Der Gigabyte Brix GB-BACE-3000 ist nur etwas größer, wie zwei nebeneinander liegende Raspberry Pi 4. Neu kostet er knapp 60 Euro inklusive Versand – bereits damit ist dieser Mini-PC äußerlich dem Raspberry Pi stark ähnlich. Dieser Beitrag zeigt Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf. Darüber hinaus werde ich einen Alltagstest durchführen und das Innenleben auf Erweiterbarkeit prüfen.
Der Gigabyte Brix: Ein erweiterbarer Raspberry Pi ohne GPIO in X86?
Beim Kauf wird der offensichtlichste Unterschied deutlich: Im Gegensatz zum Raspberry Pi ist der Gigabyte Brix problemlos lieferbar. Zwischen März und September 2022 ist der Preis etwas gestiegen, nachdem er im Oktober 2021 deutlich gesunken war.
Allerdings wird er ohne Arbeitsspeicher und Laufwerk geliefert, beides muss also dazu berechnet werden:
Beim RAM unterstützt das Board DDR3 SO-DIMM – also Notebookspeicher – mit einer Taktfrequenz von 1066 MHz und 1600 MHz. Jeweils Low Voltage mit 1,35 V. Dies wird in der Bezeichnung meist mit einem „L“ vermerkt, etwa DDR3L. Oben habe ich mich für den schnelleren 1600 MHz Speicher entschieden.
Einen Test mit 16 GB konnte ich nicht machen. Die Module sind zudem extrem teuer, derzeit kostet das günstigste knapp 130 Euro. Zudem besteht hier das Risiko, dass es nicht funktioniert – offiziell unterstützt das Board nur maximal 8 GB.
Die Kits lohnen sich in meinen Augen meist nicht: Mit 4 GB RAM kostet der Mini-PC 84,99 Euro und damit knapp 25 Euro mehr. Für die paar Minuten Arbeit würde ich lieber selbst bestellen – zumal man das Gehäuse für die SSD ja sowieso öffnen muss.
Als Laufwerk kann neben einer 2,5 “ SATA SSD/Festplatte auch eine M2 SSD verbaut werden. Das fand ich beim Lenovo Tiny schon sehr praktisch: Die SSD lässt sich für das Betriebssystem (und ggf. VMs, Container etc) nutzen – während eine größere Festplatte als günstiges Datengrab dient. Doch Gigabyte setzt hier auf das M.2 2230 Format. Es ist das kompakteste, dafür aber vergleichsweise selten. Auf eBay beispielsweise finden sich derzeit nur 64 solcher M2 SSDs. Zum Vergleich: Lenovo setzt auf das längere und gängigere M.2 2280 Format. Dafür bietet eBay über 3.000 SSDs an. Auf anderen Plattformen ist der Unterschied in der Auswahl ähnlich.
Wer nicht viel Speicher benötigt, bekommt mit der SSSTC CL1 PCIe Gen3 x4 eine passende 128 GB große SSD für 25,90 Euro. Dagegen verlangt Samsung für 256 GB rund 46 Euro. Wem ein Laufwerk genügt, der kann natürlich auch denn M2 Slot leer lassen und lediglich eine SATA-SSD einbauen. Diese sind deutlich günstiger, so bekommt man 512 GB bereits ab etwa 42 € mit Versand. Sie sind gegenüber M2 auch langsamer, doch das dürfte bei einem Mini-PC dieser Leistungsklasse keinen spürbaren Unterschied machen.
Im günstigsten Falle zahlt man weniger als 20 Euro für eine 128 GB SATA-SSD. Die Netac gibt es derzeit etwa für 17,09 € mit Versand. Zusammen mit 4 GB Arbeitsspeicher entstehen Kosten in Höhe von mindestens 30,04 Euro, mit 8 GB RAM sind es 47,14 €. Entscheidet man sich für eine M2 SSD, muss man entsprechend mit 38,85 € (4 GB) bzw. 45,95 € mit 8 GB RAM. Eine 128 GB SATA-SSD wäre wohl am ehesten mit dem Raspberry Pi vergleichbar, hier würdet ihr insgesamt mit dem Brix 90,03 € für 4 GB und 107,13 € bei der Variante mit 8 GB Arbeitsspeicher bezahlen.
Das mag viel klingen, haben die Meisten noch knapp 60 Euro für einen Raspberry Pi 4 im Kopf. Doch zu diesen Preisen kann seit Monaten kaum ein Händler liefern und wenn dann oft nur kurzzeitig in begrenzter Stückzahl. Gängig sind daher mittlerweile 134,90 € (!) für den RPI 4 mit 4 GB Arbeitsspeicher inkl. VSK geworden. Bei der 8 GB Version sogar über 187 Euro. Und da sind noch nicht mal Netzteil und Speicherkarte/SSD mit Adapter als notwendigstes Zubehör dabei, geschweige denn zusätzliches wie ein Gehäuse. Selbst falls ihr WLAN oder Bluetooth nachrüsten möchtet, ist der Brix in den meisten Fällen deutlich günstiger. Zumal dieser keine Lieferprobleme aufweist, zumindest bislang nicht.
Einbauen der Komponenten
Das Gehäuse lässt sich mit vier Kreuzschlitzschrauben am Boden ganz leicht öffnen. Keine Clips aus Plastik oder gar Widerhaken, die unnötig Steine in den Weg legen – so wünscht man sich das!
Die M2 SSD wird aufs Mainboard geschraubt, wie man das von normalen PCs her kennt. Ein Päckchen mit den dafür notwendigen Schrauben liegt bei. Wer eine 2,5″ SATA SSD oder Festplatte verbauen möchte, findet in der Bodenabdeckung (rechts) eine entsprechende Halterung dafür. Der Anschluss erfolgt per Vormontiertem Flachbandkabel.
Clever: Die Schrauben des Bodendeckels fixieren auch gleichzeitig das Mainboard. Im Inneren gibt es daher nur zwei weitere Kreuzschrauben für die Hauptplatine. Sie ist (von unten gesehen) mit dem Prozessor und Kühlkörper nach unten eingebaut. Der Prozessor wird passiv gekühlt, seine Kühlrippen befinden sich unter dem Einschaltknopf. Daneben eine 3 V Batterie für das Bios.
Im direkten Vergleich ist das Board nur wenig größer als der Raspberry Pi 4:
BIOS und Installation des Betriebssystems
Das Gerät enthält keine Windows-Lizenz. Wer ohnehin Linux einsetzen möchte, wird sich darüber freuen: So verschwendet man kein Geld für eine unnötige Lizenz, die ansonsten ja im Preis mit inbegriffen ist. Wer dennoch Windows benötigt, hat natürlich die Möglichkeit, Windows nachträglich zu installieren – muss sich aber eine Lizenz kaufen, um Windows legal verwenden zu können.
Per [ENTF] Taste während des frühen Bootvorgangs gelangt man ins BIOS/UEFI. Das kennt ihr irgendwo her? Ich auch: Der Giada H81 Mini PC aus dem vorherigen Test hatte das Gleiche Aptio-Bios! Das vom Giada ist etwas älter, Version 2.17.1246 aus dem Jahre 2015. Mit dem neueren des Gigabyte Brix kann man neben der Tastatur zusätzlich die Maus zur Bedienung verwenden. Ansonsten ist es s impel, aber zweckdienlich, wie schon beim Giada im Test festgestellt. Die Startreihenfolge kann man – sowohl dauerhaft als auch temporär – problemlos ändern.
Test im Alltag mit Linux
Der verbaute Celeron N3000 Prozessor ist auf dem Papier recht Leistungsschwach: Er läuft mit nur 1 GHz Basistakt. Immerhin kann er auf bis zu 2,1 GHz im Turbo-Modus hoch takten. Dies lässt sich im UEFI/BIOS deaktivieren – aufgrund des geringen Taktes habe ich es aktiviert. Der Celeron verfügt jedoch nur über zwei Kerne. Es überrascht daher wenig, dass er im Benchmark rund 28 % weniger Punkte erreicht, als der Raspberry Pi 4.
Ich habe mich daher für die Installation von Manjaro mit XFCE Desktopumgebung entschieden. Sie ist leichtgewichtig, jedoch ohne dabei die Optik und Bedienbarkeit zu sehr einzuschränken. Ohne geöffnete Programme werden knapp über 0,5 GB des Arbeitsspeichers belegt. Somit bleiben mit einem 4 GB Riegel noch etwa 3,5 GB für die Anwendungen.
Die Bedienung läuft – in Anbetracht des Celeron mit nur 2 Kernen – überraschend gut. Bei der Surfgeschwindigkeit liefert er ähnliche Ergebnisse wie der Raspberry Pi 4. Beide Kerne sind schnell auf 100 % Auslastung, während Internetseiten geladen werden. Von der Leistung sollte man aber keine Wunder erwarten: Schon in meinem Test Raspberry Pi mit Manjaro als Desktop-Ersatz war schnell klar, dass der Pi zwar zum Surfen verwendet werden kann. Allerdings hat man immer wieder einige Sekunden Wartezeit – vor allem beim Aufrufen neuer Internetseiten. Mit dem Gigabyte Brix ist es ähnlich.
Noch etwas schlechter ist jedoch die Wiedergabe von Videos. Selbst bei 720 p kommt es gelegentlich zu Rucklern. Dies funktionierte auf dem Pi etwas besser.
Stromverbrauch
Im Leerlauf liegt der Verbrauch bei etwa 5 bis 6 Watt, gemessen per DECT 200 Messgerätes. Die Spitze auf 7 Watt trat beim Hochfahren auf, anschließend sinkt er auf knapp 6 W. Das ist etwa doppelt so viel, wie der Raspberry Pi 4.
Beim Surfen im Internet steigt der Strombedarf um wenige Watt an. Die Spitze liegt bei 12 Watt, wenn beide Kerne voll ausgelastet sind. Dabei fällt eine große Stärke auf: Das System ist komplett lautlos, da im Gegensatz zu anderen Mini-PCs kein Lüfter verbaut ist.
Welche Kosten das Verursacht, ist aufgrund der aktuellen Lage schwer zu berechnen. Im letzten Video zum Test des Giada H81 Mini PC hatte ich bereits auf die zunehmend steigenden Strompreise hingewiesen. Im Schnitt haben wir im August 2022 laut Verivox etwa 42 Cent pro Kilowattstunde.
- Im Leerlauf kostet der Dauerbetrieb etwa 25,75 €/Jahr
- Mit moderater Last (7 W) 25,40 €/Jahr im Dauerbetrieb
- Vollast
Fazit
Der Brix von Gigabyte ist leicht zu öffnen und man kann nahezu alles austauschen – das gefällt mir konzeptionell ziemlich gut. Vor allem zu diesem Preis bekommt man woanders ja eher zusammengelötete und zusammengeklebte Einweg-PCs. Es hätte ihm jedoch gut getan, wenn er minimal größer Gebaut worden wäre und dementsprechend übliche 2280 M2 SSD unterstützt. Der größte Kritikpunkt ist in meinen Augen jedoch der Prozessor: Der zum Testzeitpunkt etwa 7 Jahre alte Celeron verlangsamt das System spürbar.
Als Desktop taugt er damit nur mit viel Geduld und Abstrichen. Angesichts des Stromverbrauches wäre ein günstiger Micro-Server schon eher denkbar. Hier sollte allerdings aufgrund des schwachen Prozessors keine rechenintensiven Anwendungen laufen.
Wer etwas mehr Geld zur Verfügung hat und mit Gebrauchtware leben kann, dem empfehle ich Mini-PCs wie den Lenovo Tiny. Sie sind ein wenig größer, doch beide Kritikpunkte wurden dort wesentlich besser gelöst.