16GB RAM: Wer kauft den neuen Raspberry Pi 5 für 144€?

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16GB RAM: Wer kauft den neuen Raspberry Pi 5 für 144€?

Der Raspberry Pi 5 ist in einer neuen Version erschienen. Zeitgleich ist es die bis dato teuerste Variante. Lohnt es sich, so viel Geld für einen Einplatinencomputer auszugeben? Schließlich war der Raspi auch als günstiger Computer für damals nur ca. 35€ bekannt geworden. Mittlerweile muss das schnell bereits für zwingend notwendiges Zubehör oben drauf gerechnet werden. Darüber hinaus möchte der Raspberry Pi nachhaltiger werden – jedoch ebenfalls gegen Aufpreis. Dieser Beitrag zeigt dir das neue Modell und gibt eine Einschätzung mit möglichen Alternativen.

16 GB blieben lange ein Traum

Schon seit Anfang an gibt es beim Arbeitsspeicher des Raspberry Pi nur eine Richtung: Nach oben. 2013 kam das erste Modell zunächst mit 256MB auf den Markt, kurz darauf wurde auf 512MB verdoppelt. Dies wiederholte sich 2015 mit dem 2B auf 1GB. Einige Jahre lang blieb es dabei, bis 2019 der Raspberry Pi 4 einen großen Sprung machte – er ist beim Marktstart mit bis zu 4 GB Arbeitsspeicher erhältlich. 2020 folgte sogar die 8 GB Edition.1

Damit war bisher der Höhepunkt erreicht. Manchen Bastlern war das nicht genug: Bereits 2023 wagte einer das Experiment, einen Raspberry Pi 4 blind mit 16 GB zu bestücken. Er tauschte den verlöteten 4 GB Chip durch 16 GB. Der Startbildschirm schien das Modul korrekt zu erkennen. Doch das Raspberry Pi OS Betriebssystem hatte Probleme. Mit einer anderen GNU/Linux-Distribution konnte der inoffizielle 16 GB Raspi 4 zum Laufen gebracht werden.2

2024 gab es einen zweiten Versuch mit dem Nachfolgemodell Raspberry Pi 5. Beim ersten Versuch wurde der Einplatinencomputer zerstört. Im zweiten Anlauf verweigerte er den Start mit 16 GB RAM.3 Die Ergebnisse sind also gemischt. Darüber hinaus ist der RAM fest verlötet & nicht zum Austausch vorgesehen. Ihn zu ersetzen ist kompliziert & aufwändig. Diese Versuche sind ein nettes Experiment. Allerdings keine ernste Option für die meisten Anwender, denen es ums reine Aufrüsten geht – wie es bei X86 PCs mit zwei Handgriffen erledigt ist.

Der 16 GB Traum wird überraschend wahr

Zum Start des Raspberry Pi 5 war er nur mit 4GB und 8GB Arbeitsspeicher verfügbar – das verwunderte im Vergleich mit dem Vorgänger. Doch Eben Upton beruhigte: Dies sei lediglich zum Marktstart der Fall. Später sollten weitere Editionen erscheinen. Im August 2024 erschien die 2GB Edition, womit man den vorherigen Preisen wieder näher kam.4

Nun wurde das Spektrum am anderen Ende der Skala erweitert: Kurz nach Jahresbeginn 2025 stellt Eben Upton eine neue Edition mit 16GB RAM vor.5 Das ist eine Überraschung, weil der Raspberry Pi 5 erstmals einen Pseudo-Widerstand als Anzeige der Speichermenge einführte. Dieser zeigte alle damals geplanten Varianten: 1GB/2GB/4GB & 8GB. Damals schien eine noch kleinere Version mit nur 1GB Arbeitsspeicher geplant war. Das hat mich schon damals verwundert. Der SoC ist deutlich schneller als beim Vorgänger. Mit derart wenig Speicher lässt er sich kaum sinnvoll ausreizen. Wem das genügt, der sollte besser zum ohnehin günstigeren Raspi 4 greifen.

Scheinbar wurde das in Großbritannien auch erkannt und man hat sich stattdessen für ein 16 GB Modell erschienen. Durch Optimierung des D0 steppings vom eingesetzten BCM2712 unterstützt dieser mehr als 8 GB Arbeitsspeicher. Bislang war das offensichtlich nicht vorgesehen. Das erklärt, warum bei den inoffiziell ausgetauschten Chips der Start komplett fehlschlägt. Positiver Nebeneffekt: Das neue stepping soll im Leerlauf etwas weniger Energie benötigen.

Was bringt ein Raspberry Pi 5 mit 16GB für ~144€?

Das neue 16GB Modell ist bereits in mehreren deutschen Shops erhältlich.6 Am 13.01.2025 ist Reichelt mit 138,50€ der günstigste Anbieter. Da noch Versandkosten hinzu kommen, muss man für das Gerät mindestens 143,50€ bezahlen. Damit ist es zeitgleich auch der teuerste Raspi, den es bislang gibt.

Am ehesten dürfte davon „KI“ profitieren: Große Sprachmodelle (LLMs) sind speicherhungrig. Für sie sind 8GB knapp bemessen, sodass man teils auf kleinere mit weniger Parametern zurück greifen muss. Dennoch wird ein Raspberry Pi damit nicht zum High-End System. Das Antworten mit ~1 Token pro Sekunde ist gängig und für den praktischen Einsatz meist zu quälend langsam. Wer damit nur experimentieren möchte, ohne sich auf eine dedizierte Plattform zu beschränken, mag das dennoch sinnvoll finden.

Wie sinnvoll ist das?

Darüber hinaus sehe ich nur wenige Anwendungsfälle, in denen das überhaupt eine Erwägung wert ist: Selbst mit grafischer Oberfläche ist das Raspberry Pi OS eine sparsame GNU/Linux-Distribution. Das ändert sich mit schwereren Desktopumgebungen wie Gnome. Ein Minecraft-Server zusammen mit weiteren (Java-) Anwendungen, die viel Speicher benötigen, könnten 8GB sprengen. Wer virtualisiert, kann mit 16GB deutlich mehr VMs laufen lassen.

Aber ist ein Raspberry Pi für solche Szenarien die beste Wahl? In vielen Fällen wohl nicht: Zu den rund 144€ kommt noch diverses Zubehör – mindestens Speicherkarte, Netzteil und Gehäuse. Je nach Einsatzzweck weitere Komponenten wie Kühler & HDMI-Adapter. Insgesamt bewegt man sich damit auf 200€ zu. In diesem Preisbereich bekommt man verschiedene Mini-PCs. Diese sind zwar nicht auf dem Niveau von Lenovo Tiny & co, doch bieten deutlich mehr.

Ein Beispiel: Der Blackview Mini PC MP80 für derzeit 190€ liegt im ähnlichen Preisbereich, ist dank Intel N95 flexibler & schneller. Beim RPI5 kann in diesen Dimensionen der Prozessor zum Flaschenhals werden. Dazu erhält der Mini-PC eine 512GB große M.2 SSD als Festspeicher. Beim RPI müsste man für das Geld auf eine deutlich langsamere, weniger robuste Speicherkarte zurückgreifen. Oder zusätzlich einen M.2 HAT mit SSD dazu kaufen – und damit die 200€ Marke deutlich sprengen. Als Bonus ist die Auswahl an Gehäusen eingeschränkt.

Preise

Dies liegt jedoch nicht daran, dass die Preiserhöhung von 8GB auf 16GB übermäßig teurer ist. Offiziell wurde die 4GB Variante für $80 eingeführt, 8GB RAM sollen $80 kosten.7 Für 4GB Arbeitsspeicher wurden somit $20 mehr fällig. Mit $120 ist die 16GB Variante $40 höher angesetzt, was dem bisherigen Aufpreis verspricht. Damit sind wir in vernünftigen Dimensionen unterwegs.

Meilenweit entfernt von den dreisten Mondpreisen,mit denen Apple seine Kunden kräftig Geld aus der Tasche zieht:8 Dort kosten 8GB mehr satte 230€ Aufpreis, das macht 115€ pro 4GB. Derartige Mondpreise verlangt nicht mal schneller X86 Speicher.

Mit Speichererweiterungen am Mac Mini kann Apple offensichtlich viel Gewinn einnehmen

Der Grund, warum ich von der 16GB Edition eher abrate: Für die meisten Anwendungsfälle bietet ein Raspi nur noch wenig Vorteile. Dafür stehen verschiedene Nachteile hinsichtlich Erweiterungen sowie dem ARM Ökosystem. Lukrativ wurde der Raspberry Pi als universelle, flexible Plattform. Damals gab es keine guten & günstigen Mini-PCs wie die Lenovo Tinys oder teils auch preiswerte neue Modelle. Zusammen mit dem geringen Strombedarf wurden die RPIs als Micro-Server beliebt. Mittlerweile hat X86 in diesem anfangs vernachlässigten Bereich aufgeholt.

RAM-Fazit: Wer braucht das?

Der Speicher des Raspberry Pi 5 wurde wieder einmal verdoppelt. Während das früher bei z.B. 512MB auf 1024MB ein klarer Mehrwert wurde, ist es heute weniger eindeutig. 16GB dürften derzeit nur für wenige Power-Nutzer eine Option sein. Selbst dort bleibt die Frage: Wozu soll man sich in ein relativ eingeschränktes, limitiertes ARM-Ökosystem zwingen? Leistung ist & war noch nie die Stärke des Raspi – das können andere selbst in dieser Preisklasse besser.

Das sinnvollste Modell ist in meinen Augen die 4GB Edition. Sie ist für vieles ausreichend, bleibt dafür preislich im Rahmen. Für manche Anwendungsfälle können 8GB noch sinnvoll sein. Hier wird die Luft schon dünner. Spätestens wenn gebrauchte Geräte eine Option sind, dürften Mini-PCs bereits hier die offenere, flexiblere Option sein – oft mit mehr Leistung. Bei 16GB würde ich mir sehr gründlich überlegen, ob ich so viel Geld in einen verlöteten Einplatinencomputer investiere. Zumindest dann, wenn ich dessen Vorteile (z.B. GPIO) gar nicht benötige. Das wird mit derart viel RAM wahrscheinlich oft der Fall sein.

Setzt man ihn allerdings als universellen Bastelcomputer ein, statt für spezifische Zwecke, lässt sich argumentieren: Darum geht es gar nicht. Sondern man möchte z.B. Ubuntu mit Gnome auf 16GB RAM & einem ARM-SoC ausprobieren. Etwa für Experimente oder um Grenzen auszutesten. Nicht weil es die beste Wahl für einen spezifischen Anwendungsfall (Desktop-System, Mini-Server usw) ist. In diesem Falle hat das Preis-Leistungsverhältnis wenig Relevanz.

Emissionen für 4 US-Dollar kompensieren

Im weiteren Teil des Beitrages geht Eben Upton ausführlicher auf das Thema Umweltschutz ein. Er ist stolz, dass der Raspberry Pi einen geringen ökologischen Fußabdruck aufweist. Neben der kompakten Größe ist der Strombedarf im Betrieb deutlich geringer, als bei einem vollwertigen (X86) PC. Dies habe ich in meinen Messungen mehrfach bestätigen können. Vollwertige PCs lohnen sich oft nur noch, wenn viel Leistung notwendig ist. Ob Einplatinencomputer für den Rest die beste Wahl sind, ist diskutabel. Definitiv reicht vielen jedoch ein deutlich kleineres System mit geringerer Energieaufnahme.

Weiter kündigt der Raspberry Pi Gründer die Einführung des Raspberry Pi Carbon Removal Credits Programm an: Auch ein kleiner Fußabdruck ist noch immer ein Fußabdruck. Man habe daher eine unabhängige Bewertung erstellen lassen. Demnach erzeugt ein Raspberry Pi 4 oder 5 während seines gesamten Lebenszyklus (Produktion, Versand & Entsorgung) 6,5 kg CO₂-Äquivalent. Zur Einordnung: In Deutschland liegt der Ausstoß im Durchschnitt bei 10,8 Tonnen pro Kopf und Jahr. Klimaverträglich wäre weniger als 1 Tonne weltweit.9 Um nachhaltig zu sein, dürfte man für einen Raspberry Pi somit 6,5 Jahre lang nichts konsumieren.

Dazu möchten sie eine Alternative anbieten. Die Credits für jeweils 4 US-Dollar sollen zerkleinertes Silikatgestein auf landwirtschaftlichen Flächen verteilen, um darin deutlich schneller CO2 für über 100.000 Jahre speichern zu können.

CO2-Fazit: Als Kunde von Emissionen frei kaufen

Bei den CO2-Coins bin ich skeptisch. Die Daten des Umweltbundesamtes zeigen, wie wichtig es ist, dass sich Unternehmen mit echter Nachhaltigkeit beschäftigen. Zeitgleich ist das Binden von CO2 sowie der Handel mit Zertifikaten streitbar. Außerdem vermittelt es den Eindruck: Wir können weiterhin maßlos konsumieren, wenn nur ein paar Euro als Wiedergutmachung drauf gelegt werden. So einfach funktioniert das allerdings nicht. Ressourcen sind endlich & bei Elektroschrott wird bis heute nur ein erschreckend kleiner Teil überhaupt gesammelt, geschweige denn recycelt.

Abgesehen von diesem Grundsatzproblem: Wo ist die Beteiligung der Raspberry Pi Ltd? Ich könnte ihnen das Entdecken der Nachhaltigkeit weitaus mehr abnehmen, wenn sie mindestens einen Teil der Kosten übernehmen. Bei 7,6 Millionen US-Dollar Nettogewinn im ersten Halbjahr 202410 sind Mittel vorhanden, um in die Zukunft zu investieren. So erinnert mich das leider an die CO2-Fußabdruck Kampagne der Ölindustrie. Sie hat das Konzept 2004 verbreitet, um die Verantwortung von sich weg zu lenken.11

Ich unterstelle Eben Upton keine manipulativen Absichten. Die Ltd. ist ein Wirtschaftsunternehmen und agiert als solches, wie es das System vorgibt. Ein Teil davon fließt zudem in den gemeinnützigen Teil. Für ernsthafte Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz erwarte ich jedoch mehr. Positiver als die Coins finde ich z.B. die lange Pflege der Software, bei der man auch die deutlich älteren Modelle berücksichtigt. Hier übernehmen sie mit ihren Produkten konkret Verantwortung, statt sie zu Verschieben oder Ausreden zu suchen.

Quellen

  1. https://www.pcwelt.de/article/1186633/raspberry-pi-4-mit-8gb-ram-raspberry-pi-os-ersetzt-raspbian.html ↩︎
  2. https://www.pcgameshardware.de/Raspberry-Pi-Hardware-257637/News/4-RAM-Chip-16-GB-Upgrade-1418168/ ↩︎
  3. https://www.tomshardware.com/raspberry-pi/attempt-to-upgrade-raspberry-pi-5-with-16gb-of-ram-results-in-a-bricked-pi ↩︎
  4. https://www.raspberrypi.com/news/2gb-raspberry-pi-5-on-sale-now-at-50/ ↩︎
  5. https://www.raspberrypi.com/news/16gb-raspberry-pi-5-on-sale-now-at-120/ ↩︎
  6. https://www.idealo.de/preisvergleich/ProductCategory/31123F10207530.html?q=raspberry%20pi%205%2016gb ↩︎
  7. https://www.raspberrypi.com/news/introducing-raspberry-pi-5/ ↩︎
  8. https://www.mactechnews.de/news/article/Verwunderung-ueber-Upgrade-Preise-Zwei-Mac-Minis-kosten-so-viel-wie-ein-Mac-Mini-mit-Verdoppelung-bei-SSD-und-RAM-186034.html ↩︎
  9. https://www.umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/wie-hoch-sind-die-treibhausgasemissionen-pro-person ↩︎
  10. https://de.marketscreener.com/kurs/aktie/RASPBERRY-PI-HOLDINGS-PLC-171113316/news/Raspberry-Pi-Holdings-plc-meldet-Ergebnis-fur-das-Halbjahr-bis-zum-30-Juni-2024-47925690/ ↩︎
  11. https://www.ardalpha.de/wissen/umwelt/nachhaltigkeit/co2-fussabdruck-carbon-footprint-shell-exxon-bp-taeuschung-klima-100.html ↩︎

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