Braucht der Raspberry Pi 5 einen Kühler? Messungen aus der Praxis

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Braucht der Raspberry Pi 5 einen Kühler? Messungen aus der Praxis

Für den Raspberry Pi 5 gibt es einen offiziellen Kühler mit Lüfter als Zubehör. Kann man den Pi auch ohne verwenden oder ist der Kühler Pflicht? Welche Vorteile bietet er gegenüber Drittanbieter-Lösungen, die es für den Vorgänger bereits gab? Alles dazu erfährst du in diesem Beitrag – inklusive Messungen, wie heiß der Raspberry Pi 5 ohne Kühler wird und wie viel der nützt.

Braucht der Raspberry Pi 5 extra Kühlung?

Wie so oft in der IT kommt es darauf an, was man machen möchte. Grundsätzlich ist auch der Raspberry Pi 5 darauf ausgelegt, ohne Kühler zu funktionieren. Wird er stark ausgelastet oder läuft in warmer Umgebung (z.B. Heiße Sommer ohne Dämmung), kann man seine Leistung nicht ausreizen. Im Gegensatz zu X86-PCs ist er nicht darauf ausgelegt, ohne Zubehör voll ausgereizt zu werden. Allerdings unterscheidet sich sein Einsatzzweck doch recht umfangreich – wer beispielsweise hauptsächlich Sensoren ausließt oder kleine Serverdienste betreibt, kann das auch ohne zusätzliche Kühlung machen.

Ist das neu?

Grundsätzlich unterscheidet er sich damit nicht von seinem Vorgänger. Auch beim Raspberry Pi 4 greift die Drosselung, wenn er zu stark ausgelastet ist. Allerdings gab es für ihn keinen Kühler als offizielles Zubehör. Drittanbieter haben sowohl passive (geräuschlos) als auch aktive (mit Lüfter) Lösungen angeboten. Passive Kühlkörper werden auf Bauteile geklebt, die besonders heiß werden (z.B. der Prozessor). Durch die Kühlrippen kann sich die Abwärme auf eine größere Fläche verteilen und damit besser an die Raumluft abgegeben werden. Je größer der Kühlkörper ist, um so stärker ist seine Kühlleistung.

Aktiv gibt es zwei Varianten: Entweder wird zusätzlich ein Lüfter auf den Kühlkörper angebracht, der diesen Effekt durch die Zufuhr von Frischluft verstärkt. Oder der Lüfter ist im Gehäuse eingebaut und bläst damit mehr oder weniger direkt auf die warmen Bauteile. Am effektivsten ist die Kombination von Kühlkörper mit Lüfter, wie es in X86 PCs seit langem Standard ist. Zumindest passive Kühlkörper waren schon dort eine sinnvolle Investition, die man für wenige Euro in vielen Shops dazu kaufen konnte. Schon damit wurde der Pi einige Grad kühler.

Neu ist allerdings der stärkere Prozessor des Raspberry Pi 5. Mehr Leistung führt oft auch zu einer höheren Abwärme, wie man im X86 PC-Bereich deutlich sehen kann: Dem Intel i486 aus den späten 1980er Jahren genügte ein Kühlkörper, der kleiner als eine Schnitte Hanuta war. Der darauf aufgesetzte Lüfter war noch kleiner. Auch der 1992 vorgestellte i486DX2 hatte einen derart kleinen Kühler, wie man ihn heute höchstens noch von aktiven Chipsatzkühlern kennt.1 Bereits seit Jahrzehnten sind beide deutlich gewachsen. Es ist seit längerem üblich, stärkere Prozessoren mit 120mm und Lüftern größer als eine Faust auszustatten, damit sie unter Last keinen extremen Lärm verursachen.

Der Intel i486DX2 wurde 1992 vorgestellt und brauchte vergleichsweise wenig Kühlung, war dafür aber mit heutigen Prozessoren verglichen auch viel schwächer. Quelle: Ebay

Wie heiß darf ein Raspberry Pi werden?

Ab 80°C Prozessortemperatur beginnen alle Raspberry Pis, sich zu drosseln! Eine zweite, stärkere Drosselung greift bei 85°C. Dies soll Überhitzung verhindern.23 Somit könnt ihr ab 80°C nicht mehr die volle Leistung nutzen, bis sich die CPU wieder abkühlt. Generell wirken sich (insbesondere dauerhaft) hohe Temperaturen negativ auf Hardware aus und kann deren Lebensdauer verkürzen.

Man sollte außerdem nicht zu knapp kalkulieren und bedenken, dass die Raumtemperatur einen erheblichen Einfluss darauf haben kann. Ein Raspberry Pi im Keller bei ~10°C wird sich beispielsweise weniger stark aufheizen, als in einer Dachgeschosswohnung. Bei schlechter oder nicht vorhandener Dämmung sind Temperaturen deutlich jenseits der 30°C im Sommer keine Seltenheit. Letzteres ist für einen Raspberry Pi ohne Kühlung eine Herausforderung – vor allem, wenn er sich selbst durch Arbeitslast erheblich erwärmt.

Es macht daher Sinn, sich vorher Gedanken zu machen, welche Temperaturen am gewünschten Einsatzort über das Jahr verteilt zu erwarten sind. Und darüber, wie für Belüftung gesorgt werden kann. Insbesondere wenn der Raspberry Pi irgendwo eingebaut wird, kann sich unter Umständen die Hitze stauen, wenn keine Maßnahmen zur Kühlung eingeplant sind. Im Zweifel die Temperatur messen sowie beobachten.

Was ist der Vorteil vom offiziellen Raspberry Pi 5 Kühler?

Der Raspberry Pi 5 geht zwei Schritte weiter: Als Zubehör wird ein passiver Kühlkörper mit aufgesetztem Lüfter angeboten, also eine aktive Kühlung. Zusätzlich besitzt er einen extra Anschluss für den Lüfter, der PWM unterstützt.4 Bei inoffiziellem Zubehör für den Raspberry Pi 4 wurde der Lüfter meist über die 5V der GPIO-Ports mit Strom versorgt.

Das hat mehrere Nachteile: Der Lüfter muss bei 5V bereits anlaufen, was – je nach Modell – ein Problem sein kann, da diese i.d.R. für 12V ausgelegt sind. Bei 5V erreicht er selbst dann nur einen Teil seiner Drehzahl, die er aber unverändert beibehält. Per Skript könnte man sich eine rudimentäre Steuerung selbst bauen, in dem man einen weiteren GPIO-Port als softwaregesteuerten Schalter nutzt. In jedem Falle benötigt all das Platz. Wer ein enges Gehäuse hat oder sich die GPIO-Ports über z.B. ein Flachbandkabel nach außen holen möchte, bekommt Probleme. All das sind Gründe, um beim Raspberry Pi möglichst nur auf passive Kühlung zu setzen, falls möglich.

Der PWM-Anschluss des Raspberry Pi 5 löst viele dieser Probleme: Er ist eigenständig, d.H. die GPIO-Leiste bleibt komplett frei. Per Pulsdauermodulation kann die Drehzahl gesteuert werden. Vereinfacht gesagt gibt es eine Datenleitung, über die man die gewünschte Drehzahl an den Lüfter kommuniziert – statt dies eingeschränkt über die Spannung zu regeln. Selbst gebastelte Skripte sind dafür nicht nötig – Eine eingebaute Lüftersteuerung reguliert den Lüfter, je nach Prozessortemperatur.

Außerdem ist das offizielle Gehäuse darauf ausgelegt, damit der Raspberry Pi 5 inklusive Kühler hinein passt. Für den Kühler hat er zudem zwei eigene Befestigungslöcher spendiert bekommen. Ein HAT (z.B. um M.2 SSDs per PCI-Express anzuschließen) soll daher auch mit verbautem Kühlkörper möglich sein.

Raspberry Pi 5 Temperatur mit und ohne Kühler im Vergleich

Damit du besser einschätzen kannst, ob für dich der Kühler notwendig oder eher optional ist, habe ich mehrere Messungen durchgeführt: Auf einem Raspberry Pi 5 wurde der Kühler montiert. Hier habe ich jeweils mit angeschlossenem Lüfter und ohne angeschlossenen Lüfter getestet, d.H. aktiv und passiv gekühlt. Der zweite Raspberry Pi 5 lief ohne weiteres Zubehör, also keinerlei externe Kühlung. Die Messungen wurden in der Reihenfolge der Szenarien durchgeführt. Vor Beginn des ersten Szenarios kühlte der Pi ab, um die Ergebnisse nicht durch eine stärkere Erwärmung im vorherigen Lauf zu beeinflussen.

Die Tests fanden auf einem frisch installierten Raspberry Pi OS 12 (Desktop, 64 Bit) unter Verwendung des offiziellen 5A Netzteils statt. Die Raumtemperatur betrug ca. 20°C. Angeschlossen war jeweils nur ein Ethernet-Kabel für die Netzwerkanbindung und ein USB-Stick der Bluetooth-Tastatur. Alle Tests (mit Ausnahme der im Browser) wurden per SSH von einem anderen PC aus gestartet.

Szenario 1: Leerlauf

Der kalte Raspberry Pi 5 (lief zuvor nicht) mit installierter Desktopumgebung wurde gestartet, ohne weitere Programme zu öffnen – es läuft also nur ein leerer Desktop. Nach 5 Minuten Wartezeit habe ich die Temperatur geprüft. Der Wert ohne Lüfter ist höher, da dieser erst ab 50°C anspringt. Unter 50°C wird der Pi somit immer rein passiv gekühlt. Man kann beobachten, wie die Temperatur im Leerlauf langsam, aber konstant über die Zeit ansteigt. Zum Triggern des Lüfters reicht dies jedoch noch nicht, sofern dieser angeschlossen war.

Ohne Kühlung: 49,4°C
Mit Kühlung, Lüfter nicht angeschlossen (passiv): 44,4°C
Mit Kühlung: 46,1°C

Szenario 2: YouTube Videos abspielen

Über den Chromium-Browser läuft der Stream eines Videos in 1080P Qualität. Nach dem Start der Wiedergabe habe ich das Video 5 Minuten laufen lassen und die Temperatur gemessen. Hier droht zwar noch kein Erreichen des Limits. Doch es zeigt sich schon nach kurzer Zeit ein deutlicher Temperaturunterschied von 18,6°C. Bei höheren Auflösungen und/oder einer gestiegenen Umgebunstemperatur sind wir von der 80°C Marke nicht mehr weit entfernt. Bereits der passive Kühlkörper verbessert das deutlich und reduziert die Temperatur um ca. 12°C gegenüber dem Pi ohne externe Kühlung: Die größere Fläche kann Hitze besser an die Umgebung abgeben, als die recht kleinen Bauteile auf dem Raspberry Pi alleine.

Ohne Kühlung: 70,2°C
Mit Kühlung, Lüfter nicht angeschlossen (passiv): 58,2°C
Mit Kühlung: 51,6°C

Szenario 3: Künstliche Last erzeugen

Während es sich bei Szenario 1 und 2 um alltägliche Situationen handelt, laste ich den Prozessor gezielt mit dem Kommandozeilenwerkzeug stress aus. Es erzeugt künstlich 100% CPU-Last auf der gewünschten Anzahl an Kernen (1 Worker belegt 1 Kern), in dem dort endlos Quadratwurzeln berechnet werden. So bekommt man einen Eindruck, wie heiß der Pi bei stärkerer, konstanter Auslastung wird. Dies simuliert größere Rechenoperationen, wie etwa das Umwandeln eines Videos mit ffmpeg. Und wir können beobachten, ab wann eine zusätzliche Kühlung notwendig wird.

Beispielaufruf, um 2 Worker zu starten, die 2 Kerne voll Auslasten und damit insgesamt 50% Prozessorlast erzeugen:

stress -c 2

Jede Stufe wurde für 2 Minuten gehalten, bevor die Messungen mit vcgencmd measure_temp erfolgte. Von den Messungen gab es drei Stück, jeweils die Höchste steht in der Tabelle. Davor habe ich jeweils mit vcgencmd get_throttled überprüft, ob der Pi sich wegen drohender Überhitzung gedrosselt hat. Wurde dort nicht 0x0 (keine Drosselung) ausgegeben, bekam der Datensatz einen Stern (*). Außer stress und vcgencmd zur Temperaturmessungen liefen keine gesondert gestarteten Programme.

CPU-AuslastungTemp. Ohne KühlungTemp. mit passivem KühlerTemp. Mit aktiver Kühlung
25% (1 Worker)72,5°C62,0°C52,7°C
50% (2 Worker)81,2°C*68,6°C56,0°C
75% (3 Worker)85,1°C*76,2°C59,3°C
100% (4 Worker)86,7°C*84,0°C*64,8°C
*

Ab 50% Last liegt die Temperatur ohne Kühlung anfangs noch einige Grad vor der Grenze zur Drosselung. Nach Ablauf der 2 Minuten wird die 80°C Marke geknackt, sodass sich der Pi drosselt (0x80008, oben mit Stern * markiert):

u-labs@pi5ok:~ $ vcgencmd get_throttled
throttled=0x80008

Bei 75% und 100% steigt die Temperatur kaum noch an, weil hier die zuvor erwähnten Schutzfunktionen bereits bei 50% greifen. Der Pi läuft also mit weniger (>80°C) oder deutlich weniger (>85°C) Leistung, als er bei ausreichender Kühlung anbieten könnte. Falls eine Anwendung dies abruft, würde diese langsamer laufen.

Wie beim YouTube-Test senkt auch hier der passive Kühlkörper alleine die Temperatur bereits deutlich. Der Lüfter ist anfangs in der niedrigsten Stufe nicht hörbar. Selbst wenn man mit dem Ohr näher heran geht, bleibt er flüster leise. Das ändert sich erst bei steigender Temperatur. Läuft der Prozessor unter Vollast, hört man den Lüfter aus ca. 20 cm Entfernung deutlich in einem etwas höheren surren, wie es für derart kleine Lüfter üblich ist. Obwohl er dabei nicht auf maximaler Drehzahl läuft. So bleibt noch Puffer, um auch in wärmeren Umgebungen den Prozessor unter die Grenze zur Drosselung kühlen zu können. In diesem Falle wird er jedoch wohl nervig laut werden, sofern die Umgebung ruhig ist.

Fazit

Bei geringer Last benötigt der Raspberry Pi 5 keine zusätzliche Kühlung. Die Grenze, ab der das problematisch wird, ist jedoch recht schnell erreicht: Beim Videos in Full-HD von YouTube streamen, sind wir nur noch knappe 10°C von der ersten Drosselung entfernt. Mit 25% synthetischer, konstanter Last sogar nur 7,5°C. Kurz danach greift daher die erste Leistungsreduktion durch das Überschreiten der 80°C Marke. Wer Lüfter scheut, kann aber bereits mit dem passiven Kühlkörper viel erreichen: Selbst bei 75% Last verhindert er die Drosselung, wenn auch relativ knapp. Natürlich sollte man bei diesen künstlichen Lasttests nicht vergessen, dass viele Alltagsfälle keine dauerhaft hohe Last erzeugen. Wenn, dann ist dies oft nur zeitweise der Fall.

Wie schon beim Vorgänger macht es auch beim RPI 5 grundsätzlich Sinn, zumindest über eine passive Kühlung nachzudenken. Bei den Meisten meiner RPI4 habe ich passive Kühlkörper angebracht. Im Zweifel hält der offizielle, aktive Kühler den Raspberry Pi 5 selbst bei Vollast deutlich unter der ersten Temperaturgrenze und verhindert damit Drosselungen – ohne unnötig Lärm zu machen. Dies ist definitiv ein Fortschritt gegenüber dem Vorgänger, bei dem aktive Kühlung nur aufwändiger und eingeschränkter möglich war.

Wenn du nun deinen eigenen Raspberry Pi 5 mit dem offiziellen Kühler ausstatten möchtest, findest du hier einen Beitrag, der dir das Schritt-für-Schritt aufzeigt.

Quellen

  1. https://www.ebay.de/itm/145020567434 ↩︎
  2. https://www.raspberrypi.com/news/heating-and-cooling-raspberry-pi-5/ ↩︎
  3. https://www.raspberrypi.com/documentation/computers/raspberry-pi.html ↩︎
  4. https://www.raspberrypi.com/documentation/computers/raspberry-pi-5.html#cooling-raspberry-pi-5 ↩︎

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