POPCNT fliegt raus: Microsoft zieht die Daumenschrauben bei Windows 11 weiter an

Als Video ansehen
Bereitgestellt über YouTube

POPCNT fliegt raus: Microsoft zieht die Daumenschrauben bei Windows 11 weiter an

Windows 11 müssen mit dem 24H2 Update erneute Beschränkungen über sich ergehen lassen. Das Betriebssystem ist bereits mit hohen Systemanforderungen negativ aufgefallen. Dazu gesellen sich weitere Einschränkungen wie beispielsweise der schrittweise eingeführte Zwang zum Microsoft-Konto. Zunehmend wird deutlich, in welche Richtung Microsoft die Nutzer des Windows-Betriebssystems drängen möchte. Per Salami-Taktik wird eine längerfristige Strategie verfolgt. Was dahinter steckt, erfährst du in diesem Beitrag.

Windows 11: Aufgefallen mit Ansprüchen und Einschränkungen

Als Microsoft seine neue Windows-Version Ende 2021 vorstellte, fiel das Betriebssystem weniger durch neue Funktionen oder Verbesserungen auf, die dem Anwender einen Mehrwert bei der Nutzung versprechen. Stattdessen wird es wohl als das Windows mit den meisten Einschränkungen in die Geschichte eingehen: Die Systemvoraussetzungen sind stark gestiegen. Windows 10 genügte ein Prozessor mit 1 GHz Takt, 1 GB RAM und 16 GB Festplatte1.

  • Bei Windows 11 muss der Prozessor zwei Kerne haben und es darf nicht mehr irgend einer sein – nur ausgewählte werden unterstützt.2 Dazu 4 GB Arbeitsspeicher, 64 GB Festplatten bzw. SSD Speicher.
  • Ausschließlich 64 Bit Architektur3
  • TMP (Trusted Platform Module) wird in mindestens Version 2.0 verlangt.
  • Secure Boot
  • Microsoft-Cloudkonto und Internetverbindung sind zur Einrichtung zwingend erforderlich4

Insbesondere nur noch bestimmte Prozessoren zu unterstützen sowie die Pflicht zu TPM & Cloudkonto schockierten einige Mitglieder aus der Community. Zumal Microsoft diese Anforderungen anfänglich irreführend und teils auch widersprüchlich kommuniziert hatte.5 Windows 11 ist übrigens in weiteren Punkten ein Rückschritt. So wurde beispielsweise das Deaktivieren der Gruppierung in der Taskleiste entfernt. Microsoft machte dies Anfang 2023 nach massiver Kritik rückgängig.6

Anleitungen zur Umgehung der bisherigen Beschränkungen belegen übrigens: Windows 11 läuft problemlos auf zahlreichen Computern, die deutlich älter sind, als die von Microsoft unterstützen Prozessoren es erlauben. Rufus und Ventoy haben diese Hacks sogar automatisch integriert. Offenkundig sind sie also nicht technisch begründet.

Eine Einschränkung jagt die Nächste

Bereits beim letzten Punkt zeigt sich ein Trend: Zunächst setzte Microsoft den Zwang zum Cloudkonto in Version 21H2 nur für Nutzer der günstigsten Home-Edition ein. Die Home-Edition hatte der Konzern bereits früher kastriert – etwa in Form von weniger Kontrolle über Updates.7 Wer nicht von Microsofts Clouddiensten abhängig sein und die Datensammelwut von Windows zumindest eindämmen möchte, musste eine Lizenz für die teurere Pro-Version kaufen. Um ein Jahr später festzustellen: Im Ende 2022 veröffentlichten Upgrade 22H2 wird nun auch in Windows 11 Pro ein Cloudkonto erzwungen.8 Diese Änderung steht offenbar schon länger fest – sie wurde im Februar 2023 in der Vorschauversion angekündigt.9

Nun ist der Tenor: Wer lokale Konten möchte, soll Windows 11 Enterprise kaufen. Diese Edition ist für Unternehmen vorgesehen und noch teurer, als Windows 11 Pro. Wie lange es wohl dauern wird, bis Microsoft auch diese Möglichkeit wieder einstampft? Seit dem gab und gibt es diverse (meist inoffizielle) Hacks und Workarounds: Die Prüfung auf kompatible CPUs und Speicheranforderungen lässt sich mit von Microsoft bereitgestellten Registry-Schlüsseln umgehen, die dennoch nicht offiziell unterstützt sind. Beim Zwang zum Cloudkonto dagegen bleibt der Konzern hart. Eine Zeit lang konnte man ihn umgehen, in dem man die Internetverbindung bei der Installation kappt. Dieser Weg wurde später unbrauchbar gemacht. Derzeit kommt man wohl durch die Eingabe ungültiger Anmeldedaten zum Ziel.10

Auch hier bleibt offen, wie lange Microsoft derartige Wege noch toleriert. Schon mit dem nächsten Update könnten sie entfernt werden. Außerdem gab es immer wieder Änderungen bei z.B. den unterstützten Prozessoren, die teilweise später wieder rückgängig gemacht wurden.11

Ganz neu: Windows 11 startet nicht mehr auf alten Prozessoren

Wie schnell das gehen kann, zeigt die Version 24H2 von Windows 11: Microsoft hatte sie Mitte Februar 2024 recht überraschend anstelle des erwarteten Nachfolgers Windows 12 vorgestellt.12 Der Inhalt ist noch nicht genau bekannt, da Microsoft die Funktionen mittlerweile nach und nach erst später freischaltet. Ein Entwickler hat jedoch herausgefunden, dass Windows 11 den Start auf Prozessoren ohne den Instruktionssatz POPCNT (population count) verweigern.131415 Randnotiz zum Schmunzeln: Der Entwickler hat dafür das unter Linux verbreitete GNU-Werkzeug find genutzt16 – offiziell angekündigt hatte Microsoft diese Einschränkung nicht.

Erste Hinweise durch Tests von Nutzern gab es bereits in den Vorab-Versionen im Sommer 2023.1718 Nun ist klar, dass diese weitere Beschränkung auch in der finalen Version steckt. Die bisherigen Tricks zur Umgehung der Windows 11 Anforderungen funktionieren mit sehr alten Prozessoren wie z.B. dem Core 2 Duo T6500 (Verkaufsstart 2009 – etwa so leistungsstark wie ein Raspberry Pi 4 Prozessor19) nicht mehr. Man kann die Blockade derzeit noch entfernen, in dem man die install.wim auf dem Installationsabbild mit einer älteren Version ersetzt.20

Auch hier ist ungewiss, wie lange Microsoft das noch duldet. Einige Tricks wurden vom Konzern in der Vergangenheit bereits abgeschaltet. Andere mögen funktionieren, führen jedoch dazu, dass man keine (Sicherheits-) Updates mehr erhält.21

Nicht zu verwechseln mit fehlerhaftem KB5029351

Seit den ersten Rückmeldungen aus der Insider-Version beobachte ich das Thema. Währenddessen ist KB5029351 aufgefallen: Die Installation dieses Windows 11 Updates sorgt für Bluescreens mit UNSUPPORTED_PROCESSOR Fehlermeldung.2223 Auf den ersten Blick könnte man das für ein hartes Durchgreifen von Microsoft interpretieren, um die höheren Anforderungen zu erzwingen.

Tatsächlich lag es nur zufällig in der Nähe der Änderungen und Microsoft ist diesmal nicht schuld: Verantwortlich war ein Kompatibilitätsproblem in Kombination mit einem Treiber von Intel.24

Ist die nächste Stufe bereits in Arbeit?

Die sogenannte „Künstliche Intelligenz“ ist seit ChatGPT das Hype-Thema schlechthin, welches auch von Microsoft fleißig befeuert wird: Dort baut man fleißig überall was mit KI ein.25 Das Betriebssystem darf natürlich nicht fehlen – dort befriedigt „Copilot“ in Form eines Assistenten seit Windows 11 23H2 das Bedürfnis nach KI. Dadurch sind die Hardwareanforderungen noch mal kräftig nach oben geklettert: Mindestens 16 GB an Arbeitsspeicher solle man dafür haben.26

Zwar ist dies derzeit noch keine Systemanforderung für das gesamte Betriebssystem. Das könnte sich in Zukunft jederzeit ändern, wie das Unternehmen an früheren Stellen (z.B. Zwang zum Microsoft-Konto) durch Anwendung der Salami-Taktik demonstriert hat. Seit kurzem werden Windows 11 Nutzer bereits mit Werbung beglückt, die zu einem kostenpflichtigen Copilot Pro Abonnement auffordert.27

Microsofts Ziel ist klar: Mehr Profit – auf deine Kosten!

Dass Microsoft euch generell in die Cloud drängen möchte, um regelmäßige Abo-Gebühren zu kassieren, die dann beliebig erhöht werden können, ist bereits seit längerem offenkundig. Mitte 2023 musste Microsoft im Kontext der Activision-Übernahme interne Unterlagen öffnen. Aus denen geht hervor: Das Unternehmen hätte gerne zukünftig auch noch das gesamte Betriebssystem in die Cloud verlagert.28 Schließlich hat das Konzept bei Office 365 schon geholfen, um daraus eine Kostenfalle für den Kunde zu machen.29

Warum der Konzern alle in der Cloud haben möchte, zeigt ein Blick auf die Finanzzahlen: Das Cloudgeschäft ist der größte Umsatzmotor und führte alleine in drei Monaten (Stand Januar 2024) zu 25,9 Milliarden US-Dollar Einnahme – Tendenz steigend mit Wachstumsraten von 20 – 30%. Nicht mit eingerechnet ist hierbei Office mit 19,25 Milliarden Dollar, zu denen auch die Office Cloudabos dazu zählen. Mit der PC-Branche, zu der v.a. Windows-Lizenzen gehören, verdient Microsoft dagegen nur 16,89 Milliarden im gleichen Zeitraum.30

Noch deutlicher wird es, wenn man sich die Einnahmen aus dem gesamten Jahr 2023 anschaut: Die großen zwei Einnahmequellen basieren auf Clouddiensten.31 Und das ist nicht neu. Bereits seit Jahren wächst das Unternehmen nur noch über Clouddienste.32 2022 beispielsweise entfielen 25,7 Milliarden des Gesamtumsatzes von 50,1 Milliarden auf Clouddienste. Das Handelsblatt schlussfolgerte, Windows werde zum Randgeschäft.33 In der Tat scheint der Markt zunehmend gesättigt. Winfuture nennt das Cloudgeschäft 2023 treffend als „Cashcow“.34

Quellen

  1. https://support.microsoft.com/de-de/windows/windows-10-systemanforderungen-6d4e9a79-66bf-7950-467c-795cf0386715 ↩︎
  2. https://learn.microsoft.com/de-de/windows-hardware/design/minimum/windows-processor-requirements ↩︎
  3. https://www.heise.de/news/Systemvoraussetzungen-fuer-Windows-11-Wann-laeuft-es-woran-kann-es-scheitern-6118431.html ↩︎
  4. https://www.computerbase.de/2021-06/windows-11-neuerungen-upgrade-pfad-und-anforderungen-im-detail/#abschnitt_msaccountpflicht_fuer_windows_10_home ↩︎
  5. https://www.computerbase.de/2021-09/windows-11-installation-tpm-pflicht-cpu-kompatibilitaet-updates/ ↩︎
  6. https://www.pcgameshardware.de/Windows-11-Software-277633/News/vermisste-Taskleisten-Features-vor-Comeback-1415422/ ↩︎
  7. https://www.windowspro.de/wolfgang-sommergut/automatische-updates-konfigurieren-windows-10-home-pro-enterprise ↩︎
  8. https://www.computerbase.de/2022-05/windows-11-22h2-pro-account-pflicht/ ↩︎
  9. https://blogs.windows.com/windows-insider/2022/02/16/announcing-windows-11-insider-preview-build-22557/ ↩︎
  10. https://www.deskmodder.de/wiki/index.php?title=Windows_11_mit_einem_lokalen_oder_Microsoft_Konto_installieren ↩︎
  11. Mindestanforderungen für Windows 11-Hardware wieder „herabgesetzt“
    https://winfuture.de/news,139254.html ↩︎
  12. https://www.gamestar.de/artikel/windows-11-24h2-update-popcnt-voraussetzung,3408615.html ↩︎
  13. https://www.pcgameshardware.de/Windows-11-Software-277633/News/24H2-sperrt-alte-CPUs-aus-1441036/ ↩︎
  14. https://arstechnica.com/gadgets/2024/02/windows-11-24h2-goes-from-unsupported-to-unbootable-on-some-older-pcs/ ↩︎
  15. https://www.zdnet.de/88414234/microsoft-schliesst-hintertuer-fuer-windows-11-auf-aelterer-hardware/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=rss ↩︎
  16. https://twitter.com/TheBobPony/status/1756771053928341702 ↩︎
  17. https://winfuture.de/news,1376461.html ↩︎
  18. https://www.pcgameshardware.de/Windows-11-Software-277633/News/Update-CPU-Prozessor-Mindestanforderungen-Geaendert-1425943/ ↩︎
  19. https://www.cpubenchmark.net/cpu.php?cpu=Intel+Core2+Duo+T6500+%40+2.10GHz&id=995 ↩︎
  20. https://www.deskmodder.de/blog/2024/02/12/windows-11-microsoft-schliesst-weitere-inoffizielle-cpus-aus/ ↩︎
  21. https://www.heise.de/news/Windows-11-Trick-erlaubt-einmaliges-Upgrade-auf-alten-PCs-9335921.html?wt_mc=rss.red.ho.beitrag.rdf.beitrag.beitrag ↩︎
  22. https://www.theverge.com/2023/8/24/23844054/microsoft-windows-11-bsod-kb5029351-msi-motherboard-bios-update ↩︎
  23. https://winfuture.de/news,138101.html ↩︎
  24. https://learn.microsoft.com/en-us/windows/release-health/status-windows-11-22H2#microsoft-received-reports-about-an–unsupported-processor–error ↩︎
  25. https://winfuture.de/news,139573.html ↩︎
  26. https://www.pcgameshardware.de/Windows-11-Software-277633/News/Copilot-und-KI-Features-verdoppeln-RAM-Anforderungen-1438466/ ↩︎
  27. https://winfuture.de/news,140990.html ↩︎
  28. https://www.drwindows.de/news/windows-365-microsoft-will-sein-cloud-windows-auch-an-privatkunden-vermarkten ↩︎
  29. https://www.drwindows.de/news/kostenfalle-microsoft-365-immer-mehr-komponenten-gibt-es-nur-gegen-aufpreis ↩︎
  30. https://www.heise.de/news/Microsoft-steigert-Einnahmen-staerker-als-erwartet-dank-Cloud-Wachstum-und-KI-9613764.html ↩︎
  31. https://fourweekmba.com/de/Aufschl%C3%BCsselung-der-Microsoft-Einnahmen/ ↩︎
  32. https://www.heise.de/news/Microsoft-verdient-mehr-dank-Cloud-und-KI-doch-waechst-langsamer-als-erwartet-9226658.html?wt_mc=rss.red.ho.ho.rdf.beitrag.beitrag ↩︎
  33. https://www.handelsblatt.com/technik/it-internet/quartalszahlen-windows-wird-zum-randgeschaeft-fuer-microsoft-26-milliarden-dollar-cloud-umsatz/28767852.html ↩︎
  34. https://winfuture.de/news,137580.html ↩︎

Leave a Reply