Ubisoft holt sich deine gekauften Spiele zurück: Das Sterben der Videospiele hat längst begonnen

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Ubisoft holt sich deine gekauften Spiele zurück: Das Sterben der Videospiele hat längst begonnen

Ein bekannter Spieleentwickler schaltet nicht nur die Server für den Mehrspieler-Modus ab, sondern geht mehrere Schritte weiter. Dadurch wird das Spiel unbrauchbar – obwohl die Käufer dafür bezahlt haben. Betroffene sind verärgert, aber das Problem ist tiefer: Videospiele als Kulturgut sind vom Aussterben bedroht. Schauen wir uns an, wie Ubisoft deine gekauften Spiele zerstören konnte. Schließlich war das nicht schon immer per Mausklick möglich. Dennoch befinden wir uns mittlerweile mitten drin im Sterben der Videospiele.

„The Crew“: Erst die Spieleserver, dann die Eskalation

Der aktuelle Vorfall nahm seinen Anfang im Dezember 20231: Ubisoft stellte den Verkauf von „The Crew“ ein und gab bekannt, man werde alle Online-Dienste für das Spiel zum 31.03.2024 hin abschalten.23 Das ist für Käufer des Titels ärgerlich: Schließlich erschien das Spiel im Dezember 2014 und hatte somit nur eine Lebensspanne von 10 Jahren. Wohlgemerkt selbst das nicht für jeden: Es gibt genügend Gründe, ein Spiel erst einige Zeit nach dem Erscheinen zu kaufen. Beispielsweise überlastete Server oder oft eine völlig unzureichende Qualität, Cyberpunk 2077 ist hier nur ein Fall von vielen.4 Für diesen Frust zahlen Kunden zudem einen üppigen Preis – die Mehrheit findet das zu viel, 2/3 warten auf später folgende Angebote.5 Bei „The Crew“ konnten Kunden das Spiel beispielsweise im November 2023 kaufen und hätten nach wenigen Monaten Pech gehabt.

So unschön das auch sein mag: Bei der Infrastruktur für einen Mehrspieler-Titel kann man irgendwo noch Verständnis haben, dass dies nach 10 Jahren nicht mehr wirtschaftlich betreibbar ist. Ubisoft geht jedoch einen Schritt weiter und widerruft verkaufte Lizenzen. Wer das Spiel gekauft hat, kann es daher nicht einmal mehr herunterladen. Im Uplay-Launcher erscheint es nur noch ausgegraut unter „Inaktive Spiele“. In der persönlichen Bibliothek lässt es sich zudem nicht mehr starten. Dort erscheint eine Fehlermeldung, dass man keinen Zugriff mehr auf das Spiel habe und doch im Shop ein neues kaufen solle. Dies betrifft ca. 12 Millionen (ehemalige) Spieler.67

Ubisoft verhindert, dass Käufer von The Crew ihr bezahltes Spiel starten können. Lediglich das Entfernen des Spiels erlaubt der Konzern noch.

Das Spiel wäre alleine spielbar – künstliche Hürden beschränken es

Grundsätzlich lässt sich das Spiel alleine spielen.8 Es ist bei vielen Titeln gängige Praxis, einen „Story-Modus“ einzubauen, der keine weiteren Mitspieler erfordert. Ein zweiter Teil wird mit anderen gespielt, nur dieser wäre technisch von der Abschaltung der Mehrspieler-Server betroffen. Ubisoft verhindert jedoch den Start des Spiels: Wer es direkt versucht zu starten, soll in einer Art Demo-Modus landen. Über die Konkurrenz-Plattform Steam kann es derzeit noch heruntergeladen werden. Spielbar ist es nicht, da ein Lizenzschlüssel verlangt wird, der durch den Online-Kauf nicht vorhanden ist. Betroffene machten ihren Unmut mit hunderten negativen Bewertungen alleine auf Steam Kund.9

Möglich macht es der Internetzwang: Zuerst mussten Kunden ihr Spiel mit einem Online-Konto verknüpfen, damit es nicht mehr verliehen oder gar gebraucht verkauft werden konnte. Die 2012 geäußerte Befürchtung, dass Jugendliche bald keine gebrauchten Spiele mehr auf dem Flohmarkt verkaufen können, ist wahr geworden.10 Ubisoft drehte die Daumenschrauben 2010 als Erster fester und führte den Onlinezwang für den strengen Kopierschutz ein.11 Das zog massive Kritik nach sich.12 Ubisoft lockerte den Zwang, aber nur kurzzeitig.

Wer die Spieldateien noch auf dem PC hat, kann damit nichts anfangen: Durch die Abschaltung der Server zum Onlinezwang wird nach einem Lizenzcode gefragt. Diesen hat der Käufer jedoch nicht, da es sich um einen digitalen Kauf handelt, der an das Ubisoft Cloud-Konto gebunden wurde.

Mittlerweile haben die Rechteinhaber das Ungleichgewicht wieder so stark zu ihren Gunsten verschoben, dass Spiele wie „The Crew“ Kontakt zu den Servern des Unternehmens aufnehmen. Wenn die nicht mehr laufen oder wegen der Einstellung keine positive Rückmeldung geben, verhindert das künstlich den Start eines Spieles, das technisch trotzdem funktionieren würde.

Uplay & co: Die Launcher nahmen dir deine Rechte

Den Anfang vom Ende machten die Launcher, die 2010er Jahre sind geprägt davon. Vor einigen Jahren hat jeder größere Publisher, der etwas auf sich hält, einen eigenen herausgebracht: Uplay (2009), Battle.Net, Origin (EA), Rockstar Games Launcher und Epic Games Store sind nur einige Beispiele. Dem Spieler wurde das als Vorteil verkauft, er habe ja nun alle Titel in seiner Bibliothek. Bringt nur wenig, wenn man Spiele von mehreren Ökosystemen nutzt. Nicht wenige haben daher einen Zoo an Launchern auf ihrem PC.

Nicht beworben wird dagegen, dass Käufer sich bei jedem Launcher zwingend ein Konto machen und mit dem jeweiligen Spiel verknüpfen müssen – sonst lässt sich das Spiel nicht starten. Ein Spiel nach einigen Monaten verkaufen oder tauschen? War vorgestern. Die Industrie gewinnt, weil das Spiel nur noch über sie neu gekauft werden kann. Kunden sind eingeschränkt.

Die Publisher erzwingen diese Launcher: Wer beispielsweise ein Ubisoft-Spiel auf Steam kauft, muss sich zusätzlich bei Uplay registrieren und hat dessen Launcher am Hals. Der Spieler ist mindestens von einer Plattform abhängig. Inzwischen sind auch die ersten wieder vom Markt verschwunden: Games for Windows wurde 2014 abgekündigt, nachdem es erst 2007 erschienen war.13 Und wie der Name vermuten lässt, ist das kein kleines Indie-Studio – sondern ein Dienst von Microsoft, der zu dieser Zeit eine beachtliche Marktdominanz hatte. Kommerziell sehr erfolgreiche Titel wie Grand Theft Auto IV veröffentlichten später eine angepasste Version, die jedoch ohne Mehrspieler-Modus kam. Durch die Launcher bekommt die Spieleindustrie wieder mehr Macht und kann auf Knopfdruck Spiele verändern oder ganz entfernen.14

Ubisoft hat ihr Wort nicht gehalten

Als Ubisoft 2010 ganz vorne mit dabei war, um ihre Titel mit Onlinezwang auszustatten, hielt sich die Begeisterung bei den Spielern in Grenzen – gelinde gesagt. Man sorgte sich natürlich darum, wie das beispielsweise im Alltag aussah, wenn die Internetverbindung ausfällt. Manche machten sich bereits Gedanken um die Zukunft und fragten sich: Was passiert mit diesen Spielen, wenn Ubisoft die Server abschaltet? Schließlich geht mit dem Zwang zur Verbindung mit dem Unternehmensservern eine große Abhängigkeit einher, die aus verschiedenen Gründen das Spiel unbrauchbar machen kann.

Damals beruhigte ein Ubisoft-Sprecher: Zunächst sei dies nicht der Plan. Falls jedoch alle Server aus irgendwelchen Gründen abgeschaltet werden müssen, könne man einen Patch veröffentlichen. Dadurch lässt sich das Spiel zumindest im Einzelspielermodus weiterhin nutzen, was ansonsten durch den Onlinezwang nicht möglich gewesen wäre.15 Dieses Versprechen hat Ubisoft offensichtlich gebrochen, nachdem wir 14 Jahre später über Titel wie The Crew sprechen, die nicht mal zahlende Kunden des Konzerns noch herunterladen können – geschweige denn Spielen.

Deine Kinder werden deine Spiele nicht mehr spielen können

Ubisoft steht durch ihre aktuellen Einschränkungen im Fokus. Sie stehen jedoch sinnbildlich für flächendeckende Probleme: Seit ca. 14 Jahren wurde es zunehmend normalisiert, Spiele mit Zwang zu Online-Kontos und mindestens einem Launcher zu versehen. Damals sah man als größtes Risiko zunächst das Verschwinden dieser Online-Plattformen: Wenn z.B. Uplay verschwindet weil das Unternehmen pleite gehen würde, wären alle Titel (das sind nicht wenige) verloren. Mittlerweile merken wir: Dieses Risiko ist real (siehe Microsoft), aber nur die Spitze des Eisbergs. Denn die Konzerne nutzen bereits weit vorher das verschobene Machtverhältnis aus – zum Nachteil der Kunden.

Im Dezember 2023 rechtfertigte Ubisoft die Abschaltung mit „der kommenden Serverinfrastruktur und der Lizenzbeschränkungen“. Wie irgend eine zukünftige Serverstruktur das Unternehmen darin hindern sollte, zumindest den Online-Zwang zu entfernen, damit man eben keine Server mehr braucht, bleibt offen. Bei der Konkurrenz sieht es übrigens nicht viel besser aus: Electronic Arts (EA) ist ebenfalls ein großer Spieleentwickler und pflegt eine Liste mit Titeln, deren Onlinefunktionen eingestellt wurden. Sie listet weit über 100 Einträge.16 Ubisoft sagt, man habe die Entscheidung zur Abschaltung nicht auf die leichte Schulter genommen. Ein genauerer Blick zeigt eine andere Sprache: Alleine zum 25.01.2024 wurden zehn Titel des Unternehmens virtuell beerdigt.17

Und wir haben dabei im Fokus auf einen einzelnen Publisher geschaut – nicht auf andere Unternehmen oder gar Plattformen: Nintendo hat beispielsweise die Unterstützung für Wii U und Nintendo 3DS zum März 2023 eingestellt. Käufe wurden noch für ein Jahr ermöglicht, das Herunterladen werde auf „absehbare Zeit“ aufrecht erhalten.18 Ein dehnbarer Zeitraum, fest steht damit jedoch: Rund 1.000 Spiele verschwinden alleine hierdurch. Zwar kämpfen physische Spiele mit Abnutzungserscheinungen von z.B. Datenträgern. Der Digitale Vertrieb verschlimmert den bereits bestehenden Spieleschwund jedoch.19

Die Community ist oft machtlos

Bekanntere Spiele werden Millionenfach verkauft und haben daher eine große Fangemeinde. Ein Teil dieser Fans ist technisch in der Lage sowie gewillt, etwas für den Erhalt von Spielen zu tun. Das 2004 erschienene GTA: San Andreas hatte noch keine Mehrspieler-Funktion und für Rockstar schien sich das Nachrüsten nicht mehr lohnen. Mehrere Community-Projekte modifizierten das Spiel, um dies trotzdem zu ermöglichen.20

Auch auf der Wii U wurde versucht, eine Alternative für die von Nintendo abgeschalteten Servern zu finden.21 Hier zeigen sich jedoch die Probleme: Nur das Entdecken einer Sicherheitslücke machte es viele Monate nach der Ankündigung überhaupt möglich, weil es sich um proprietäre Plattformen und Software handelt. Nur der Hersteller kennt den Quellcode – Kunden sollen lediglich konsumieren, ohne Veränderungen vorzunehmen. Daher sind die Möglichkeiten limitiert – in diesem Falle können sie lediglich einen kleinen Teil der Online-Funktionen ersetzen. Der Hack funktioniert zudem nur mit bestimmten Titeln und nicht allen Konsolen.

Selbst bei großen Titeln und Plattformen sind wir daher weit davon entfernt, diese ohne Hersteller auch nur halbwegs am laufen zu halten. Es fehlt die Unterstützung der Hersteller. Oft arbeiten diese sogar gegen Community und Nutzer, wenn beispielsweise Kopierschutzmaßnahmen und andere DRM-Technologie das notwendige Reverse Engineering erschweren. Zu den technischen Hürden kommt zudem das Urheberrecht: Rechtlich bewegen sich solche Projekte oft bestenfalls in einer Grauzone oder sind illegal. Die Hersteller haben sich über die Jahre an den deutlich längeren Heben setzen können. Ihnen ist es schlichtweg egal: Spiele sind ein Mittel um Geld zu verdienen. Kommt nicht mehr genug Geld rein, lässt man sie Fallen – wie Gigaset mit ihrem Ökosystem zur Heimautomatisierung.

Auch das anbieten von CDs und DVDs im Internet ist schwierig. Das Urheberrecht erlischt erst nach 70 Jahren, dann werden die Werke gemeinfrei.22 Dies stammt aus der Zeit analoger Medien wie Bücher, Schallplatten & co. Für Videospiele ein völlig unrealistischer Zeitraum. Am Beispiel von „The Crew“ sieht man ja, dass bereits nach knapp 10 Jahren kein Interesse mehr an einem kommerziellen Betrieb besteht. Hier bedarf es einer Regelung, die dem deutlich kürzeren Lebenszyklus dieser Inhalte gerecht wird.

Dürfen die das?

Das ist fragwürdig: Schließlich handelt es sich um kein Abo, bei dem von vorneherein klar war, dass man den Zugriff nach Kündigung verliert. Sondern um eine dauerhaft erworbene Nutzungslizenz. Der englischsprachiger YouTuber Ross Scott (Accursed Farms23) sieht das als illegal an und möchte dagegen klagen. Er hat die Initiative „Stopp Killing Games“ ins Leben gerufen.24

Patrick Breyer von der Piratenpartei ist bei diesem Thema vorne dabei und hat mehrere Fragen bei der EU-Kommission eingereicht. Konkret fragte er, ob das drastische Verhalten von Ubisoft gegen EU-Recht verstößt. Spannenderweise möchte er auch wissen, welche Grenzen die EU den Herstellern generell setzt, die gekaufte Spiele unbrauchbar machen.25 Die Ergebnisse dürften interessant sein, weil derartiges vergleichsweise neu ist. Vor ~20 Jahren hat sich niemand die Frage gestellt, weil Spiele auf physischen Medien wie DVDs oder davor CDs ausgeliefert wurden. Wer das Medium und ggf. den Lizenzschlüssel besaß, konnte Spielen. Dementsprechend sind die Gesetze nicht darauf vorbereitet, dass gekaufte Spiele aus der Ferne unbrauchbar gemacht werden. Mit derartigen Fragen wird sich der Gesetzgeber mehr und mehr beschäftigen müssen, weil Unternehmen ihre dadurch gestärkte Machtposition gegenüber dem Verbraucher zunehmend ausnutzen.

Das 2005 veröffentlichte Autorennspiel „Most Wanted“ erschien auf DVD ohne Internet- und Cloudzwang. Wer den Datenträger hat, kann es auch 20 Jahre später noch spielen, ohne dass Electronic Arts diesen Zugriff widerrufen kann, wie es Ubisoft bei The Crew getan hat.

Die Zukunft: Ubisoft will euch alle zu zahlenden Abonnenten machen!

Spieler sind gewohnt, ihre Spiele zu besitzen – das muss sich ändern. Dies sagte kein geringerer als eine Führungskraft von Ubisoft in Anspielung auf Musik- und Videostreams.2627 Es ist ein offenes Geheimnis, dass so ziemlich jede Branche geil darauf geworden ist, euch Abonnements zu verkaufen. Man könnte eine lange Liste an weiteren Beispielen auflisten, bei denen Unternehmen ihre Kunden klar in Richtung Abo drängen. Die Strategie ist nicht neu. Allerdings hört man selten mit derart recht klaren Worten davon – viele Unternehmen betonen lieber angebliche Vorteile, welche das Abo bieten würde.

Warum liegt auf der Hand: Ein Abo sorgt für wiederkehrende und schon alleine deswegen gerne höhere Einnahmen, als der Einzelkauf. Außerdem verliert ihr durch die Kündigung des Abos den Zugriff auf sämtliche Inhalte – Die Kundenbindung wird viel größer. Das Unternehmen kann Preiserhöhungen so leichter durchsetzen. Das einzelne Spiel hätte man zum höheren Preis vielleicht nicht gekauft. Im Abo hängen dutzend andere dran, die man weiterhin konsumieren möchte. Der in diesem Kontext wohl größte Vorteil für Ubisoft liegt jedoch darin, dass man überhaupt keine dauerhaften Nutzungslizenzen mehr verkaufen würde, wenn alle nur noch abonnieren. Im Abo behält sich EA eine wechselnde Auswahl an Spielen vor, wie es mit Netflix-Titeln bereits seit langem üblich ist. Der Spieler hat damit keinerlei Anspruch auf bestimmte Spiele mehr.

2019 startete Ubisoft seinen Abo-Dienst.28 Derzeit kostet dieser 7,99€/Monat für angeblich 50+ Spiele.29 Der Link darunter zu den enthaltenen Titeln listet jedoch nur 45 für „Classics“ auf. Im teuersten Paket für 17,99€ sind mit 139 (Stand 14.04.2024) tatsächlich die versprochenen 100+ enthalten. Dafür wird eine stolze Summe verlangt und man kann sich denken, worauf das hinaus läuft: Neuere sind natürlich im Premium-Abo enthalten. Wer eine Neuerscheinung spielen möchte, muss satte 17,99€ pro Monat ausgeben. Und das nur für Ubisoft-Titel: Möchte man nur ein Spiel von z.B. EA, sind wir im nächsten Abo – Wahlweise 5,99€/Monat für einen Teil der Spiele oder 16,99€/Monat für alle.30 Spätestens jetzt wird klar: Das steuert auf eine Fragmentierung zu, wie wir sie bei Film- und Serienstreams zunehmend bekommen. Inklusive Preiserhöhungen, die es bei Ubisoft und EA beispielsweise bereits gab.31

Einen ähnlichen Trend gibt es in der ganzen Branche proprietärer Software. Ein prominentes Beispiel ist Microsoft: Der Konzern drängt Unternehmen zu Abo-Diensten wie Microsoft 365. Zeitgleich werden neben Preiserhöhungen immer mehr Dienste in Zusatzabos angeboten.32 Microsoft Teams Premium ist nur eines von vielen Beispielen.33

Mehr Geld für schlechtere Qualität

Bis dahin versucht man offensichtlich, die höheren Einnahmen auch auf klassischem Wege zu erreichen: Derzeit wird etwa darüber diskutiert, ob Spiele zum Ende des Jahrzehnts die 100€ Marke knacken. Derzeit liegen viele im Bereich von 60 bis 70€.34 Ich persönlich finde das frech und zwar in erster Linie aus einem ganz anderen Grund: Als ich vor Jahren ein Spiel für 50€ gekauft habe, hat das funktioniert: DVD rein (oder digital gekauft), installieren, spielen. Man konnte sogar in den Vorverkauf gehen.

Wie sieht das seit einiger Zeit aus? Du lädst Gigabytes von Spieldaten im zweistelligen Bereich herunter, weil bloß noch online vertrieben wird. Optische Medien waren ein Segen für alle mit langsamer Internetverbindung, was es bis heute in Deutschland zuhauf gibt. Selbst mit schneller Anbindung dauert das ewig – alle anderen müssen ja genau so runter laden und bevor ein Server zu viel da steht, spart man lieber bei der Infrastruktur. Ist der Download abgeschlossen und das Spiel startet, weil die für den Onlinezwang zuständigen Server nicht ebenfalls überlastet sind, hat man gerne ein fürchterliches Erlebnis voller Fehler. Ziel Nummer 1 ist schließlich irgendwas raus zu bringen. Hauptsache der Updater funktioniert, dann können wir das doch auch später nachbessern. Also ist das die erste Zeit höchstens mit Frust spielbar, bis dann zig Patche kommen. Die sind gerne ebenfalls riesig und müssen am besten noch verpflichtend installiert werden, sonst darf man das Spiel nicht starten.

Moment, wofür war noch gleich der Aufpreis? Wir fassen mal zusammen: Es müssen weder Medien noch Hüllen oder Hefte produziert werden, auch Lagerung und alles was an physischen Produkten mit dran hängt, fällt weg. Das spart also Geld, was an die Preise der digitalen Spiele nicht weitergereicht wird. Im Gegenteil, die wurden teurer und sollen noch viel teurer werden. Auf der anderen Seite ist die Qualität derart in den Keller gegangen, dass man die ersten Wochen bis Monate nach Veröffentlichung ein neues Spiel getrost ignorieren kann, bis es halbwegs vernünftig spielbar war. Zusätzlich habe ich das Risiko, dass mir dieses teuer gekaufte Spiel jederzeit aus der Bibliothek gezogen wird. Und dafür wollt ihr mehr Geld? Ich weiß nicht wie ihr das seht, mein Standpunkt ist da etwas anders: Bringt erst mal die Qualität zurück auf das frühere Niveau, statt Ressourcen in DRM und anderen Schrott zu stecken, der meine Freiheit beschränkt. Dann können wir darüber reden, ob ein 10er Aufschlag für Inflation & co. gerechtfertigt ist. Für eine schlechtere Leistung mehr zahlen kann es dagegen absolut nicht sein, wo gibt es so was? Eher wäre eine Preissenkung fällig, so lange das nicht besser wird…

Fazit: Der Digitale Kunde ist im Nachteil

Durch den digitalen Betrieb sind Spiele bequemer denn je geworden – der Weg zum nächsten Mediamarkt fällt weg und die DVD können wir nicht mehr zuhause vergessen. Wer zahlt, bekommt rund um die Uhr seine Spiele per Mausklick. Zumindest, wenn die Hersteller wollen. Denn dieser Komfort hat unsere Freiheit stark eingeschränkt: Die Hersteller können nämlich ebenfalls per Klick bestimmen, was wir nach Onlinezwang und DRM-Kopierschutz noch konsumieren dürfen. Beim Kopierschutz ist der zahlende Kunde generell schon oft im Nachteil gewesen.3536Durch den digitalen Betrieb sind Spiele bequemer denn je geworden – der Weg zum nächsten Mediamarkt fällt weg und die DVD können wir nicht mehr zuhause vergessen. Wer zahlt, bekommt rund um die Uhr seine Spiele per Mausklick. Zumindest, wenn die Hersteller wollen. Denn dieser Komfort hat unsere Freiheit stark eingeschränkt: Die Hersteller können nämlich ebenfalls per Klick bestimmen, was wir nach Onlinezwang und DRM-Kopierschutz noch konsumieren dürfen. Beim Kopierschutz ist der zahlende Kunde generell schon oft im Nachteil gewesen.3538

Das ist für ein riesiges Problem für Videospiele als Kulturgut: 10 oder 20 Jahre alte DVDs laufen spätestens auf einem älteren PC oder in einer Virtuellen Maschine. Wer sie mag oder z.B. den eigenen Kindern zeigen möchte, kann das tun. Wir sind mitten in einer Generation von Spielen, die derart zugenagelt sind, dass dies in Zukunft immer weniger der Fall sein wird. Zumindest auf legalem Wege. Digitale Lizenzen haben sich als unbeständig erwiesen – nicht weil sie es müssten, sondern weil die Hersteller ihre Möglichkeiten maximal ausnutzen möchten, zulasten des Kunden.

Eine wirkliche Lösung für dieses Problem gibt es derzeit leider nicht. Selbst Boykott ist nur noch sehr begrenzt möglich, weil starke Einschränkungen über die Jahre zum Standard geworden sind. Nur wenige Plattformen wie GOG stellen sich dem in den Weg und bieten Spiele frei von Kopierschutz sowie Onlinezwang. Diese Spiele besitzt man tatsächlich, ähnlich wie es bei früheren physischen Medien der Fall ist/war. Dies ist sicher ein guter Anfang, wenngleich Spielern dafür nur ein eingeschränktes Angebot zur Verfügung steht – der Markt zeigt mal wieder, wie er es nicht regelt. Auf Dauer werden wir das Ungleichgewicht nur noch durch staatliche Regulierung in den Griff kriegen. Vielleicht bringt Ubisofts neueste Aktion Bewegung in die Sache. Es wäre Wünschenswert, denn: Je länger der aktuelle Stand bestehen bleibt, um so mehr Spiele sind mittel bis langfristig verloren.

Quellen

  1. https://www.giga.de/news/abruptes-ende-nach-10-jahren-ubisoft-stellt-rennspiel-mmo-ein/ ↩︎
  2. https://www.pcgameshardware.de/The-Crew-Spiel-37320/News/Ubisoft-zieht-den-Stecker-1436343/ ↩︎
  3. https://www.notebookcheck.com/Ubisoft-schaltet-Online-Dienste-fuer-beliebtes-Spiel-ab-jetzt-droht-Sammelklage.796076.0.html ↩︎
  4. https://www.ingame.de/news/cyberpunk-2077-performance-probleme-ps5-release-cd-projekt-red-update-konsolen-test-xbox-series-x-pc-fans-warschau-90126282.html ↩︎
  5. https://www.pcgameshardware.de/Spiele-Thema-239104/News/PC-Games-zu-teuer-nur-ein-Drittel-der-Spieler-zahlt-Vollpreis-1435797/ ↩︎
  6. https://www.computerbase.de/2024-04/the-crew-ubisoft-verhindert-download-des-spiels-nach-server-aus/ ↩︎
  7. https://www.pcgameshardware.de/The-Crew-Spiel-37320/News/Ubisoft-Lizenz-Widerruf-Server-Abgeschaltet-Stop-Killing-Games-1445217/ ↩︎
  8. https://www.pcgames.de/The-Crew-Spiel-37320/News/The-Crew-ohne-Mehrspieler-Zwang-Kampagne-auch-solo-spielbar-1082144/ ↩︎
  9. https://store.steampowered.com/app/241560/The_Crew/ ↩︎
  10. https://www.smiley-ev.de/computerspiele_free2play_vs_teuer.html ↩︎
  11. https://www.gamestar.de/artikel/ubisoft_game_launcher_faq,2313022.html ↩︎
  12. https://www.zeit.de/digital/games/2010-04/ubisoft-siedler-drm ↩︎
  13. https://www.polygon.com/2013/8/19/4637694/microsoft-games-for-windows-live-service-ending-july-2014 ↩︎
  14. https://www.vg247.com/rockstar-explains-why-grand-theft-auto-4-was-suddenly-delisted-from-steam ↩︎
  15. https://www.computerbase.de/2023-07/retro-gaming-klassische-videospiele-sind-vom-aussterben-bedroht/ ↩︎
  16. https://www.ea.com/en-gb/legal/service-updates/i-q ↩︎
  17. https://www.inside-digital.de/news/ubisoft-schaltet-am-25-januar-zahlreiche-spiele-endgueltig-ab ↩︎
  18. https://www.computerbase.de/2022-07/nintendo-3ds-wii-u-eshop-support/ ↩︎
  19. https://www.computerbase.de/2023-07/retro-gaming-klassische-videospiele-sind-vom-aussterben-bedroht/ ↩︎
  20. https://www.gamestar.de/artikel/gta-fans-bauen-funktionierenden-battle-royale-modus-in-gta-san-andreas-ein,3322924.html ↩︎
  21. https://www.computerbase.de/2024-04/pretendo-auf-der-wii-u-fans-schaffen-alternative-zu-abgeschalteten-nintendo-servern/ ↩︎
  22. https://www.urheberrecht.de/dauer/ ↩︎
  23. https://www.accursedfarms.com/ ↩︎
  24. https://www.stopkillinggames.com/ ↩︎
  25. https://www.patrick-breyer.de/computerspiele-sterben-piraten-schalten-eu-kommission-ein/ ↩︎
  26. https://mein-mmo.de/ubisoft-mitarbeiter-ueber-abonnements/ ↩︎
  27. https://tarnkappe.info/artikel/gaming/abodienst-ubisoft-entrechtet-die-spieler-noch-mehr-287628.html ↩︎
  28. https://www.heise.de/news/Uplay-Plus-Auch-Ubisoft-will-seine-Spiele-im-Abo-anbieten-4443533.html ↩︎
  29. https://store.ubisoft.com/de/ubisoftplus/games?offer=premium ↩︎
  30. https://www.ea.com/de-de/ea-play ↩︎
  31. https://www.netzwelt.de/news/229768-beliebtes-spieleabo-deutlich-teurer-muesst-fast-50-prozent-mehr-zahlen-langjaehriger-kunde.html ↩︎
  32. https://www.drwindows.de/news/kostenfalle-microsoft-365-immer-mehr-komponenten-gibt-es-nur-gegen-aufpreis ↩︎
  33. https://www.heise.de/news/Microsoft-Teams-fuer-viele-Funktionen-muessen-Nutzer-kuenftig-extra-zahlen-7458165.html ↩︎
  34. https://www.pcgameshardware.de/Spiele-Thema-239104/News/Warum-Spiele-Ende-des-Jahrzehnts-100-Euro-kosten-koennten-1437282/ ↩︎
  35. https://tarnkappe.info/artikel/empress/resident-evil-village-crack-ohne-drm-und-leistungsprobleme-158831.html ↩︎
  36. https://www.techdirt.com/2021/11/11/drm-breaking-games-again-this-time-due-to-new-intel-chip-architecture/ ↩︎
  37. https://tarnkappe.info/artikel/empress/resident-evil-village-crack-ohne-drm-und-leistungsprobleme-158831.html ↩︎
  38. https://www.techdirt.com/2022/10/27/anti-cheat-software-continues-to-be-the-new-drm-in-pissing-off-legit-customers/ ↩︎

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