Google hasst diesen Trick: Chrome ohne Google nutzen

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Google hasst diesen Trick: Chrome ohne Google nutzen

Chrome ist im August 2023 der mit Abstand verbreitetste Webbrowser: In Deutschland misst Statcounter einen Marktanteil von rund 50,5%,1 während es weltweit sogar fast 63,6% sind.2 Wer nicht auch noch die Daten des Browsers an Google verschenken möchte, muss also zwingend zu Firefox? Es gibt Alternativen, die dem Konzern eher weniger Gefallen dürfte: Nämlich ungoogled-chromium. Was es damit auf sich hat, erfährst du in diesem Beitrag.

Was Google Chrome mit Chromium zutun hat

Warum gibt es zwei Chrome-Browser? Google Chrome ist ein Fork (eine Abspaltung) von Chromium, einem quelloffenen und unter der recht freizügig stehenden BSD-3 Lizenz mit der Blink-Engine.3 Es handelt sich bei Chromium um einen funktionell vollständigen Browser, etwa 35 Millionen Codezeilen umfassend. Er richtet sich eher an Entwickler, die Builds der Binärdateien stellen Dritte bereit. Beide werden primär von Google entwickelt. Chromium bildet die Basis für Google Chrome, einem proprietären Browser, der Chromium um proprietäre Funktionen erweitert, beispielsweise:

  • Automatische und eigenständige Aktualisierungen des Browsers fehlen in Google Chrome – betrifft euch ggf. nicht, wenn ihr ihn über eine Paketverwaltung nutzt, wo er aktuell gehalten wird.
  • Einige Google-Dienste sind nur in Google Chrome offiziell eingebaut, darunter z.B. die Synchronisation der Lesezeichen über das Google-Konto sowie verschiedene Tracking-Dienste zur Überwachung von Nutzern & Fehlern. Anfang 2022 hat Google alle Browser außer Google Chrome zudem von ihren Synchronisationsdiensten ausgeschlossen.4
  • Widevine Modul für digitale Rechteverwaltung (z.B. von Netflix, Disney+, Amazon und weiteren Streamingdiensten genutzt)
  • Lizenzpflichtige Codes für H264 Videos/AAC Audio

Es gibt Unterschiede im Detail, die ggf. je nach Build/Distribution variieren können (etwa Standardeinstellung der Standbox).5 Von den restlichen Funktionen her unterscheiden sich die beiden Browser kaum. Auf den ersten Blick sehen sie nahezu identisch aus. Erst beim genaueren Hinsehen fällt auf, dass Chromium ein blaues und Google Chrome ein buntes Logo besitzt. In der Benutzeroberfläche sind es noch weniger Details, wie etwa der fehlende Google-Login bei Chromium. Eine Unterscheidung ist daher schwierig. Dies gilt auch für viele weitere Browser, die ebenfalls auf Chromium aufbauen – darunter beispielsweise Opera, Vivaldi und Samsung Internet.6 Aus diesem Grunde werden einige auf Chromium basierte Browser darunter zusammengefasst.

Warum braucht es Ungoogled Chromium?

Man könnte den Eindruck gewinnen, Chromium sei bereits ein völlig unabhängiger Browser. Wer Googles Datensammelwut78 reduzieren möchte, müsse nur von Google Chrome zu Chromium wechseln. Zwar übermittelt Chromium tatsächlich weniger Daten an den Internetriese, weil Funktionen wie die Synchronisation mit Google fehlen. Komplett frei ist er jedoch nicht, wie Microsoft bereits 2019 feststellte: Sie hatten bisher ihre eigene Engine für Edge entwickelt und wechselten zu Blink von Chrome. Der Nutzer würde nur erwarten, dass Edge nur Daten an Microsoft sendet. Sie haben aber ungefähr 50 Google-Dienste gefunden, die sich im Code von Chromium befinden. Diese wurden deaktiviert oder ersetzt. Datenschutz und Sicherheit haben sich dabei jedoch nicht verbessert: Statt an Google fließen die Daten nun an Microsoft, die spätestens seit Windows 10 auch immer mehr dafür bekannt geworden sind.9

2015 wurde daher von einer unabhängigen Privatperson ein neues Projekt entwickelt: Das Ziel von ungoogled-chromium ist daher die Deaktivierung sämtlicher Funktionen, die Daten an Google oder andere senden. Während man surft, sollen vom Browser keine Daten übermittelt werden. Dazu gehört beispielsweise Safe Browsing, wodurch alle Adressen übermittelt werden. Auch sollen binäre blobs ersetzt werden, sodass alle verwendeten Komponenten quelloffen sind. Dazu gibt es kleinere Funktionen, etwa Popups in neuen Reitern statt Fenstern zu öffnen. Man möchte dabei aber so nah wie möglich an Chromium bleiben, sodass ungoogled-chromium einen 1:1 Ersatz für Chromium ermöglicht. Ursprünglich für GNU/Linux entwickelt, wurde der Browser inzwischen auch auf Windows portiert.10

Nachteile (die großteils lösbar sind)

Der Chrome web store ist die Hauptanlaufstelle für Erweiterungen. Viele werden diese nutzen wollen, um beispielsweise einen Werbeblocker wie uBlock Origin zu installieren. Leider funktioniert das ab Werk nicht: Bei allen Erweiterungen fehlt der Knopf zur Installation. Sämtliche Erweiterungen händisch herunterzuladen und stetig ebenfalls von Hand zu aktualisieren, dürfte für viele nicht praktikabel sein. Als Kompromiss gibt es die Erweiterung chromium-web-store: Wenn man sie manuell installiert, erlaubt der Chrome web store die Installation von Erweiterungen, ähnlich wie es unter Chromium und Google Chrome möglich ist.

Wer Videos von Anbietern streamen möchte, die Widevine einsetzen, schaut u.u. zunächst in die Röhre: Chromium enthält den DRM-Kopierschutz nicht, wie es bei Google Chrome der Fall ist. Durch das manuelle Installieren von Widevine funktioniert es auf den meisten Streamingseiten. Es gibt jedoch Ausnahmen wie etwa Disney+, denen GNU/Linux nicht restriktiv genug ist und diese Plattform daher grundsätzlich ausschließen.11

Mögliche Alternativen

Bei jedem auf Chrome basierten Browser sollte einem jedoch klar sein: Sie hinken dem Original immer mehr oder weniger hinterher (dies reicht von wenige Tage bis hin zu mehrere Wochen), da sie ihre Änderungen mit der neuen Version erst testen müssen. Das gilt natürlich nicht nur für ungoogled-chromium, sondern grundsätzlich genau so für Brave, Edge, Vivaldi und die zig anderen auf Chromium aufbauenden Browser.

Brave verspricht „Die beste Privatsphäre im Internet“ und soll vor Big-Tech Unternehmen wie Google schützen:

Er basiert auf Chromium und ist ebenfalls quelloffen. Ein Blick in die Dokumentation zeigt, dass auch hier die Google-Bestandteile deaktiviert bzw. entfernt werden.12 Zusätzlich besitzt Brave einen integrierten Werbeblocker, der zudem Tracker blockiert, die Nutzer beim Surfen verfolgen. Dadurch soll er 3x schneller sein als Chrome.13 Dies verwundert durch den Werbeblocker nicht: Jeder Browser ist damit deutlich schneller als ohne, da Werbung & Tracking ein exzessives Ausmaß angenommen hat.

Allerdings sind auch fragwürdige Funktionen enthalten, die manch einer nicht in einem Browser wünscht: Etwa ein BAT Crypto-Wallet. Über Werbung kann man damit Geld verdienen und wahlweise teilnehmende Seiten mit einer Spende unterstützen. Auch ein VPN erwartet sicher nicht jeder im Browser.14 Einiges davon ist Opt-in bzw. lässt sich zumindest deaktivieren. Ganz ohne Telemetrie kommt der Browser dagegen nicht aus: Standardmäßig werden Daten zum Nutzungsverhalten an Brave übertragen. Allerdings kontaktiert der Browser keinerlei Google-Dienste. Save Browsing ist zwar aktiviert, wird jedoch über Brave als Proxy-Dienst datenschutzfreundlich bezogen.15 Die Installation von Erweiterungen funktioniert problemlos ohne händische Anpassungen.

Wer nur Google los werden möchte, findet hier eine mögliche Alternative. Geht es um generelle Datenminimierung und weniger Angriffsfläche durch das Weglassen unnötiger Funktionen, ist Brave nicht optimal: Hier verlagert man die Datensammlung von Google zu Brave Software Inc, ebenfalls einem US-Unternehmen. Deren Server scheinen bei CloudFront (Amazon AWS) zu liegen. Man unterstützt damit zumindest direkt keinen Großkonzern (indirekt AWS) und die Menge wird verringert, wenn man die Telemetriedaten soweit möglich abschaltet. Insgesamt sicher eine Reduzierung des Problems, jedoch keine 100% Lösung.

Google wird immer Datenhunriger

Im Gegenzug dazu lässt sich die Datensammelwut des Konzernes mit beiden Browsern deutlich reduzieren. Dieser wiederum arbeitet seit Jahren kräftig am Gegenteil: Bereits von Anfang an sammelte Google Chrome viele Daten. Unter anderem wird bei der Installation eine eindeutige ID generiert, um Nutzer identifizieren zu können. Im Gegensatz zu anderen Überwachungsfunktionen ist dies nicht abschaltbar, erst Jahre später wurde nach viel Kritik zurück gerudert.16 2008 riet nebem dem BSI auch die c’t davon ab, den Browser zu nutzen.17 Dem ist sich Google treu geblieben und übermittelt bis heute viele Daten an den Konzern, wovon der Nutzer im Alltag wenig mitbekommt.18

Fazit: Wer nicht von Google überwacht werden will, muss investieren

Es ist möglich, Chrome ohne massiven Datenabfluss an Google-Dienste zu benutzen.19 Dafür muss man allerdings auf ein wenig Komfort verzichten. So gibt es für Ubuntu etwa keine fertigen Pakete, diese muss man selbst erstellen. Auch die Nutzung mancher Funktionen wie z.B. Erweiterungen erfordert etwas mehr Aufwand, wenngleich es für vieles Lösungen gibt. Allerdings unterstützt man nach wie vor das Webbrowser-Monopol von Google.20 Wäre Mozilla Firefox keine sinnvolle Alternative, wenn man diesen nicht bereits als Hauptbrowser verwendet und einen Chromium-Vertreter als Zweitbrowser möchte?

Der Fuchs ist übrigens mittlerweile der einzige noch verbliebene freie, plattformübergreifende Browser. Falls der verschwindet, sind wir alle dem Chromium-Monopol ausgeliefert. In Richtung der Jahrtausendwende hatten wir bereits ein kommerzielles Internet unter der Dominanz von Microsoft. Es hat zu einem Browserkrieg geführt, der für die Nutzer nicht gut ausging. Auch die Unternehmen hatten Mehrkosten für Microsofts Standards, die bewusst inkompatibel zu den Mitbewerbern gehalten wurden. Google ist zwar bisher nicht derart extrem drauf, wie Microsoft damals. Anhand der Beispiele sieht man jedoch, in welche Richtung es geht. Schlussendlich will auch dieser Konzern keine Almosen verteilen, sondern Geld verdienen und/oder die eigene Marktmacht verstärken.

Quellen

  1. Browser Market Share Germany Aug 2022
    https://gs.statcounter.com/browser-market-share/all/germany ↩︎
  2. Browser Market Share Worldwide Aug 2022
    https://gs.statcounter.com/browser-market-share/all/ ↩︎
  3. https://chromium.googlesource.com/chromium/src ↩︎
  4. Chromium losing Sync support in early March
    https://archlinux.org/news/chromium-losing-sync-support-in-early-march/ ↩︎
  5. The Difference between Google Chrome and Chromium on Linux
    https://chromium.googlesource.com/chromium/src/+/master/docs/chromium_browser_vs_google_chrome.md ↩︎
  6. https://en.wikipedia.org/wiki/Chromium_(web_browser)#Active ↩︎
  7. Datenkrake Google: So viele Daten sammeln die Google-App und Chrome-Browser über alle Nutzer (Infografik)
    https://www.googlewatchblog.de/2021/04/datenkrake-google-so-daten/ ↩︎
  8. Chrome-Browser: Mozilla warnt vor Google-Überwachung
    https://www.giga.de/news/chrome-browser-mozilla-warnt-vor-google-ueberwachung/ ↩︎
  9. When open source isn’t enough: Fancy a de-Googled Chromium? 
    https://www.theregister.com/2020/06/09/open_source_unbranded/ ↩︎
  10. https://github.com/ungoogled-software/ungoogled-chromium/releases/tag/51.0.2704.106-2 ↩︎
  11. Installing Widevine on Chromium on GNU/Linux
    https://github.com/proprietary/chromium-widevine ↩︎
  12. Deviations from Chromium (features we disable or remove)
    https://github.com/brave/brave-browser/wiki/Deviations-from-Chromium-(features-we-disable-or-remove) ↩︎
  13. A Browser Built to Perform
    https://brave.com/compare/chrome/performance/ ↩︎
  14. https://brave.com/de/features/ ↩︎
  15. Brave: Datensendeverhalten Desktop-Version – Browser-Check Teil1
    https://www.kuketz-blog.de/brave-datensendeverhalten-desktop-version-browser-check-teil1/ ↩︎
  16. Googles Webbrowser Chrome verzichtet auf eindeutige ID
    https://www.heise.de/news/Googles-Webbrowser-Chrome-verzichtet-auf-eindeutige-ID-953359.html ↩︎
  17. Sicherheitslücken und Datenklau: Der neue Internet-Browser alarmiert Behörde und Experten: Google Chrome mit Kratzern
    https://www.berliner-zeitung.de/sicherheitsluecken-und-datenklau-der-neue-internet-browser-alarmiert-behoerde-und-experten-google-chrome-mit-kratzern-li.6222 ↩︎
  18. Google Chrome: Datensendeverhalten Desktop-Version – Browser-Check Teil21
    https://www.kuketz-blog.de/google-chrome-datensendeverhalten-desktop-version-browser-check-teil21/ ↩︎
  19. Ungoogled Chromium: Datensendeverhalten Desktop-Version – Browser-Check Teil2
    https://www.kuketz-blog.de/ungoogled-chromium-datensendeverhalten-desktop-version-browser-check-teil2/ ↩︎
  20. Reaktionen auf Chromium-Egde: Google feiert Monopol, Mozilla schimpft
    https://winfuture.de/news,106466.html ↩︎

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