Dank Copilot „KI“: E-Mail hackt M365 und klaut heimlich alle deine Daten

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Dank Copilot „KI“: E-Mail hackt M365 und klaut heimlich alle deine Daten

Mit dieser Sicherheitslücke wird Microsoft in die Geschichte eingehen: Erstmals reicht eine einzelne E-Mail aus, um sämtliche deiner Daten an den Angreifer zu übertragen – „KI“ macht es möglich. Dafür ist keine Interaktion nötig – alles passiert unsichtbar im Hintergrund. Du merkst nichts, während Microsofts Clouddienste dem Bösewicht sogar noch als Steigbügelhalter helfen. Sie freuen sich ebenfalls darüber, dass der Konzern seinen Nutzern den „KI“ Assistent Copilot ungefragt aufs Auge drückt. Die wiederum bezahlen dafür sogar noch Aufschlag.

Die Kernschmelze in der IT früher

Schwere Sicherheitsmängel sind in Microsofts Software schon lange keine Seltenheit mehr. Auch an „Zero-Click Remote Code Exceution“ Exploits haben sich die Nutzer von Windows & co. gewöhnt. Codeausführung aus der Ferne ist bereits ein Totalschaden: Wenn der Angreifer Programmcode starten kann, kontrolliert er mindestens Großteile des Systems. Office und vor allem Outlook sind die größten Stammkunden. Es ist ein leichtes, nach dem Klick des Opfers sein Outlook zu übernehmen.1

Das ist schlimm, doch es geht noch schlimmer: Ohne Nutzerinteraktion. Auch hier ist Outlook führend: Es ist noch kein Jahr her, da ermöglicht eine schwere Lücke, per Mail Schadcode von alleine auszuführen.2 Mit anderen Worten: Dein Outlook wird gestartet oder es läuft im Hintergrund. Dann kommt eine E-Mail an und du bist sofort kompromittiert, ohne die Maus/Tastatur auch nur angeschaut zu haben. Das ist kein Totalschaden mehr, sondern ein Super-GAU. Die Kernschmelze in der IT unter dem Schreibtisch. Selbst beten hilft dem Opfer hier nicht mehr. Es gibt keinen Grund zur Beruhigung. Direkt zum Jahresbeginn 2025 hat euch Microsoft noch eine solche Super-GAU Sicherheitslücke geschenkt.3

Die Kernschmelze in der IT mit „KI“: Microsoft wieder ganz vorne dabei

Während noch die Wetten laufen, ob Microsoft-Kunden 2025 eine zweitere der schwersten Sicherheitsmängel bekommen oder sie bis 2026 warten müssen, überrascht der Konzern mit Innovation. Statt langweiliger Zero-Klick RCE gibt es die erste Zero-Click AI Vulnerability!4 Klingt spannend, ist es auch. Der Kern dieser Sicherheitslücke bietet Copilot, also Microsofts LLM – oder wie die Werbung sagt: Künstliche Intelligenz. Was sie hier tut, ist durchaus intelligent – für den Angreifer. In E-Mails lassen sich KI-Promts einschleusen. Nicht auffällig in kryptischen Nachrichten, da könnte ja jemand Verdacht schöpfen. Sondern als unsichtbarer Kommentar in harmlosen Mails versteckt. Wie bei der klassischen Outlook RCE ließt sie der Nutzer, nippt dabei am Kaffee und freut sich auf den baldigen Feierabend bei schönem Sommerwetter.

Ungünstig für das Opfer: Der Angreifer kontrolliert den Promt und kann Copilot damit Anweisungen geben. Der wiederum hat per Graph-API Zugriff auf alles, was das Opfer in der Microsoft Cloud anschauen darf: Teams Chatnachrichten, E-Mails, OneDrive-Dateien, die internen Infos aus SharePoint Online usw. Klingt nach Jackpot, aber geht noch besser. Diese Datenmengen nach für Kriminelle brauchbaren Informationen für Erpressung, Diebstahl & co. zu durchsuchen, war früher mühselig. Dank Microsoft lässt er das die KI machen und gibt ihr einen Promt nach dem Schema:

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Wenige derartige Promts dürften genügen, um als Krimineller sehr viel Geld erbeuten zu können. Insbesondere von Unternehmen, die naiv genug waren, ihre kompletten Interna den Clouddiensten von Microsoft anzuvertrauen.

Wie ist das möglich?

Der Kern des Angriffs ist relativ einfach: Copilot als Chatbot mit großem Sprachmodell (Large Language Modell, LLM) scannt zur Beantwortung von Nutzerfragen sämtliche Daten, die der Nutzer in die M365 Clouddienste gelegt hat. Das ist möglich, weil Microsoft überall KI eingebaut und KI überall eingebaut hat. Scannt Copilot jedoch E-Mails, führt es enthaltene Promts aus – und zwar im Kontext des M365 Benutzers.

Bereits das sind zwei schwere Sicherheitsmängel: Anweisungen werden aus einer völlig fremden Quelle (nicht mal „nur“ in der gemieteten Cloudinstanz!) ausgeführt. Das ist einer der ältesten und schlimmsten Sicherheitsfehler, die man als Entwickler machen kann. Noch schlimmer ist allerdings, diesen Code im Kontext des Benutzers auszuführen. Der Absender der E-Mail kontrolliert damit den Zugriff auf die Daten des Lesers. Man stelle sich vor, der Absender eines Briefes würde durch den Einwurf in den Briefkasten plötzlich in der Wohnung stehen. Es bedarf keiner weiteren Erklärung, dass das auf keinen Fall so sein sollte.

Lässt sich das verhindern?

Möglich ist das, weil sich menschliche Sprache nicht zuverlässig filtern lässt. Das kann jeder selbst ausprobieren: Beschreibe einen Fernseher, ohne das Wort „Fernseher“ zu benutzen. Wie viele Synonyme findest du? TV, Glotze, Röhre usw. Und das ist die Spitze vom Eisberg. Auch ohne die kann man das Gerät auf zig Arten umschreiben – etwa ein großer Bildschirm, auf dem Filme im Wohnzimmer angeschaut werden. Jeder weiß, worum es geht. Macht ihr übrigens schon in den kommerziellen Sozialen Netzwerken, wo z.B. sexuelles als Werbeuntauglich eingeschränkt wird. Aus „Sexuelle Krankheiten“ wird „S*xuelle Krankheiten“, „S3xuelle Krankheiten“ usw.

In Diktaturen reicht das nicht mehr, dann erfinden die Leute neue Begriffe. Selbst Neulinge lernen sie durch Kontext, Gestik, Mimik und weiteres schnell. Es ist daher unmöglich, einen KI Chatbot derart zuverlässig abzusichern, wie wir es bei klassischer Softwareentwicklung tun. Da gibt es keine unendlichen Möglichkeiten durch flexible Sprache. Die Angriffswege sind sehr begrenzt und seit Jahrzehnten gibt es klare Sicherungsmaßnahmen: Gegen SQL-Injections helfen prepared statements, für XSS escapen wir HTML, externe Daten in Pfaden müssen maskiert werden usw. Eine Hand voll Werkzeuge richtig eingesetzt macht eine Webanwendung technisch sicher. Menschliche Sprache kann man nicht derart zuverlässig maskieren, damit sie nur jene Inhalte erlaubt, die man haben möchte.

Microsoft hilft beim Daten klauen

Der Angriff in dieser Form – Nutzer bekommt unscheinbare E-Mail, beim nächsten Copilot-Lauf werden seine heikelsten Daten unbemerkt geklaut – ist umfangreicher. Zwar ist das versteckte einschleusen eines Promts am wichtigsten. Damit erfolgt der Zugriff auf (danach nicht mehr) firmeninterne Daten. Auf der Zielgerade muss der Angreifer die erbeuteten Daten noch zu sich übertragen.

Die Sicherheitsforscher fanden mehrere Schwachstellen in Microsofts Markdown-Parser, um die Linkfilterung zu umgehen. Der erste Gedanke war: Per Klick auf einen externen Link sollen die erbeuteten Daten als GET-Parameter übertragen werden. Darauf dürften bereits viele herein fallen. Sie fanden einen noch besseren Weg durch das Laden eines Bildes. Im Browser wurde es wegen der HTTP Content-Policy Filter nicht geladen, sie beschränkten sich auf Microsofts Cloud-Domains.

Hier halfen Microsofts Clouddienste selbst: SharePoint Online hat eine Schnittstelle zum einbetten externer Inhalte. Die Anfragen erfolgten über MS Server, sodass die Filter im Browser damit umgehbar wurden. Allerdings musste der Nutzer dafür die Einladung zur SharePoint Online Seite annehmen. MS Teams machte es den Angreifern leichter: Dort lädt eine Schnittstelle externe Inhalte ohne Bestätigung durch den Anwender.

Zwangsaktivierung macht alles noch viel schlimmer

Der allerletzte Schnipsel eines Strohhalms wäre, sich nun die Schweißperlen von der Stirn zu wischen: „Selbst schuld, wer Copilot in seiner M365 Cloudinstanz mit sensiblen Daten aktiviert hat – zum Glück war ich nicht so blöd!“. Wer glaubt, bei Microsoft-Produkten als Kunde respektiert zu werden, sollte dringend die letzten Jahrzehnte Unternehmensgeschichte nacharbeiten.

Insbesondere den Punkt, bei dem MS angefangen hat, Copilot den M365 Kunden zwangsweise mit schmutzigen Tricks unter zu jubeln. Und die automatische Aktivierung in MS Office durch MS selbst!5 Längst macht der Konzern überhaupt kein Geheimnis darum, wer die Hoheit über deren Clouddienste hat. In der offiziellen Dokumentation schreiben sie ganz direkt: MS entscheidet, wem sie das aktivieren.6 Wie viele Kunden wohl diesmal ans Messer geliefert wurden, die gar nicht wissen, dass MS ihnen Copilot eingeschaltet hat? Autsch…

Doch selbst das befriedigt die Gier von Microsoft noch bei weitem nicht. Privatnutzer, die sich zu einem M365 Abo haben gängeln lassen, werden nicht nur mit Copilot zwangsbeglückt. Sie müssen zudem einen satten Aufpreis von 30% dafür hinblättern. Selbstverständlich ist das nur die Spitze vom Eisberg, so günstig bietet der Konzern keinen uneingeschränkten Zugriff auf die KI Dienste. Stattdessen ist lediglich ein begrenztes, überschaubares Kontingent erhalten. Wer Copilot tatsächlich nutzen möchte, kann nicht einmal Credits nachbuchen. Microsoft erlaubt das nur über ein Zusatzabo: Copilot Plus kostet derzeit 22€ pro Monat extra.7

Fazit: Microsoft auch bei KI-Unsicherheit führend

Durch die Kombination von zig Sicherheitsmängeln in M365 wurde die erste Sicherheitslücke in LLMs ermöglicht, die Angreifern vollen Zugriff auf alle Clouddaten ermöglicht, ohne dass der Nutzer wenigstens auf einen Link klicken muss. Das ist ein vergleichbarer Totalschaden wie die letzten Hacks der kompletten M365 Cloud. Diesmal ist Copilot als KI nicht nur involviert, sondern überhaupt für den Angriff verantwortlich. Zur Krönung gestattet MS den Kunden nicht mal die Hoheit darüber. Schließlich ist KI der heiße Scheiß, den jeder wollen muss. Bringt schließlich massive Umsätze!

Einmal mehr hatte MS Glück, dass die Mängel von einem Sicherheitsunternehmen gefunden und gemeldet wurden. Sie behaupten, es gäbe keine Ausnutzung als 0-day durch böse Buben. Wer soll das ernsthaft einem Konzern glauben, dessen Clouddienste komplett gehackt wurden und er es nicht mal merkt? Anschließend wird versucht, den GAU zu vertuschen. Der Konzern, der vor ein paar Monaten erst 17 Tage (!) an Protokollen zu seinen Clouddiensten verloren hat.8 Wurdet ihr in den über zwei Wochen gemütlich gehackt und MS hat die Beweise versehentlich in den Aktenvernichter fallen lassen? Wie viele Dunkelziffern gibt es noch, bei denen MS mit herunter spielen und leugnen erfolgreicher war?

Priorität Nummer 1 Sicherheit? Äh, wir meinten das anders

Ich weiß ja nicht, auf wie viel Demütigung ihr so steht. Masochisten gibt es überall, auch in der IT kümmern sich Sadisten gerne um sie: MS lügt euch vor, tausende Sicherheitsexperten passen rund um die Uhr auf eure Daten auf. Natürlich mit persönlichem streicheln & so. Das stimmte nicht, eure Daten wurden mehrfach komplett gehackt. Danach lügen sie euch an, jetzt Sicherheit wirklich zum Prio 1 Thema zu machen. Auch das war nicht die Wahrheit, wie ihr an zahlreichen Patchdays und nun Copilot sehen konntet.

Was in Wirklichkeit ganz oben steht: Profitmaximierung. Die erreicht man mit dem größten Hype-Thema, derzeit KI. Also wird mit Gewalt überall was mit KI eingebaut, um jeden Preis. Den zahlt ja ihr, sogar doppelt: Eure Cloudabos werden teurer, geht was schief klauen unbefugte eure Daten. MS kann sich beim Versagen selbst übertreffen – das gibt etwas schlechte Presse, auf die man mit „diesmal werden wir wirklich wirklich sicher, pinkypromise!“ antwortet. Aber genug sind verstrahlt genug, das Zeug weiterhin zu kaufen. Oder noch besser: Kaufen gar mehr davon!

Daher und durch die grundlegenden Probleme von LLMs war das zwar der erste Totalschaden in dieser Form. Es wird aber garantiert nicht der letzte gewesen sein. Schon gar nicht bei Microsoft. Die Frage ist nur: Wann und wen? Auch andere spielen mit dem Feuer. Ich erinnere daran, wie OpenAI seine Sicherheitstests von Monate auf Tage reduzierte. Donald Trump feuert die halbe Kontrollbehörde und liefert Rückenwind. Besserung ist weder kurz- noch mittelfristig in Sicht, im Gegenteil. Bestenfalls Langfristig, wenn es bis dahin fundamentale Änderungen gibt.

Quellen

  1. https://www.bleepingcomputer.com/news/security/new-critical-microsoft-outlook-rce-bug-is-trivial-to-exploit/ ↩︎
  2. https://www.golem.de/news/kein-klick-erforderlich-outlook-luecke-verschafft-angreifern-zugriff-per-e-mail-2407-186930.html ↩︎
  3. https://www.golem.de/news/kein-klick-erforderlich-kritische-windows-luecke-laesst-schadcode-per-e-mail-rein-2501-192435.html ↩︎
  4. https://www.aim.security/lp/aim-labs-echoleak-blogpost ↩︎
  5. https://www.borncity.com/blog/2024/11/28/achtung-copilot-in-office-apps-standardmaessig-aktiviert-abschalten/ ↩︎
  6. https://learn.microsoft.com/de-de/copilot/microsoft-365/copilot-for-microsoft-365-admin ↩︎
  7. https://www.heise.de/news/Microsoft-365-fuer-Privatkunden-Preisschock-und-Beglueckung-mit-Copilot-10246793.html ↩︎
  8. https://www.borncity.com/blog/2024/10/16/microsoft-verliert-log-daten-von-sicherheitsprodukten-in-der-cloud/ ↩︎

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