Braucht der Raspberry Pi 5 wirklich ein neues Netzteil?

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Braucht der Raspberry Pi 5 wirklich ein neues Netzteil?

Zusammen mit dem Raspberry Pi 5 wurde auch ein neues Netzteil vorgestellt: Es ist größer und besitzt mehr Leistung, als das ebenfalls offizielle Netzteil für das Vorgängermodell. Dieser Beitrag erklärt, wann du es wirklich brauchst und in welchen Fällen du problemlos ein bestehendes Netzteil (z.B. für den Raspberry Pi 4) verwenden kannst – alles, was du vor dem Kauf wissen solltest.

Die Vorteile der offiziellen Raspberry Pi Netzteile

Im folgenden geht es jeweils um die offiziellen Raspberry Pi Netzteile, sofern nicht anders erwähnt. Bereits seit längerem gibt es diese als offizielles Zubehör.1 So kann man sicher sein, dass der Pi zuverlässig mit ausreichend Leistung versorgt wird. Vor allem für Einsteiger ist dies perfekt, da eine unzureichende Stromversorgung zu den häufigsten Ursachen für verschiedene Probleme zählt. Um Spannungsverluste durch z.B. das Kabel zu kompensieren, liefern die offiziellen Netzteile 5.1V statt 5.0V, sodass am Ende der Leitung garantiert mindestens 5.0V ankommen.

Warum gibt es ein neues Netzteil?

Das Raspberry Pi 4 Netzteil liefert 5.1V mit 3.0A. Für den Zero genügt ein schwächeres mit 2.5A, im Folgenden fokussieren wir uns auf den vollwertigen Raspberry Pi. Beim Raspberry Pi 5 ist das neue offizielle Netzteil nicht nur physisch gewachsen, sondern liefert mit 5.0A eine deutlich höhere Stromstärke – umgerechnet 25.5 Watt. Dies wurde notwendig, da der Raspberry Pi 5 über mehr Leistung und neue Funktionen verfügt. Beispielsweise die neue PCI-Express Schnittstelle: Der Vorgänger hatte keine und eine daran angeschlossene M.2 SSD verbraucht unter Last bis zu 5 Watt.

Dazu muss der Pi auch immer Reserven für USB-Geräte vorhalten. Die USB 3.0 (aka 3.1 Gen 1) Spezifikation erlaubt bis zu 0,9A pro Port, bei USB 2.0 immerhin noch 0,5 A je Anschluss.23 Der Raspberry Pi 4 begrenzt dies bereits auf maximal 1.2A für alle Ports, da ansonsten bereits ein deutlich stärkeres Netzteil (3,8A alleine für die 4 USB-Anschlüsse) notwendig wäre.4 Theoretisch stehen also sogar mehr als die maximalen 0,9A des USB 3.0 Standards zur Verfügung, was z.B. externen Festplatten helfen kann – diese benötigen oft beim Start kurzzeitig einen höheren Anlaufstrom für den Motor.

Braucht der Raspberry Pi 5 zwingend das neue Netzteil?

Nicht zwingend. Der Raspberry Pi 5 ist auch mit den 3A Netzteilen kompatibel, beschränkt dann allerdings USB-Geräte auf maximal 0,6A. Für z.B. USB-Sticks von Funkmäusen/Tastaturen reicht das völlig aus. Das Raspberry Pi OS zeigt mit installiertem Desktop eine Warnung, wenn es nicht mit einem 5A Netzteil versorgt wird.5 Wird mehr Energie benötigt, wäre ein aktiver USB-Hub notwendig – bei der Verwendung von externen Festplatten ohne eigene Stromversorgung kann das beispielsweise problematisch werden.

Je nach Anwendungsfall spielt die Drosselung der USB-Schnittstellen aber gar keine Rolle. Dann könnt ihr auch weiterhin bereits vorhandene Netzteile des Vorgängermodells verwenden. Bei der Vorstellung des Raspberry Pi 4 war die Nutzung von Raspberry Pi 3 Netzteilen grundsätzlich nicht möglich, weil von Micro-USB (RPI 3) zum moderneren USB C Stecker gewechselt wurde. Von Raspberry Pi 4 auf 5 ist der Stecker gleich geblieben. Das neue Raspberry Pi 5 Netzteil unterstützt zusätzlich USB Power Delivery.6 Allerdings hält es sich mit 5V und 5A nicht an den Standard. Dies spricht zumindest gegen die Verwendung anderer USB-PD Netzteile: Sie liefern auf der 5V Schiene maximal 3A und damit zu wenig für den uneingeschränkten Betrieb mit voller USB-Leistung.7

Wenn ihr ohnehin ein neues Netzteil für den Raspberry Pi 5 kaufen müsst, weil ihr gar kein unbenutztes vom Vorgänger habt, empfehle ich das mit 5A zu wählen. Es kostet ein paar Euro mehr, dafür seid ihr in Zukunft flexibler. Gerade bei einem Bastelcomputer macht das Sinn – den möchte man möglicherweise in ein paar Monaten oder Jahren für etwas anderes verwenden.

Kann ich auch ein anderes Netzteil von Drittanbietern nehmen?

Mit anderen Netzteilen/Ladegeräten kann es ebenfalls funktionieren, auch wenn diese nur 5.0V liefern. Allerdings ist hier Vorsicht geboten: Insbesondere Ladegeräte sind nicht für eine stabile Spannung ausgelegt, da sich darum die Ladeelektronik im aufzuladenden Gerät kümmert. Oft kommt es dort daher zu Spannungseinbrüchen, wenn die Last steigt – etwa durch rechenintensive Aufgaben oder externe Geräte wie USB-Festplatten/SSDs. Ich rate daher von Ladegeräten grundsätzlich ab.

Netzteile können verwendet werden, wenn sie die vom Raspberry Pi benötigte Stromstärke liefern können. Allerdings ist hier zu beachten: Der USB-C Standard sieht maximal 3A (15W) bei 5V mit normalen Kabeln vor.8 Über die USB-PD (Power Delivery) Spezifikation ist deutlich mehr möglich: Der Standard erweitert die Stromstärke und sieht bis zu 100W vor.9 Allerdings nicht alleine auf der 5V Schiene, sondern auf 5V/12V und 20V aufgeteilt – es wird also die Spannung erhöht, da auch das größte USB-PD Profil 5 nur 2A bei 5V liefert. Der Rest verteilt sich mit beispielsweise 2x5A auf 12V und 20V, wenn wir von 100W als Beispiel ausgehen.10

Der Raspberry Pi 5 benötigt allerdings – wie schon der Vorgänger – stabile 5V Spannung bei 5A für uneingeschränkte Funktionalität. Bei solchen USB-PD Spannungsquellen von Drittanbietern wird er also ebenfalls die USB-Geräte auf 0,6A drosseln. Außerdem muss das USB-Kabel ebenfalls mit PD kompatibel sein. Dies ist nicht zwingend der Fall, vor allem bei günstigeren Kabeln. Sind diese abnehmbar oder die Leitungen länger, droht ein Spannungsverlust. Da Drittanbieter-Netzteile in der Regel nur 5.0V liefern, kann das zu Instabilität führen.

Fazit

Beliebige USB C Power Delivery Netzteile sind für den Raspberry Pi 5 in der Regel zu schwach, um den Raspberry Pi 5 uneingeschränkt nutzen zu können. Außerdem muss das Kabel passen. Vorhandene Raspberry Pi 4 Netzteile lassen sich mit dem Raspberry Pi 5 nutzen, sofern weniger als 0,6A an den USB-Anschlüssen benötigt werden. Je nach Anwendungszweck ist ein neues Netzteil also nicht erforderlich. Wer ohnehin ein neues Netzteil benötigt, dem ist das offizielle mit 5A/27W zu empfehlen. Mit etwa 13,99€ ist dies zwar etwas Teurer als beim Vorgänger, bleibt jedoch in einem bezahlbaren Rahmen.

Dafür hat man eine garantiert passend dimensionierte Spannungsversorgung. Ladegeräte und unterdimensionierte Netzteile sind eine der größten Fehlerquellen, die für verschiedenste Probleme mit dem Raspberry Pi sorgen. Dies ist keine Besonderheit des neuen Modells, sondern schon länger der Fall.11

Die Verwendung des Vorgänger-Netzteils kann ggf. auch für eine Überbrückung sinnvoll sein: Manche Shops können derzeit zwar den Raspberry Pi 5 liefern, nicht aber das offizielle 5A Netzteil.

Quellen

  1. https://www.raspberrypi.com/products/power-supply/ ↩︎
  2. https://www.conrad.de/de/ratgeber/buero-vernetzung/kommunikationsstandards/usb.html ↩︎
  3. https://www.conrad.de/de/ratgeber/buero-vernetzung/kommunikationsstandards/usb.html ↩︎
  4. https://web.archive.org/web/20210708021930/https://www.raspberrypi.org/documentation/faqs/#pi-power ↩︎
  5. https://www.raspberrypi.com/documentation/computers/raspberry-pi-5.html#powering-raspberry-pi-5 ↩︎
  6. https://www.raspberrypi.com/news/introducing-raspberry-pi-5/#comment-1594208 ↩︎
  7. https://www.elektronik-kompendium.de/sites/com/1809251.htm ↩︎
  8. https://www.elektronik-kompendium.de/sites/com/2212141.htm ↩︎
  9. https://www.elektronik-kompendium.de/sites/com/1809251.htm ↩︎
  10. https://www.elektronik-kompendium.de/sites/com/1809251.htm ↩︎
  11. https://www.elektronik-kompendium.de/sites/raspberry-pi/1912111.htm ↩︎

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