Ventoy besitzt eine funktionelle Oberfläche, die im Vergleich zu einem Standard Grub2 bereits optisch etwas angepasst wurde. Wer auch das zu langweilig findet und/oder mehr Individualität möchte, kann aus vielen fertigen Designs auswählen. Sollte keines davon zufriedenstellend sein, ermöglicht es der quelloffene Ansatz, diese an die eigenen Wünsche anzupassen – oder sogar ein komplett neues zu erstellen. Dieser Beitrag zeigt euch, wie ihr Ventoy hübscher machen könnt.
Hast du noch keinen Ventoy Multiboot-Stick? Hier findest du den ersten Teil, bei dem ich die Einrichtung ausführlich gezeigt habe. Dies ist Voraussetzung für die folgenden Anpassungen!
Worin unterscheiden sich die Designs?
Da Ventoy technisch den unter GNU/Linux verbreiteten Grub Bootloader installiert, lässt sich die Optik umfangreich anpassen. Am einfachsten funktioniert das über fertige Themes für Grub 2, von denen es auf Gnome-Lookup über 400 gibt. Diese lassen sich in drei Arten einteilen:
Ventoy Themes wie z.B. das Ventoy Purple Theme. Es gibt dafür einen Tag, mit dem ihr einige (nicht alle) finden könnt. Sie zeigen das Menü von Ventoy am unteren Bildschirmrand an, wie es das Standard-Design ebenfalls tut.
Darüber hinaus integrieren sich manche in weitere Funktionen von Ventoy. So zeigt das BigSur GRUB Theme als kleines Extra links neben dem Name des Image das zur Distribution passende Symbol an, sofern dies anhand des Dateinamens erkannt werden kann:
Hybride Themes funktionieren für eine Standard Grub2 Installation, bieten aber ebenfalls die Integration in Vantoy. Ein Beispiel hierfür ist das BigSur GRUB Theme, es bietet je ein Archiv für Grub2 und Ventoy zum Download an:
Bei den Restlichen handelt es sich um Grub2 Themes. Sie wurden für eine Vanilla Grub2 Installation entwickelt, d.H. zum Starten eines oder mehrerer Betriebssysteme. Grundsätzlich könnt ihr diese ebenfalls nutzen, schließlich steckt in Ventoy auch der Grub2 Bootloader. Allerdings muss man in diesem Falle sowohl auf die Navigation, als auch eine tiefer gehende Integration verzichten. Schließlich besitzt ein Standard-Grub2 die von Ventoy ergänzend eingebauten Möglichkeiten nicht.
Ob man dies ggf. akzeptieren kann, bleibt jedem selbst überlassen. Die Tastenkombinationen funktionieren natürlich weiterhin. Sollte man diese vergessen, zeigt die in vielen Programmen mit der Hilfe belegte Taste F1 eine Übersicht an. Diese ist zwar weniger schön als das Menü unten, rein informell jedoch genau so zielführend. Wer vor Anpassungen nicht zurück schreckt, kann ein Grub2 Design auch selbst um die gewünschten Funktionen erweitern: Alles ist quelloffen und die Möglichkeiten daher nur auf das technisch machbare begrenzt.
Um welches Design es sich handelt, erkennt ihr meistens schon im Titel. Teilweise aber auch erst bei den Dateien (Reiter Files) oder in der Beschreibung: Das BigSur GRUB Theme beispielsweise verrät im Titel nichts über die Ventoy-Unterstützung. Sowohl im GitHub-Repository, als auch in den Dateien kann man jedoch zwischen einer Grub2 und Ventoy-Version auswählen:
Ein genauerer Blick in diesen Reiter lohnt sich auch für verschiedene Varianten. Nicht alle aber manche Designs bieten beispielsweise mehrere Farbstile oder unterschiedliche Hintergrundbilder an, aus denen sie jeweils ein Paket schnüren. Meist sind diese auf den Bildschirmfotos zu sehen.
Gefällt euch eine Variante auf den Screenshots, ist leider nicht immer eindeutig zu erkennen, wie das dazugehörige Archiv heißt. Manchmal hilft daher nur, auf gut Glück ein Archiv herunterzuladen und einen Blick auf die Bilder zu werfen. Meist ist ein Bild enthalten, das den Hintergrund darstellt und background, bg oder ähnlich benannt ist sowie in der Regel zu den größten Dateien gehört. Manche Designer legen die Screenshots auch dem Archiv bei und benennen sie screenshot oder wie in diesem Beispiel preview (Vorschau):
Wie sind Grub2/Ventoy-Designs aufgebaut? Welche Dateien brauche ich?
Ladet das gewünschte Archiv herunter. Unter GNU/Linux-Distributionen lassen sich .tar.gz-Archive in der Regel ohne zusätzliche Software öffnen/entpacken. Windows beherrscht dieses Format nicht, daher benötigt ihr das quelloffene 7-Zip oder proprietäre Alternativen wie WinRAR.
Vor allem bei den nicht speziell für Ventoy entwickelten Designs liegen die benötigten Dateien manchmal in einem Unterordner, da im Wurzelverzeichnis etwa noch Shell-Skripte zur automatischen Installation abgelegt sind, etwa install.sh auf dem folgenden Bildschirmfoto. Diese lassen sich für Ventoy nicht verwenden! Sie sind für einen auf dem PC installierten Grub2 ausgelegt.
Die Daten des Designs selbst liegen in diesem Fall üblicherweise in einem Unterordner, der gleich heißt, wie das Theme – hier Cyberpunk. Manchmal enthält er Zusätze, etwa zum Farbschema, der Version und anderen Informationen. Den richtigen Ordner erkennt ihr daran, dass eine Textdatei namens theme.txt enthalten ist. Sie definiert das Layout, die Farben, Schriften, lädt Bilder und ist damit das Herzstück des Designs.
So installierst du ein Design in Ventoy
Auf der Ventoy-Partition eures Wechseldatenträgers (USB-Stick/SSD) öffnet ihr den ventoy Unterordner. Dieser wird zusammen mit der ventoy.json Konfigurationsdatei automatisch angelegt, sobald ihr das VentoyPlugson Hilfswerkzeug startet und Änderungen an der Standardkonfiguration vornehmt. VentoyPlugson ist im Archiv enthalten, das ihr zur Installation heruntergeladen habt. Es benötigt Root-Rechte und erhält als Argument den Laufwerkspfad zu dem Wechseldatenträger, auf dem Ventoy bereits installiert ist – dies hatte ich im ersten, Allgemeinen Teil bereits gezeigt.
# 'X' durch den Buchstaben des Laufwerks ersetztn (ggf. mit lsblk ermitteln)
sudo ./VentoyPlugson.sh /dev/sdX
Zu empfehlen ist, alle Daten der Plugins dort ebenfalls abzulegen. Ventoy schlägt einen Unterordner pro Erweiterung vor, der dessen Name trägt – in diesem Falle also theme. Technisch ist der Pfad aber frei wählbar. In diesem Basis-Ordner jeweils einen Unterordner pro Design erstellen. Darin wird aus dem Archiv der Inhalt des Ordners entpackt, der die theme.txt Datei enthält.
Diesen Pfad müssen wir Ventoy mitteilen. Unter Xfce könnt ihr dafür einfach die Datei mit der linken Maustaste anklicken und [STRG] + [C] drücken, damit euch der komplette Pfad in die Zwischenablage kopiert wird. Damit geht es in der Web-Oberfläche weiter, die VentoyPlugson zur einfacheren Konfiguration standardmäßig unter http://127.0.0.1:24681 (wird nach dem Start in der Konsole angezeigt) startet. Klickt hier links auf Theme Plugin und in der Box file unten auf Add. In das Feld File Path kopiert ihr den lokalen Pfad zur theme.txt des Designs, beispielsweise so:
Dieser Pfad enthält den lokalen Einhängepunkt, den es beim späteren Booten von Ventoy natürlich so nicht gibt. Darum müsst ihr euch aber keine Gedanken machen: Ventoy erkennt das und schreibt ihn vor dem Speichern einheitlich um, wobei die Partition mit euren Daten als Wurzelverzeichnis / betrachtet wird. Der lokale /run/media/daniel/… Pfad wird somit zu /ventoy/theme/breeze/theme.txt.
Ihr könnt mehrere Designs hinterlegen und innerhalb von Ventoy mit F5 > Theme Select diese im laufenden Betrieb ohne Neustart wechseln. Die Spalte Default legt fest, welches davon nach dem Booten automatisch geladen werden soll. Standardmäßig ist unten Random ausgewählt – in diesem Falle wird ein zufälliges geladen, sodass sich das Aussehen bei jedem Start ändert. Außer ihr ändert dies, in dem ihr beim gewünschten Design auf Default klickt.
Damit ist das Design grundsätzlich nutzbar. Allerdings bringen einige ihre eigenen Schriften mit, um das gewünschte Aussehen zu realisieren. Grub nutzt hierfür mit PF2 ein eigenes Format. Ihr solltet daher im Ordner der theme.txt prüfen, ob es dort .pf2 Dateien gibt. Oft sind es mehrere wie im folgenden Beispiel, da PF2 im Gegensatz zu etwa TTF eine spezifische Schriftgröße enthält. Um verschiedene Schriftgrößen zu realisieren, muss man daher mehrere .pf2 Dateien erstellen. Das Breeze-Design enthält insgesamt 8 Schriftdateien: Alle gehören zur Schriftfamilie Hack in den Größen 12/14/16/18/22/24/32 und 36 Punkt.
Sie befinden sich zwar bereits im Ordner und stehen für Ventoy zur Verfügung. Damit das Design sie nutzen kann, muss Grub sie allerdings laden. Ventoy hat dafür weiter unten die Einstellung fonts, in der ihr über Add nach dem gleichen Prinzip wie ihr die theme.txt hinzugefügt habt auch die .pf2 Schriftdateien hinterlegen könnt:
Bei Ventoy-Themes solltet ihr nach einer ventoy.json Ausschau halten. Je nach Umfang und Integration enthält sie weitere Konfigurationselemente, die entweder für eine fehlerfreie Darstellung nötig sind. Oder zusätzliche Funktionen abbilden, wie beispielsweise menu_classes bei Bigsur für die Symbole der Distributionen an der linken Seite:
Etwas ungünstig ist hier aus meiner Sicht, dass manche Variablen global gesetzt werden. So legt ventoy_color die Farbe fest, in der Ventoy seine Version und den Boot-Modus (BIOS/UEFI) links unten anzeigt. Abhängig vom Hintergrundbild kann hier eine helle Farbe für dunkle Designs schlecht bis gar nicht zu lesen sein und umgekehrt.
Gerade wenn hier mehrere Einstellungen gesetzt werden, ist es ggf. am einfachsten, diese JSON-Datei in euer lokales ventoy Verzeichnis zu kopieren. Achtet darauf, dass die Pfade stimmen: In diesem Beispiel hat der Designer den Ordner themes genannt, während Ventoy das Plugin in der Einzahl ohne s vorgesehen hat. Hier müsste man also /ventoy/themes in /ventoy/theme jeweils abändern oder den Ordner umbenennen (womit ihr dann möglicherweise bei anderen Designs auf Probleme stoßt, die sich an diese Vorgabe halten).
Wichtig: Um überschreiben zu vermeiden, stellt sicher, dass VentoyPlugson.sh vor händischen Änderungen an der JSON-Datei zuvor mit [STRG] + [C] beendet wurde!
Automatisches Hinzufügen aller Schriften über die JSON-Datei
Auf diesem Weg alleine für dieses eine Design 8 Schriften hinzuzufügen, endet in einer monotonen Klickorgie. Das nervt vor allem dann, wenn man noch weitere Themes ausprobieren möchte: Ich habe in meinem Test mit 9 Stück insgesamt 61 Schriften eingefügt. Bequemer geht es mit folgendem Einzeiler, dem ihr den Pfad auf eurem Ventoy-Medium übergebt. Er generiert das JSON, wofür der lokale Pfad mit /ventoy als Basis umgeschrieben werde muss – wie zuvor erwähnt, führt die grafische Oberfläche dies automatisch aus.
$ for pf2 in /run/media/daniel/Ventoy/ventoy/theme/breeze/*.pf2; do echo "\"/ventoy/theme/$(basename $(dirname $pf2))/$(basename $pf2)\","; done
"/ventoy/theme/breeze/Hack-12.pf2",
"/ventoy/theme/breeze/Hack-14.pf2",
"/ventoy/theme/breeze/Hack-16.pf2",
"/ventoy/theme/breeze/Hack-18.pf2",
"/ventoy/theme/breeze/Hack-22.pf2",
"/ventoy/theme/breeze/Hack-24.pf2",
"/ventoy/theme/breeze/Hack-32.pf2",
"/ventoy/theme/breeze/Hack-36.pf2",
Das Komma in der letzten Zeile muss noch entfernt werden, damit diese wie folgt aussieht:
"/ventoy/theme/breeze/Hack-36.pf2"
Diese Änderung solltet ihr am besten manuell einpflegen, da es mit der Preview Funktion rechts oben in meinen Tests Probleme gab und euch die grafische Oberfläche ggf. Änderungen überschreibt: Beendet VentoyPlugson.sh mit [STRG] + [C] und öffnet ventoy/ventoy.json mit einem Texteditor. Anschließend kann VentoyPlugson.sh wieder gestartet werden und er wird euch die Schriften anzeigen:
Das ist einer der wenigen Anwendungsfälle, bei denen die Web-Oberfläche (noch) an ihre Grenzen stößt. Grundsätzlich würde ich manuelle Änderungen an der JSON-Datei nur vornehmen, wenn es per Web nicht möglich ist. Dies ist weniger fehleranfällig und zudem einfacher, gerade wenn man die Einstellungen noch nicht so gut kennt. Sollte es doch mal nötig sein, am besten anschließend VentoyPlugson.sh noch einmal starten und im Web aufrufen. Das Werkzeug validiert die Datei und meldet sich, falls diese fehlerhaft sein sollte – etwa durch ein vergessenes Komma , nach dem letzten Element des fonts Arrays:
Ändern der Auflösung
Standardmäßig startet Ventoy in der betagten Auflösung von 1024×768 Pixeln. Sie ist zweckdienlich, aber für heute Verhältnisse ziemlich pixelig – schließlich ist Full-HD mit 1080×1920 seit vielen Jahren der Standard, welcher zunehmend von WQHD und 4k abgelöst wird. Über die Einstellung gfxmode lässt sich die Standard-Auflösung anpassen. Eine feste Auflösung kann hier jedoch zu Problemen führen – etwa, wenn man Ventoy auf einem älteren PC mit eben so älterem Bildschirm nutzen möchte. Alternativ bietet sich max an, womit automatisch die maximal mögliche Auflösung gesetzt wird. Hier ist zu bedenken, dass einige Designs mehrere Auflösungen unterstützen – aber nicht alle die sehr hohen moderner Bildschirme (WQHD/4k). Diese Einstellung sollte man also abhängig von der Umgebung anpassen. Der Standard 1024×768 sieht zwar weniger schön aus, ist dafür am universellsten – selbst auf Röhrenmonitoren einsetzbar.
Ausprobieren des neuen Designs
Damit ist alles bereit für den ersten Start von Ventoy mit dem oder den neuen Design(s). Sofern ihr dies als Standard festgelegt habt oder nur eines existiert, wird es automatisch geladen. Sind mehrere Designs hinterlegt, lassen sich diese mit F5 > Theme Select jederzeit ohne Neustart wechseln:
Mit der [ESC] Taste gelangt man ins vorherige Menü zurück und kann Ventoy mit dem neuen Design nahtlos ausprobieren oder weiternutzen.
Ein paar Themes, die ich getestet habe
Für Ventoy oder mit mit Integration
- BigSUR GRUB Theme (Sieht ähnlich aus, Navigation flüssig, leichteres Flackern beim Ordnerwechsel – ist für Ventoy optimiert)
- Ventoy Purple Theme
Grub2 Designs ohne Integration
- Vimix
- NoiceGRUB
- SleekTheme-BigSur (Flackert beim Aufrufen von Ordnern, die Navigation ist etwas träge)
- Cyberpunk GRUB Theme (Bei 1080P ragt der Listeninhalt unten etwas aus der Box heraus, wenn genügend Einträge vorhanden sind)
- Cyberpunk 2077 GRUB Theme (Listeninhalt ragt in 1080P etwas aus Box heraus, leichtes Flackern beim öffnen von Ordnern)
- Breeze GRUB2 theme (Leichtes Flackern beim öffnen von Ordnern)
- Fate Series GRUB Theme, Okita Alter Version (Listeninhalt ragt etwas aus der Box heraus, leichtes Flackern beim Öffnen von Ordnern, ansonsten sehr kontrastreich und gut lesbar)
- MacOS Monterey (Leichtes Flackern beim öffnen von Ordnern)
Fazit
Die Möglichkeiten zur Anpassung sind durch den verbreiteten und quelloffenen Grub2 Bootloader vielfältig: Man kann aus einer Vielzahl an Designs auswählen, manche davon sind sogar speziell für Ventoy angepasst. Von den dutzenden getesteten Designs haben alle funktioniert. Lediglich bei manchen gab es kleinere Darstellungsfehler, welche sich nicht negativ auf die Funktion ausgewirkt haben.
Wer keine Scheu hat mehr Zeit zu investieren, der kann vorhandene Designs auf verschiedene Arten anpassen oder sogar ein eigenes entwickeln. Aber auch wer nicht so weit gehen möchte, bekommt recht einfach eine individuelle Ventoy-Installation, die sich an den persönlichen Geschmack anpasst. Da Grub2 in den meisten GNU/Linux-Installationen steckt, kann man sich die Meisten dieser Designs übrigens auch für den lokalen PC installieren. Auch wenn man den Bootloader dort weniger intensiv bis gar nicht nutzt, ist dies ggf. für Dual-Boot Systeme interessant.
Die lange herrschende Meinung, dass GNU/Linux optisch veraltet oder gar hässlich sei, ist jedoch längst nicht mehr zutreffend. Nicht nur viele Distributionen sehen mittlerweile mindestens vergleichbar zeitgemäß aus, wie Windows und MacOS. Selbst der Bootloader lässt sich bereits weitaus hübscher gestalten, als es unter den proprietären Konkurrenten überhaupt möglich wäre.