Microsoft verrät: So viele Nutzer flüchten vor Windows

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Microsoft verrät: So viele Nutzer flüchten vor Windows

Microsoft Windows ist seit Jahrzehnten der Marktführer unter den PC-Betriebssystemen. Doch wie lange noch? Windows wächst nicht mehr, sondern hat zig Millionen an Nutzern verloren. Dies hat der Konzern indirekt und wohl unabsichtlich in einem ganz anderen Kontext verrät. Stirbt das bekannte proprietäre Betriebssystem aus? Wenn ja: Was sind die Gründe?

Offizielle Zahlen: Wie viele Menschen nutzen Windows?

Um Entwicklungen abschätzen zu können, werden Zahlen benötigt. Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Zwar werden seit Windows 10 trotz Kritik massiv Telemetriedaten zur Nutzung erhoben.12 Zumindest bei den per Internet verbundenen Systemen dürfte sich dadurch ziemlich genau auswerten lassen, wie viele Windows-Computer es gibt.

Microsoft hält die gesammelten Daten unter Verschluss. Doch manchmal wieder nennen sie zumindest zusammengefasste Zahlen. Im November 2017 lief Windows 10 auf über 600 Millionen Geräten.3 Damit sind allerdings nicht nur PCs und Notebooks gemeint. Microsoft schließt sämtliche Geräte ein, die irgend etwas mit Windows zu tun haben – darunter Tablets, Xbox Konsolen, HoloLeans Brillen und Surface Hub. Das erklärte Ziel: Bis 2018 sollte die Marke von einer Milliarde geknackt werden.

Windows 10 sollte dieses Ziel erreichen – allerdings erst zwei Jahre später. 2020 widmet der Konzern diesem Meilenstein sogar einen eigenen Blogbeitrag.4 Darin ist die Rede von über eine Milliarde Geräten aus 200 Ländern. Sie laufen auf 80.000 Modellen/Konfigurationen von 1.000 Herstellern. Laut MS verwenden 100% der Fortune 500 Unternehmen Windows 10. Mehr Informationen liefert das Unternehmen nicht.

Microsoft verrät: So krass ist Windows geschrumpft

Im Sommer 2024 sollte CrowdStrike als das Antivirenprogramm in die Geschichte eingehen, welches durch mangelhafte Softwarequalität den ersten Großausfall verursacht: Sie verteilten ein ungeprüftes, defektes Update, welches automatisch bei den Kunden installiert wurde und deren PCs lahm legte. Die Folgen waren weltweit zu spüren. CrowdStrike versuchte die Schuld auf Microsoft zu schieben. Dort wies man die Vorwürfe von sich, versuchte dennoch Kunden zu unterstützen.

In einem Blogeintrag vom 20. Juli 2024 veröffentlichte MS erstmals eine Schätzung über das Ausmaß des von CrowdStrike verursachten Schadens.5 Es sollen 8,5 Millionen Windows-Geräte betroffen sein, oder weniger als 1% aller Windows-Maschinen. Der Nebensatz ist interessant. Die PR-Abteilung möchte damit offensichtlich die hohe absolute relativieren, damit es weniger nach Totalschaden klingt. Damit lässt sich allerdings ungefähr hoch rechnen, wie viele Windows-Installationen es laut Microsofts Telemetrie-Daten geben muss.

Da MS wieder mal keine exakte Zahlen nennt, kann nur geschätzt werden. Die Zahl liegt offensichtlich nahe bei 1% – sonst würde man sie ausschreiben, statt aufzurunden. Wenn wir mit 1% rechnen, bedeutet das: Windows läuft auf gerade einmal 850 Millionen Geräten. Das ist sehr wenig wenn man bedenkt, dass hier mindestens die beiden unterstützten Windows 10 & 11 Versionen zusammen enthalten sein müssen. 2020 kam Windows 10 alleine bereits auf 1.000 Millionen aktive Installationen. In wenigen Jahren hat Windows mindestens 150 Millionen aktive Nutzer verloren.

Die Dunkelziffer

Die Dunkelziffer dürfte aus mehreren Gründen höher liegen: Windows 10 ist beispielsweise Jahrelang gewachsen, bis sie 2020 die 1 Milliarde geknackt haben. Bereits im Blogeintrag ist von „über 1 Milliarde“ die Rede. Ob der Höhepunkt der Windows 10 Installationen nun 1,2 oder 1,3 Milliarden gewesen sind, wissen wir mangels Transparenz schlicht nicht. Bei Daten zu Windows 11 hält sich MS zurück, weil die Verbreitung deutlich langsamer steigt, als beim Vorgänger.6

Hinzu kommt, dass die Zahl der anderen Windows-Versionen fehlt. Beispielsweise von Windows 7, welches aufgrund starker Beliebtheit viele Nutzer haben dürfte. Einen Eindruck liefert Microsofts Aussage von Ende 2018: Der Konzern behauptete, dass 1,5 Milliarden Geräte mit Windows laufen.7 Demnach hat das Betriebssystem sogar ca. 650 Millionen verloren.

Es gibt also eine ganze Reihe an Gründen, warum die Zahlen von MS mit Vorsicht zu genießen sind. Selbst mit schwankenden Zahlen bleibt jedoch Fakt: Windows hat viele Millionen an Nutzern verloren – wohl mindestens im 3-Stelligen Millionenbereich. Und das in nur wenigen Jahren.

Auch das Web bestätigt: Windows wird immer unbeliebter

Eine unabhängigere Quelle sind Statistiken von häufig besuchten Webseiten. Durch den User-Agent verrät jeder Browser der Zielseite einige Informationen über das System – darunter das Betriebssystem und bei Windows sogar dessen Version. Statcounter hat seit Januar 2009 die monatlichen Marktanteile archiviert.8 Alle Daten zeigen klar: Windows hatte im Januar 2009 mit 95,4% den höchsten Wert. Danach ging es bergab – mit unterschiedlichem Tempo, allerdings konstantem Trend. Im November 2024 liegt es nur noch bei 72,9% – Ein Verlust von 22,5% in rund 16 Jahren.

An wen verliert Windows?

Dafür gibt es mehrere Gründe. Einer hat mit Microsoft gar nichts zu tun: Technischer Wandel. 2009 waren Smartphones noch eine Nische, doch die Verbreitung stieg stark an.9 In den Jahren danach wurden sie zum Standard und ein Teil des Surfens darauf ausgelagert. Insbesondere Kleinigkeiten im Alltag wie z.B. Fahrpläne, Wetter, Chats usw. Auf der einen Seite werden die Geräte häufiger genutzt, weil sie in der Tasche stecken und sofort einsatzbereit sind. Andererseits werden PC/Laptop für einen Teil gar nicht mehr benötigt und daher weniger genutzt.

Obwohl die PC-Plattform seit über 10 Jahren wegen teils sinkender Verkäufe zugunsten von Smartphones & Tablets für tot erklärt wird, ist sie weit davon entfernt. Es verlagert sich eben nur ein Teil auf kleine Geräte: Chatten auf dem Handy? Klar. Die Nachrichten im RSS-Feed oder Sozialen Netzwerken lesen? Geht auch. Aber intensive Recherchen, Textbeiträge, Präsentationen und so weiter? Schon auf nur einem PC-Bildschirm wird das schnell quälend. Manche haben das bereits 2013 erkannt.10

Dies stützen Zahlen des statistischen Bundesamtes.11 Zwar gibt es seit 2013 einen Trend hin von stationären Computern hin zu Laptops. Addiert man beide, sind 2018 etwa 118% der Haushalte mit PC oder Laptop ausgestattet – ein Teil also mit beidem. Auf 100 Haushalte kamen in diesem Jahr 107,1 Notebooks und 54,4 PCs. Die PCs & Laptops werden also nicht abgeschafft. MS hat Marktanteile an die Konkurrenz verloren: MacOS konnte profitieren, vor allem in den letzten Jahren ist zudem der Anteil von GNU/Linux stark gestiegen.

Warum wenden sich Nutzer von Windows ab?

Microsoft benutzt sein Betriebssystem zunehmend zur Gängelung der Nutzer. Das hat mit Windows 10 und unfreiwilligen Zwangsupdates von Windows 7/8 auf 10 angefangen. Das Vorgehen war derart aggressiv sowie manipulativ, dass der Konzern mehrfach verklagt wurde – mit Verurteilung zur Schadensersatzzahlung.12 Geändert wurde die Praxis jedoch nicht, im Gegenteil. MS eskalierte dies immer weiter, sogar Werbung wurde ins Betriebssystem eingebaut:

  • Windows 11 bekommt Werbung im Startmenü13
  • Windows-Apps bleiben vor Werbung nicht verschont14
  • Selbst in den Systemeinstellungen belästigt Windows seine Nutzer mit Reklame15
  • Windows 11 Nutzer sind die Versuchskaninchen, wer Windows 10 verwendet, ist auch nicht sicher16
  • Vollbild-Werbung zwingt Nutzern Microsofts Browser Edge auf17
  • Natürlich müssen Nutzer im Betriebssystem auf Copilot aufmerksam gemacht werden, weil… KI!18
  • Wer Windows 10 bewusst mit lokalem Konto nutzt, wird über ein Update zum Anlegen eines Cloudkonto gedrängt19
  • Nutzer von Windows 10 werden mit irreführenden Vollbild-Fenstern zu Windows 11 gedrängt20

Dies ist nur ein kleiner Auszug. Es gibt noch weit mehr fragwürdige bis völlig inakzeptable Methoden, mit denen MS seine Nutzer manipuliert und gängelt. Eine der größten in den letzten Jahren sind die künstlich überhöhten Systemanforderungen für Windows 11.21 MS erzwingt damit den Austausch vieler PCs, obwohl sie technisch problemlos Windows 11 ausführen könnten – viele beweisen dies mit inoffiziellen Hacks. Ich selbst habe Windows 11 auf einem zum damaligen Zeitpunkt 10 Jahre alten Billig-PC zum Laufen bekommen. Den Preis dafür zahlen wir alle. Die Menge an Elektroschrott ist seit 2010 um 82% angestiegen, selbst das Recycling kommt nicht hinterher. Die Folgen für die Umwelt (und damit unseren Lebensraum) sind fatal.22

Dazu kommen Updates mit derart mangelhafter Qualität, dass sie Probleme oft nur unzureichend lösen oder sogar neue Verursachen. Der Konzern spart dadurch Kosten für Tester.23 – ein aktuelles Beispiel von vielen ist Windows 11 24H2.24 Noch schlimmer ist dieses systematische Versagen bei Sicherheitsmängeln. Immer wieder werden schwere Sicherheitslücken in Windows & anderen Microsoft-Programmen bekannt. Diese werden sogar an MS gemeldet, aber die unternehmen … nichts. Sicherheitslücken im Internet Explorer wurden beispielsweise 6 Monate (!) lang ignoriert.25 Teils mit absurden Begründungen: Ein Angreifer könne den Nutzer etwa nicht zum Besuch einer Webseite zwingen, um eine Schwachstelle in MS Office auszunutzen. Mit anderen Worten: Der Nutzer ist selbst schuld, wenn er darauf vertraut, dass unsere Programme sicher sind.26

Fazit: Qualität muss sich für kommerzielle Software finanziell lohnen

MS selbst dürfte das nur wenig stören. Durch die zahlreichen Gängelungen verdienen sie schließlich mit den verbleibenden Nutzern mehr Geld. Insbesondere mit Werbung für Cloudabos, die dem Konzern seit Jahren traumhafte Wachstumsraten bescheren.

Schlussendlich ist Qualität für kommerzielle Software ein notwendiges Übel, wofür man nur dann Geld ausgibt, wenn es sich finanziell lohnt. Kaufen und nutzen genügend Leute ein billiges, minderwertiges System, gibt es aus BWL-Sicht keinen Grund, mehr Geld in bessere Software, Tests, usw. zu investieren. Offensichtlich nutzen noch zu viele Windows, damit MS mehr liefern muss. Jüngst hat der Konzern sogar bestätigt, dass die radikalen Windows 11 Systemanforderungen unverhandelbar seien und auch für einen Nachfolger gelten.27 Spätestens jetzt würde ich mir als Windows-Nutzer ja richtig über den Tisch gezogen fühlen.

Quellen

  1. https://www.derstandard.at/story/2000043023621/windows-10-kritik-an-beispielloser-datensammelwut-von-microsoft ↩︎
  2. https://www.lizenzdirekt.com/windows-einstellungen-so-schuetzen-sie-sich-vor-microsofts-daten-sammelwut/ ↩︎
  3. https://www.theverge.com/2017/11/29/16715656/microsoft-windows-10-600-million-devices ↩︎
  4. https://news.microsoft.com/apac/2020/03/17/windows-10-powering-the-world-with-one-billion-monthly-active-devices/ ↩︎
  5. https://blogs.microsoft.com/blog/2024/07/20/helping-our-customers-through-the-crowdstrike-outage/ ↩︎
  6. https://www.theverge.com/2023/10/18/23922062/microsoft-windows-11-400-million-active-devices-usage-data-leak ↩︎
  7. https://www.zdnet.com/article/1-5-billion-windows-devices-more-than-ios-but-lagging-android-microsoft-stats-show/ ↩︎
  8. https://gs.statcounter.com/os-market-share/desktop/worldwide#monthly-200901-202411 ↩︎
  9. https://www.apple.com/de/newsroom/2009/06/08Apple-Announces-the-New-iPhone-3GS-The-Fastest-Most-Powerful-iPhone-Yet/ ↩︎
  10. https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/personal-computer-in-der-krise-ich-hatt-einen-blechkameraden-1.1747968 ↩︎
  11. https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Einkommen-Konsum-Lebensbedingungen/Ausstattung-Gebrauchsgueter/Tabellen/liste-infotechnik-d.html#115502 ↩︎
  12. https://winfuture.de/news,106830.html ↩︎
  13. https://futurezone.at/b2b/windows-11-werbung-im-startmenue-kommt-update-wie-ausblenden/402870602 ↩︎
  14. https://www.golem.de/news/wetter-app-mehr-werbung-in-windows-11-2407-186610.html ↩︎
  15. https://winfuture.de/news,143651.html ↩︎
  16. https://www.golem.de/news/betriebssystem-microsoft-testet-werbung-auch-in-windows-10-2408-188389.html ↩︎
  17. https://www.pcwelt.de/article/2317657/windows-11-vollbild-werbung-fuer-edge-browser.html ↩︎
  18. https://winfuture.de/news,140990.html ↩︎
  19. https://www.pcwelt.de/article/2308865/windows-10-microsoft-konto-statt-lokalem-konto.html ↩︎
  20. https://www.golem.de/news/windows-10-bildschirmfuellende-werbung-fuer-windows-11-ist-zurueck-2402-181960.html ↩︎
  21. https://www.pcwelt.de/article/2546047/keine-gnade-fur-windows-10-pcs-windows-11-upgrade-erfordert-diese-voraussetzung-tpm-2.html ↩︎
  22. https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/elektroschrott-recycling-kommt-bei-steigenden-mengen-nicht-hinterher-a-dbfa3398-df7b-4474-8629-0995b5b07a05 ↩︎
  23. https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/windows-10-microsoft-macht-nutzer-zu-testkaninchen-1.4208912 ↩︎
  24. https://www.pcgameshardware.de/Windows-Software-277633/News/11-24H2-Neuer-Patch-neue-Probleme-1459843/ ↩︎
  25. https://www.heise.de/news/Kritische-Zero-Day-Luecke-im-Internet-Explorer-2482600.html?view=print ↩︎
  26. https://winfuture.de/news,144444.html ↩︎
  27. https://www.pcwelt.de/article/2546047/keine-gnade-fur-windows-10-pcs-windows-11-upgrade-erfordert-diese-voraussetzung-tpm-2.html ↩︎

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