Microsoft zerstört nun auch Upgrade-Trick für inoffizielle PCs: Was bleibt noch?

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Microsoft zerstört nun auch Upgrade-Trick für inoffizielle PCs: Was bleibt noch?

Die hohen Windows 11 Systemanforderungen werden seit bald 3 Jahren scharf kritisiert. Einige Tricks zur Umgehung wurden gefunden, aber Microsoft sieht das gar nicht gerne und geht nun auch gegen Upgrades vor. Das wirft Fragen über die Zukunftstauglichkeit von Windows 11 Installationen auf. Doch bisher hat der Konzern nicht alle Wege unbrauchbar gemacht. Dieser Beitrag zeigt, welche alternativen Hacks Microsoft derzeit noch duldet.

Das Chaos mit den Windows 11 Systemanforderungen

Neben den Anforderungen an sich ist auch das Chaos zur Durchsetzung kritikwürdig. Die offiziellen Anforderungen werden nämlich je nach Installationsart abgeschwächt oder gar nicht erzwungen. Grundsätzlich gibt es zwei Wege, um Windows 11 zu installieren: Als saubere Neuinstallation oder per In-Place Upgrade. Bei einer Neuinstallation wird am wenigsten erzwungen, selbst wenn die Registry-Hacks zur Umgehung nicht gesetzt sind.

Bei einer Neuinstallation wird beispielsweise nur erzwungen, dass der Prozessor mindestens 2 Kerne besitzt – ohne Prüfung der Taktfrequenz. Upgrades lassen sich nur installieren, wenn er von MS als kompatibel auf der eigenen Liste gesegnet wurde. Letzteres wäre die offizielle Anforderung, wie sie der Konzern dokumentiert. Dort ist zudem TPM 2.0 Pflicht. Nur Upgrades werden ohne TPM 2.0 verweigert, die Neuinstallation gibt sich ohne Hacks mit 1.2 zufrieden. Konsistent sind beide Varianten lediglich bei Secure Boot, weichen hier aber auch von Microsofts Forderung ab: Auf dem Papier muss Secure Boot aktiviert sein. In jedem Falle wird aber nur geprüft, ob es vom Mainboard unterstützt ist. Sowohl Upgrade als auch Neuinstallation laufen durch, wenn es im UEFI abgeschaltet ist.1

Keine Gnade: Das Upgrade aus einem laufenden Windows heraus prüfen am strengsten.

All das ist nur die Spitze vom Eisberg. Insgesamt gibt es fünf verschiedene Konstellationen mit jeweils abweichenden Hardwareanforderungen. Bevorzugt werden die absurden Systemanforderungen daher per Neuinstallation umgangen. Dort stehen zudem in der Windows PE Installationsumgebung die mächtigsten Hacks zur Verfügung.

Warum Windows 11 Upgrades trotzdem wichtig sind

Upgrades sind trotzdem wichtig: Manchmal liefert Microsoft neue Windows 11 Versionen (21H2, 22H2, 23H3 usw) per Upgrade aus. Hier werden – im Gegensatz zu Updates – die strengen Prüfungen vollzogen. Man kann damit in die unangenehme Lage kommen, Windows 11 zwar über Tricks installiert zu haben. Einige Zeit später wird die Installation von Upgrades jedoch verweigert. Damit fehlen nicht nur neue Funktionen. Sobald die installierte Version ihr Lebensende erreicht hat, fehlen jegliche Korrekturen von Sicherheitsmängeln und sonstigen Fehlern. Das macht Windows noch deutlich unsicherer.

Wichtig ist hier der Unterschied zwischen Updates und Upgrades. Ein Windows Update tauscht einzelne Dateien aus oder ergänzt diese, das geschieht über die Windows Update Funktion. Sie prüft keine Systemanforderungen. Upgrades hingegen schon. Welche Versionskonstellation als Update oder Upgrade erscheint, lässt sich nicht vorhersagen. Erschwerend nutzt Microsoft die Begriffe selbst nicht korrekt, sodass deren Informationen keine verlässliche Quelle darstellen.

Neben der Installation größerer Upgrades aus einem laufenden Windows 11 heraus gibt es noch einen zweiten Anwendungsfall: Man hat bereits ein laufendes Windows 10 und möchte/muss wegen dessen Lebensende im Oktober 2025 wechseln. Hierfür wäre das natürlich bequemer und zeitsparender, als eine komplette Neuinstallation.

Der Server Trick: So ging es am einfachsten

Microsoft erlaubt es Verweigerern also nicht, sich auf dem einfacheren Weg der Neuinstallation dauerhaft auszuruhen. Doch auch hier wurde ein einfacher Trick gefunden: Die setup.exe hat einen undokumentierten2 Parameter /product, womit sie sich anweist, den Installations-Assistenten für Windows Server aufzurufen. Diese Umgehungsmethode ist bereits seit Ende 2022 bekannt und verbreitete sich 2023 zunehmend.3 Sie ist möglich, weil Windows Server auf dem Desktop-Windows bestehen, mit ein paar Anpassungen und zusätzlichen Komponenten wie dem Server-Manager. Dort scheint Microsoft die Windows 11 Anforderungen nicht zu erzwingen.

Statt dem Server-Windows erkannt der Assistent jedoch den meist im BIOS/UEFI hinterlegten Lizenzschlüssel. Dieser berechtigt nicht zur Nutzung von Windows Server, daher installiert er die passende Windows 11 Desktop-Edition. Anstelle der Fehlerseite erscheint hier der Lizenzvertrag, nach dessen Akzeptieren sich die Installation des Upgrades starten lässt:

Beide Tests erfolgten mit Build 26080.1 von Windows 11:

Microsoft zerstört den Server Trick

Im Vergleich zu anderen Hacks war dieser Weg zur Umgehung der offiziellen Anforderungen relativ einfach umzusetzen. Wahrscheinlich genau deswegen macht Microsoft ihn unbrauchbar: Ab Windows 11 Insider Preview Build 27686 öffnet sich zwar noch der Willkommensbildschirm. Nach dem Klick auf Weiter erscheint jedoch lediglich eine Fehlermeldung. Dies verschweigt der Konzern natürlich in der dazugehörigen Ankündigung.4

Wer sich 27686 oder neuer herunterlädt, kann es durch ausprobieren selbst feststellen. Offensichtlich hat MS die Prüfung der Windows 11 Anforderungen auch in der Server-Installation ergänzt. Möglicherweise in Kombination mit dem Start aus einem Desktop-Windows oder dem Finden eines Desktop Lizenzschlüssels im UEFI.

Alternative AllowUpgradesWithUnsupportedTPMOrCPU

Auch hier verlagern sich die verbleibenden Möglichkeiten in die Registry. Ihr müsst den Registrierungs-Editor öffnen, in dem ihr danach sucht. Oder kürzer: [Windows] + [R], dann regedit eingeben und [Enter] drücken. Navigiert links in den Pfad Computer\HKEY_LOCAL_MACHINE\SYSTEM\Setup oder gebt diesen oben ein. Prüft anschließend, ob es darin den Ordner MoSetup gibt. Falls nicht, per Rechtsklick zuvor anlegen. In meiner frisch aufgesetzten Windows 11 23H2 Testinstallation war das nicht notwendig. Innerhalb von MoSetup müsst ihr per Rechtsklick auf den weißen Bereich im rechten Teil des Fensters > Neu > DWORD-Wert (32-Bit) ein Element anlegen.

Benannt wird es AllowUpgradesWithUnsupportedTPMOrCPU.5 Mit [Enter] wird er angelegt und steht danach standardmäßig auf Wert 0x0, also „0“. Per Doppelklick den Wert auf „1“ ändern sowie bestätigen. In der Spalte Daten sollte nun (1) statt wie zuvor (0) am Ende stehen.

Dieser Schlüssel führt dazu, dass der Upgrade-Assistent sowohl beim Fehlen von TPM 2.0, als auch bei nicht von Microsoft freigegebenen Prozessoren trotzdem startet, statt abzubrechen. Damit kann die setup.exe ohne weitere Parameter direkt per Doppelklick gestartet werden. In meinem Test hat dies direkt im Anschluss funktioniert. Sollte es zu Problemen kommen, ist ein Neustart vom kompletten Windows empfehlenswert. Mit Build 27686 der Vorschauversion lässt sich das Upgrade starten:

Microsoft zieht die Daumenschrauben seit Jahren immer enger

Es handelt sich nicht um die erste Verschärfung, mit denen Microsoft die Nutzer zu den offiziellen Anforderungen zwingen möchte. Zunächst sollte beispielsweise das Online-Konto in der MS-Cloud nur für Windows 11 Home zur Anmeldung künstlich erzwungen werden. Das ließ sich durch Trennen der Netzwerkverbindung austricksen – sehr zum Ärger von Microsoft, die darauf mit dem Zwang zur aktiven Internetverbindung reagierten. Ansonsten lässt sich die Einrichtung nicht fortsetzen.

Eine Zeit lang ließ sich auch das austricksen, in dem eine nicht existierende E-Mail Adresse oder einfach „microsoft“ angegeben wurde. Doch Mitte 2024 machte der Konzern dies ebenfalls unbrauchbar. Die Ausnahme für Pro-Lizenzen schien nur eine unausgesprochene Schonfrist zu sein: Nur wenige Monate nach Home mussten auch sie sich offiziell mit einem MS Online-Konto anmelden.

Zwar gibt es weiterhin noch Alternativen. Doch diese werden immer weniger und zudem komplizierter. Microsoft setzt offensichtlich auf Zermürbungstaktik: Wer alle paar Monate einen neuen Weg recherchieren muss, der noch aufwändiger wird, der gibt sich hoffentlich bald dem Konto in der Cloud des Konzerns geschlagen. Dies hat jedoch einige Nachteile, auf die der Softwaregigant nicht hinweist. Mittlerweile werden beispielsweise sogar ungefragt persönliche Daten in die OneDrive Cloud geladen.

Was bedeutet das für die Zukunft von Windows 11?

Beim Insider Preview Build 27686 handelt es sich um den Entwicklungsstand für die nächste Windows 11 Version 25H1, die in der ersten Jahreshälfte 2025 erscheinen wird. Akut treffen die neuen Einschränkungen also vorerst nur Tester. Das derzeit aktuellste stabile 24H2 ist nicht betroffen. Außer MS entscheidet sich spontan um. Doch spätestens wenn 24H2 sein Lebensende erreicht, muss auf 25H1 gewechselt werden.

Theoretisch könnten sie sich der Entwicklungsstand noch ändern. Zwar erhalten Insider immer wieder neue Funktionen zum testen. In diesem Punt ist das jedoch unwahrscheinlich. Bereits zuvor wurden dort neue Einschränkungen ausprobiert und 1:1 übernommen. Beispielsweise die Ausweitung des Zwangs zum Cloudkonto.6 Man sollte also davon ausgehen, dass dieser Trick in 25H1 nicht mehr funktioniert. Außer es würde zu massiven Protesten kommen, die Microsoft zum zurück rudern drängen – wie bei Recall geschehen.

Es dauert zwar noch einige Monate Ob Microsoft bis dahin den offiziellen inoffiziellen AllowUpgradesWithUnsupportedTPMOrCPU Registry-Schlüssel noch erlauben wird, ist ungewiss. Eben so bleibt offen, welche anderen Gängelungen sich der Konzern einfallen lässt, um rebellische Windows 11 Nutzer zu den offiziellen Anforderungen zu gängeln. Wer sie umgeht, muss dafür zunehmend Umdenken und Basteln. Dazu die Ungewissheit, ob er bei der nächsten als Upgrade verteilten Version noch Aktualisierungen erhält. Ansonsten ist etwa zwei Jahre nach dem jeweiligen Veröffentlichungsdatum Schluss.7

Fazit

Die Botschaft ist eindeutig: Microsoft sieht das Umgehen ihrer hohen Anforderungen gar nicht gerne und schließt immer wieder bekannte Tricks mit etwas Verzögerung. Dadurch wird die Luft dünner für alle, die sich der härteren Strategie nicht unterwerfen möchten. Noch ist es auf Umwegen möglich. Der Quasi-Monopolist hat jedoch noch mehr Möglichkeiten im Ärmel, um seine strategischen Entscheidungen schärfer durchzusetzen.

Das zeigt einmal mehr: Wer unfreie Software nutzt, ist zu erheblichen Teilen der Willkür des Rechteinhabers ausgesetzt. MS alleine bestimmt, auf welchen PCs Windows laufen darf. Und sogar, ob jene auf denen es installiert wurde, zukünftig noch Upgrades bekommen. Die c’t betrachtete die Windows 11 Anforderungen 2023 als „Reine Willkür“: Der Konzern wolle weniger Support leisten, sowie parallel die Verkäufe neuer Rechner ankurbeln. Über die im Preis enthaltene Windows-Lizenz verdient er daran mit.8

Quellen

  1. https://www.heise.de/select/ct/2024/1/2331310302954388778 ↩︎
  2. https://learn.microsoft.com/en-us/windows-hardware/manufacture/desktop/windows-setup-command-line-options?view=windows-11 ↩︎
  3. https://www.heise.de/news/Windows-11-Trick-erlaubt-einmaliges-Upgrade-auf-alten-PCs-9335921.html ↩︎
  4. https://blogs.windows.com/windows-insider/2024/08/15/announcing-windows-11-insider-preview-build-27686-canary-channel/ ↩︎
  5. https://www.heise.de/news/Microsoft-zeigt-Trick-zur-Umgehung-der-Windows-11-Anforderungen-6212391.html ↩︎
  6. https://www.pcgameshardware.de/Windows-Software-277633/News/Microsoft-Konto-wird-bald-zur-Pflicht-1394597/ ↩︎
  7. https://learn.microsoft.com/de-de/lifecycle/products/windows-11-home-and-pro ↩︎
  8. https://www.heise.de/select/ct/2023/10/2305317130606649437 ↩︎