Raspberry Pi 5 Übertakten: So viel schneller kann er werden

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Raspberry Pi 5 Übertakten: So viel schneller kann er werden

Seit es Computer gibt, fragen sich viele Enthusiasten: Wie kann man mehr aus ihnen herausholen? Durch Übertakten wird vorhandene Hardware schneller, ohne mehr Geld für stärkere Prozessoren ausgeben zu müssen. Manche motiviert dieser praktische Nutzen. Andere dagegen möchten sich mit der Technik beschäftigen, um ihre Grenzen auszuloten. Dazwischen befindet sich der Versuch, den neuen Raspberry Pi 5 Einplatinencomputer zu übertakten.

Wie funktioniert Übertakten?

Vor allem Prozessoren werden übertaktet. Sie führen die Software auf einem Gerät hauptsächlich aus, daher macht sich ihre Arbeitsgeschwindigkeit oft am stärksten bemerkbar. In Gigaherz (GHz) gibt man an, wie viele Takte bzw. Zyklen vom Prozessor pro Sekunde durchgeführt werden können. Im Raspberry Pi 5 ist ein ARM Cortex-A76 mit 2,4 GHz pro Kern, das heißt: Dieser Prozessor kann 2,4 Milliarden Takte in einer Sekunde ausführen. Jeder Takt muss nicht zwingend für eine Anweisung stehen. Je nach Prozessor und Architektur wird eine Anweisung in mehreren Takten ausführt, oder sogar umgekehrt mehrere Anweisungen pro Takt. Innerhalb der gleichen Marke und Generation steht eine höhere Taktfrequenz in der Regel für mehr Leistung. Außerhalb nicht zwingend, zumal dies nicht das einzige Kriterium für Geschwindigkeit ist: Anzahl der Kerne, Cache, Architektur spielen ebenfalls eine Rolle.1

Beim Übertakten haben wir darauf jedoch keinen Einfluss mehr und können nur den Takt erhöhen, wie das Wort bereits erahnen lässt. Möglicherweise ist auch eine höhere Spannung notwendig, um das System stabil zu halten.2 Grundsätzlich können andere Komponenten ebenfalls übertaktet werden, etwa Arbeitsspeicher oder Grafikkarte. Früher oder später wird man damit an Grenzen stoßen: Durch mehr Leistung entsteht eine höhere Abwärme. Spätestens ab einem gewissen Grad der Übertaktung muss die Kühlung erweitert werden. Die Stromversorgung sollte nicht zu knapp bemessen sein. Zusammen mit höheren Spannungen belastet das die Komponenten stärker.

An der Belastungsgrenze

Ein Stück weit ist das sicher einkalkuliert, wie (zumindest hierzulande) bei wohl allen Produkten üblich: Dieses aufblasbare Schwimmtier zum Beispiel ist laut Hersteller für bis zu 40kg Gewicht ausgelegt. Wird es direkt platzen, wenn sich jemand mit 50kg, 60kg oder sogar mehr darauf setzt? Wahrscheinlich nicht, wie mehrere in den Kommentaren bestätigen. Man weiß jedoch nicht genau, wo der Sicherheitspuffer endet: Platzt es bei 70kg? Oder erst bei 100kg? Vielleicht sind es tatsächlich 100kg, aber die Lebensdauer verkürzt sich schon ab z.B. 60kg dauerhafter Belastung.

Mit beidem muss gerechnet werden, wenn man etwas außerhalb seiner Spezifikation benutzt. Der Hersteller wird sich etwas dabei gedacht haben und nur weil auf den ersten Blick mehr funktioniert, muss das nicht zwingend optimal sein. Vielleicht hat er z.B. herausgefunden, dass 70kg tatsächlich kein Problem sind – aber unter Umständen eines werden: Etwa, wenn eine schwerere Person darauf sitzt, während zwei leichtere durch die Verteilung möglich sind. Die 40kg können daher eine Vereinfachung sein: Damit geht es immer.

Etwas ähnliches haben wir bei Computern bzw. deren Prozessoren. Die kann man oft sogar recht stark übertakten, aber: Wie sieht es mit der dauerhaften Stabilität aus? Nur weil es auf den ersten Blick funktioniert, heißt das ja nicht, dass ein System damit stundenlang läuft. Und wie hoch ist die Temperatur unter Vollast? All das sehe ich nicht sofort, sondern muss es erst ausprobieren. Unter Umständen wird mein System instabil oder sogar beschädigt, wenn man es zu stark übertaktet. Egal, ob man einen Schwimmring überlastet oder eine CPU übertaktet: Man sollte stets langsam in möglichst kleinen Schritten vorgehen, nicht gleich von 2,4 auf 3GHz. Dabei beobachten, mit Problemen rechnen und es nicht zu sehr übertreiben.

Übertakten des Raspberry Pi 5 ausprobiert

Den Raspberry Pi kann man ebenfalls übertakten, das ist nicht neu. Der Raspberry Pi 4 wurde Ende 2021 sogar offiziell von 1,5GHz auf 1,8GHz übertaktet.3 Wie sieht es mit dem Nachfolger aus? TomsHardware hat es ausprobiert,4 und zwar mit Prozessor und Grafikprozessor: Die VideoCore VII GPU konnte von 0,8GHz auf 1,1GHz übertaktet werden. Beim Cortex-A76 sogar von 2,4GHz auf 3,0GHz. Dafür wurde lediglich der Takt in der config.txt Datei erhöht, ohne Veränderungen der Spannung.

Wie zuvor schon erwähnt, steigt dabei grundsätzlich die Leistungsaufnahme. In diesem Falle auf 10 Watt unter Vollast. Mit dem offiziellen Kühler bewegte sich die Temperatur unter Last zwischen 69 und 74°C, im Leerlauf bei etwa 46°C. Ihn passiv zu kühlen sei durch die Übertaktung nicht mehr möglich. Trotz der deutlich höheren Taktfrequenz soll der Raspberry Pi 5 dabei weitgehendst stabil. Bei einem einzelnen Redakteur fror der Pi während eines Benchmarks mehrmals ein. Bei einem 5-Minütigen Stresstest war dies jedoch nicht der Fall. Es bleibt somit unklar, ob dieses Problem möglicherweise an der Software liegt.

Wie viel schneller ist ein übertakteter Raspberry Pi 5 grafisch?

Schon die Möglichkeit ist interessant. Noch interessanter finde ich, wie viel das an tatsächlicher Leistung in der Praxis ausmacht. Auch das wurde bei TomsHardware getestet. Für den Grafikprozessor haben sie zwei Szenarien: Einmal auf YouTube den beliebten Testfilm Big Buck Bunny in 1080p mit 60 Bildern/Sekunde abgespielt, jeweils einmal mit Firefox und Chromium. Dabei wurde die Zahl der Framedrops während einer Minute Video gemessen. Dabei findet für einen kurzen Moment kein Bildwechsel statt, die Bildfrequenz bricht ein. Das sieht so aus, als ob das Bild einfriert oder ruckelt. Man möchte also möglichst wenig davon haben, um einen flüssigen Film zu sehen.

Hier gibt es zwei überraschende Ergebnisse: Die Framedrops sind auf 1,0GHz und 1,1GHz GPU-Takt deutlich gestiegen, im Vergleich zum Standardtakt. Das Übertakten hat die Leistung somit nicht nur nicht verbessert, sondern sogar verschlechtert. In allen drei Szenarien (0,8/1,0/1,1GHz) waren die Framedrops in Chromium deutlich höher. Selbst ohne Übertaktung sind es dort mehr als 3x so viele, als bei Firefox. An eine flüssige Wiedergabe dürfte in Googles Browser nicht zu denken sein, wenn nur etwas mehr als die Hälfte aller Einzelbilder vernünftig ankommen.

Im zweiten Grafikszenario wurde ein Spiel emuliert: ReDream Sega Dreamcast blieb mit einer Auflösung von 2560 x 1440 bei 59/60 Bildern pro Sekunde. Hier liegt jedoch die Vermutung nahe, dass entweder vom Spiel oder Emulator her auf 60 fps beschränkt wird.

Die Übertaktung des Prozessors von 2,4GHz auf 3,0GHz brachte beim Komprimieren mit 7-Zip eine Verbesserung von 8%, während es beim Auspacken sogar 20% sind. Das ist ein Beispiel-Szenario – wie viel mehr Leistung man schlussendlich erhält, variiert je nach Anwendung und Anwendungsfall.

Fazit

Wer sich vom Übertakten der GPU mehr Leistung für grafische Anwendungen oder Spiele erhofft, wird wahrscheinlich enttäuscht – zumindest legen das diese beiden Szenarien nahe. Möglicherweise sieht es mit anderen Programmen besser aus, wenngleich hier keine Wunder zu erwarten sind. Beim Prozessor liegt der Leistungsgewinn mit 8% bis 20% in einem spürbaren Bereich, zumindest in 7-Zip. In synthetischen Benchmarks sind es sogar bis zu 25%. Mit ausreichender Kühlung ist das eine interessante Möglichkeit, um bei Bedarf die Leistung des Raspberry Pi 5 weiter zu steigern.

Quellen

  1. https://www.intel.de/content/www/de/de/gaming/resources/cpu-clock-speed.html ↩︎
  2. https://www.intel.de/content/www/de/de/gaming/resources/how-to-overclock.html ↩︎
  3. https://www.raspberrypi.com/news/bullseye-bonus-1-8ghz-raspberry-pi-4/ ↩︎
  4. https://www.tomshardware.com/news/overclocking-raspberry-pi-5 ↩︎

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