht, selbst dann Werbung zu schalten, wenn der Kanal kein Partner ist. Vor allem kleine Kanalbetreiber sind verärgert: Ihre Videos erhalten nun Werbung, aber sie sehen keinen Cent davon – das gesamte Geld fließt an YouTube. Auch haben sie keine Kontrolle darüber, welche Werbung gezeigt wird, teils sind dies durchaus unseriöse Clips.

Google sucht neue Methoden, um Geld zu verdienen

YouTube möchte damit neue Einnahmequellen erschließen: Der Mutterkonzern Google steht durch die enorme Marktmacht seiner Suchmaschine unter starkem Druck. Viele Länder strafen Google für diverse Fehlverhalten ab. Zunehmend wird sogar über eine Zerschlagung diskutiert. Im Geschäftsbericht von 2020 gibt das Unternehmen an, für die vergangenen drei Jahre rund 7.5 Milliarden Dollar Strafzahlungen geleistet zu haben. Daher möchte sich Google mit YouTube ein finanziell möglichst erfolgreiches zusätzliches Standbein schaffen. Mit anderen Diensten wie z.B. der Google Cloud macht der Konzern über 5 Milliarden US-Dollar Verlust. Daher werden neue Werbeformate getestet, aktuell z.B. Audiowerbung.

Wie kann ich der Werbeflut kostenfrei entgehen?

Doch was kannst du als Zuschauer tun, um nicht von dieser Werbeflut erschlagen zu werden? Am Computer oder Laptop installierst du einfach einen Werbeblocker für deinen Browser. Ich empfehle uBlock Origin. Er ist transparent und blockiert seit geraumer Zeit sämtliche Werbeanzeigen zuverlässig – sowohl Werbeclips im Video als auch Banner, die darüber oder daneben angezeigt werden. Ublock Origin gibt es für alle gängigen Browser: Mozilla Firefox, Chrome, Edge und Opera. Die Erweiterung lässt sich mit wenigen Klicks über dessen Homepage installieren. Danach siehst du keine Werbeunterbrechungen mehr. Dies funktioniert sowohl unter Windows als auch Linux oder MacOS.

Auf dem Smartphone kommt es darauf an, welches Betriebssystem ihr verwendet. Am besten bzw. komfortabelsten geht es unter Android: Hier ladet ihr euch einfach die alternative YouTube-App NewPipe herunter. Sie entfernt die Werbung und bietet eine Reihe zusätzlicher Funktionen wie z.B. den Schutz eurer Privatsphäre, die Wiedergabe von Videos im Hintergrund oder die Möglichkeit, Videos herunterladen zu können.

Allerdings sieht YouTube das natürlich nicht gerne, schließlich ist Werbung ihre Haupteinnahmequelle. Daher findet ihr NewPipe leidet nicht über den Google Play Store. Zur Installation müssen auf dem Gerät einmalig fremde Quellen aktiviert werden – verantwortungsbewusst eingesetzt ist dies kein Sicherheitsrisiko. Am besten nutzt ihr einen freien AppStore wie F-Droid. Dadurch wird NewPipe mit Aktualisierungen versorgt und funktioniert dadurch immer höchstmöglich.

Auf iPhones und iPads gibt es keine alternative YouTube-App wie NewPipe. Apple erlaubt diese nicht im AppStore und hindert die Nutzer daran, andere AppStores zu verwenden. Die einzige Möglichkeit ist einen Browser mit integriertem Werbeblocker zu installieren, wie etwa Brave. YouTube lässt sich dann nur in diesem Browser über die mobile Seite nutzen – eine native YouTube-App wie auf Android gibt es hier nicht.

In beiden Fällen hat das blockieren der Werbung zwei positive Nebeneffekte: Es werden weniger Daten über euch gesammelt und weitergegeben. Außerdem entsteht weniger Datenvolumen, was besonders mit einem mobilen Datentarif interessant ist.

Alternativ kann man sich von der Werbung auch freikaufen: Wer YouTube Premium abonniert, zahlt 11,99€ pro Monat und sieht dafür keine Werbung. Ob man jedoch bereit ist diesen Preis zu zahlen, muss jeder  selbst entscheiden.

Neue Einschränkungen/Maßnahmen für mehr Werbung: Oktober 2023 Ergänzung

In den etwas mehr als zwei Jahren, die seit der ursprünglichen Fassung dieses Beitrages vergangen sind, gab es einige Änderungen.

YouTube beginnt, gegen Werbeblocker vorzugehen

YouTube geht schrittweise gegen Nutzer von Werbeblockern vor.1 Das Unternehmen experimentiert zunächst mit US-Benutzern verschiedene Einschränkungen, die teils auch auf andere Regionen erweitert wurden. Beispielsweise erhält der Zuschauer eine Meldung, dass er aufgrund seines Werbeblockers nur drei Videos könne.23 Anderen wurde die Wiedergabe verweigert, bis sie ein Premium-Abo abschließen oder eine Ausnahmeregel für YouTube anlegen, damit deren Werbung ausgespielt wird.4 Andere berichten von 5 Sekunden Wartezeit, bevor man die Meldung schließen kann.5 Derzeit ist dies nicht flächendeckend ausgerollt. Es ist davon auszugehen, dass dies zukünftig geschieht, wenn die Maßnahmen aus Sicht von Google erfolgversprechend sind.

Mehr Werbung auf Smart-TV & Streaming-Sticks

Wer einen smarten Fernseher direkt mit dem Internet verbindet und dort YouTube schaut, wird von zwei neuen Werbeformaten beglückt: Die Werbespots wurden von 15 Sekunden auf 30 Sekunden verlängert. Sie können zudem nicht übersprungen werden. Laut Google haben sich viele Nutzer weniger Werbepausen gewünscht, die dafür länger dauern.67 Außerdem blendet die Plattform dort nun Werbung in Wiedergabepausen ein, während man das eigentliche Video pausiert hat. Diese sollen sich anscheinend überspringen lassen.89

Dass YouTube ausgerechnet diese Geräte ausgewählt hat, überrascht aus technischer Sicht nicht. Gekaufte Smart-TVs sind eine Black-Box. Der Nutzer bekommt dort ein proprietäres Betriebssystem, das nur die Funktionen enthält, die der Hersteller einbaut. Im Regelfall hat der Kunde daher kaum Kontrolle über grundlegende Software oder Funktionen. Beispielsweise kann er keine App installieren, die YouTube oder andere Anbieter ohne Werbung anzeigt. Selbst wenn er einen PiHole betreibt, hat dieser keine Möglichkeit, die Werbung zu blockieren – sie wird ja von YouTube Servern ausgespielt. Daher kann der DNS-Werbeblocker nicht zwischen gewünschtem Videoinhalt und unerwünschter Werbung unterscheiden. Und selbst der PiHole lässt sich in so einem geschlossenen System leicht mit hart hodierten DNS-Servern umgehen.

Kurzum: Auf solchen Plattformen kann man die Werbung oft nur aufwändig und schwer entfernen. Die Installation von uBlock Origin im Browser hingegen bekommt auch ein Laie mit Anleitung selbst hin. Würde YouTube dort noch mehr Werbung ausspielen, so wäre mit einer steigenden Zahl von Werbeblockern zu rechnen. Auf Smart-TV & co. hingegen haben die Meisten keine Wahl.

Kanalbetreiber können die Werbeformate nicht mehr kontrollieren

Ab November 2023 schränkt YouTube zudem die Wahlmöglichkeiten bei den Werbeformaten ein.10 Bis dahin konnten Kanalbetreiber im Partnerprogramm entscheiden, welche Werbeformate dort aktiv sind. Damit lässt sie sich aggressiver gestalten, womit man mehr Geld verdient. Etwa durch Werbeunterbrechungen, die der Nutzer nicht überspringen kann sondern anschauen muss, um das Video weiter zu sehen. Diese hatte ich beispielsweise auf meinem Kanal immer deaktiviert, weil ich sie als nervig empfinde.

Zukünftig sollen diese Einstellungen entfallen und der Kanalbetreiber kann Werbung lediglich aktivieren oder deaktivieren. Ist sie aktiviert, entscheidet YouTube, welche Werbeformate ausgespielt werden. Im Sinne der Gewinnmaximierung werden sie wahrscheinlich alle Formate ausspielen – je mehr Werbung ein Zuschauer sieht, um so profitabler ist er.

Muss das sein?

An der Stelle mag man sich nun vielleicht die Frage stellen, ob YouTube kurz vor der Pleite steht – oder die Gewinne nur so sprudeln. Was Google angeht, hatte der Konzern Ende 2022 einen Quartalsgewinn von 13,9 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet. Im Vergleich zum Vorjahr ein Rückgang um fünf Milliarden US-Dollar.11 Von der Pleite ist man also weit entfernt, dennoch ist das ein Warnsignal. YouTube ist nur ein Teil des Konzerns, dort beträgt der Umsatz etwa 7 Milliarden US-Dollar pro Jahr.12 Allerdings ist der Gewinn nicht bekannt. Daher lässt sich nicht beurteilen, ob und wie stark die Videoplattform maßgeblich zum Konzerngewinn beiträgt – oder gar Verluste schreibt.

Allerdings ist so ein Milliarden-Dollar-Unternehmen nicht mit dem Wirtshaus um die Ecke vergleichbar. Das ist oft zufrieden, wenn alle Kosten gedeckt sind und genug Gewinn für private Urlaub, Hobbys und andere Interessen übrig bleibt. Bei einem Konzern gibt es kein genug. Dort möchte man stetigen Wachstum, von dem es nie genug geben kann. Interessant ist aus deren Sicht daher das Potenzial – und zwar grundsätzlich. Das hat heyData anhand der Unternehmensbilanzen für eine Reihe verbreiteter kommerzieller Web-Plattformen ausgerechnet und in Realion zur Zeit gesetzt, die Nutzer mit dem Dienst verbreiten.13

YouTube wird pro Tag durchschnittlich 44 Minuten lang genutzt und ist damit vor allen Diensten – wenig überraschend. Doch der Umsatz pro Nutzer ist mit Abstand am geringsten: Nur 28,65€/Jahr bringt ein YouTube Nutzer dem Google-Konzern, bei Facebook sind es satte 201,10€ – über 7x mehr, als YouTube. Bei Instagram hat es der Facebook/Meta-Konzern nach dem Kauf offensichtlich eben so effizient geschafft, aus den Nutzern maximal viel heraus zu holen. Eigenständige Unternehmen wie Snapchat sind mit 65,89€ deutlich hinter Zuckerberg. Aber verdienen pro Kopf immer noch fast doppelt so viel, wie YouTube.

Da es hier um Umsatz und nicht Gewinn geht, lassen sich diese gravierenden Unterschiede auch nicht mit z.B. der Infrastruktur erklären. Hier hat YouTube durch den Fokus auf Videos sicher höhere Kosten. Offensichtlich melkt der Facebook/Meta-Konzern seine Nutzer wesentlich stärker, als es Google tut. Folglich gibt es viel Luft nach oben. Vor allem, weil die Videoplattform ja die höchste Nutzerzeit besitzt. Nutzt er diese effizienter, wären extreme Umsatzsteigerungen möglich – ohne einen einzelnen neuen Nutzer zu gewinnen. Bei 1,9 Nutzern von derzeit 7,5 Milliarden Bevölkerung ist dieses Wachstum ohnehin relativ begrenzt.

Fazit

YouTube arbeitet seit einiger Zeit intensiv daran, die Einnahmen pro Nutzer zu steigern. Die ersten Maßnahmen, wegen denen dieser Artikel geschrieben wurde, scheinen dabei nur der Anfang zu sein. Etwas mehr als zwei Jahre später werden die Daumenschrauben mit weiteren Maßnahmen enger gedreht. Das Ziel ist klar: Wer Videos auf YouTube schaut, soll entweder mit Aufmerksamkeit sowie den eigenen Daten zahlen, in dem er/sie Werbung konsumiert. Oder mit Geld in Form eines Abos.

Und es wird sie niemand daran hindern. Hier fällt uns die Monokultur des Web auf die Füße: YouTube hat eine gigantische Marktmacht mit 1,9 Milliarden Nutzern weltweit. Dailymotion ist auf Platz 2 mit rund 300 Millionen Nutzern. 300.000.000 von 1.700.000.000 sind 17,6% der Reichweite von YT. Vimeo mit 70 Millionen Nutzern ist weit abgeschlagen: Es erreicht nur 0,41%.14 Dem ist sich Google natürlich bewusst und sieht sich daher in der Position für solche Änderungen. Es werden daher nicht die letzten Einschränkungen sein, die YouTube-Nutzer zukünftig noch erwarten.

Quellen

  1. https://www.gamestar.de/artikel/warnhinweis-bei-youtube-fuer-user-mit-ad-blocker-sorgt-fuer-heisse-debatte-im-netz,3394099.html ↩︎
  2. https://www.reddit.com/r/youtube/comments/1722yww/i_am_displeased_to_put_it_mildly_youtube_now/ ↩︎
  3. https://www.giga.de/news/youtube-einige-nutzer-duerfen-nur-noch-3-videos-schauen/ ↩︎
  4. https://www.reddit.com/r/pcmasterrace/comments/14nm5lv/youtubes_new_adblock_policy/ ↩︎
  5. https://www.reddit.com/r/youtube/comments/171yvrv/they_added_a_damn_timer_for_the_adblock_is_not/ ↩︎
  6. https://www.wuv.de/Themen/Tech/Youtube-Das-aendert-sich-jetzt-bei-der-Werbung-am-Smart-TV ↩︎
  7. https://blog.google/products/ads-commerce/youtube-is-redesigning-the-streaming-experience-for-viewers-and-advertisers/ ↩︎
  8. https://www.pcgameshardware.de/YouTube-Thema-163920/News/YouTube-liefert-mehr-Werbung-auf-dem-TV-aus-1420125/ ↩︎
  9. https://www.gamestar.de/artikel/youtube-noch-mehr-werbung-tv-app,3394470.html ↩︎
  10. https://www.computerbase.de/2023-09/youtube-creator-haben-kuenftig-weniger-einfluss-auf-werbeformate/ ↩︎
  11. https://www.googlewatchblog.de/2022/10/google-quartalszahlen-lupe-wie/ ↩︎
  12. https://www.googlewatchblog.de/2022/12/youtube-ueberraschende-statistik-google/ ↩︎
  13. https://heydata.eu/studien/wieviel-sind-meine-daten-wert-social-media ↩︎
  14. https://nur-muth.com/blog/videoportale-im-vergleich-hier-erzielt-ihr-unternehmensfilm-erfolge/ ↩︎

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