HP 260 G2 Mini-PC im Test: Leistung, Stromverbrauch, Innenleben – Eine Lenovo Tiny/Raspberry Pi Alternative?

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HP 260 G2 Mini-PC im Test: Leistung, Stromverbrauch, Innenleben – Eine Lenovo Tiny/Raspberry Pi Alternative?

Im Rahmen meiner Serie zu Mini-PCs und möglichen Raspberry Pi Alternativen werde ich heute den HP 260 G2 testen. Hierbei handelt es sich um einen Mini-PC, ähnlich wie der bereits zuvor getestete Lenovo ThinkCentre M910q, mit dem sich ein Vergleich am ehesten anbietet. Dieser Artikel geht auf die Leistung, den Stromverbrauch und das Innenleben ein – jedoch aus praktischer Perspektive, statt reine Benchmarks gegenüber zu stellen. Zusätzlich werde ich an einigen Stellen auch den Vergleich mit dem Raspberry Pi 4 ziehen.

Preis, Gehäuse und Anschlüsse

Ich habe das Gerät für rund 82 Euro inklusive Versand gebraucht auf eBay gekauft. Prozessor und Arbeitsspeicher sind vorhanden, jedoch keine SSD – die auf den Bildern zu sehende wurde nachträglich von mir eingebaut. Der Mini-PC ist auch mit anderer Ausstattung erhältlich. Gewerbliche Verkäufer mit Gewährleistungsanspruch sind ebenfalls zu finden, allerdings vergleichsweise eher seltener. Wer dies bevorzugt, sollte eher bei dezentralen Shops in diesem Bereich schauen. Bei privaten Verkäufern erhält man meist günstigere Preise und bessere Verfügbarkeit, dafür ohne Gewährleistungsansprüche. Grundsätzlich sollte die Beschreibung beachtet werden, da das Gerät in verschiedenen Ausstattungen erhältlich ist.

Äußerlich hat der HP große Ähnlichkeit mit dem Tiny: Das Gehäuse ist vorne nur etwa 1 cm kürzer, auf dem Bild sind beide hinten bündig. Bei den Anschlüssen ist Lenovo etwas moderner und verbaut eine USB Typ C Buchse an der Front. Die zweite USB-Buchse ist zudem für das Laden von Geräten wie Smartphones oder Tablets vorgesehen. Sie wird auch dann mit Strom versorgt, wenn der Tiny ausgeschaltet ist („Always On“). Abgesehen davon sind die Anschlüsse identisch.

Hinten haben wir einen VGA- und HDMI-Ausgang (1.4) zum Anschluss von Bildschirmen. Auch da ist der Tiny etwas moderner, statt VGA bietet er den digitalen DisplayPort zusätzlich zu HDMI. Vier USB-Anschlüsse sind vorhanden, zwei davon USB 3.0.

Die Anschlüsse beider Mini-PCs von hinten, der HP 260 G2 Mini ist (wie auf dem ersten Bild ebenfalls) oben zu sehen.

Die Netzteile sind nicht miteinander kompatibel, wie man bereits links erkennen kann: Lenovo setzt auf seinen gelben rechteckigen Stecker mit 20V Netzteil. HP hat sich für einen runden Stecker entschieden und setzt auf 19V Spannung.

Innenleben des HP 260 G2

Bereits das Öffnen des Deckels kommt mir bekannt vor: Er ist hinten mit einer Schraube gesichert. Wird sie gelöst, kann man den Deckel nach vorne ziehen und anschließend hoch heben. Das Innenleben hält ebenfalls wenig Überraschungen bereit. Der Aufbau unterscheidet sich nur in einem Detail: Der Arbeitsspeicher wurde vor den Prozessor (hinter den Frontanschlüssen) platziert – beim Tiny wurde die komplette rechte Seite für den Kühlkörper genutzt, sodass dort kein Platz mehr war und die RAM-Bänke nach unten hinter eine eigene Klappe weichen mussten.

Der von mir gekaufte HP 260 G2 war mit einem 8 GB Riegel ausgestattet. Wie üblich handelt es sich dabei um SODIMM, also Notebook-Arbeitsspeicher – die Riegel sind deutlich kürzer und ermöglichen daher eine kompaktere Bauweise. Laut Datenblatt unterstützt er bis zu 32 GB DDR4-2133 RAM. Es sind zwei Bänke vorhanden, die günstigeren Alternativen wie der Gigabyte Brix 3000 sparen sich den zweiten Slot. An den Takt sollte man sich halten: Mit einem Crucial 16 GB DDR4-2400 Modul meldete der HP zwar keinen Fehler, startete aber auch nicht.

Im Schacht links lässt sich eine 2,5″ HDD oder SSD verbauen. Leider ist dies das einzige interne Laufwerk: Der Lenovo Tiny hat auf der Unterweise noch einen M2-Slot für eine NVM-SSD. Man muss sich also entscheiden, ob man eine schnelle SSD als Systemlaufwerk nutzen möchte, oder eine größere Festplatte. Die einzige Alternative besteht im Anschluss externer USB-Festplatten, wie beim Raspberry Pi.

Der vorne vorhandene M2-Schacht ist laut HP für ein optionales WLAN-Modul vorgesehen. Standardmäßig ist dies nicht verbaut, sodass sich der Mini-PC nur per Ethernet-Kabel mit dem Netzwerk verbinden lässt – oder alternativ über einen extern angeschlossenen USB-Stick. Man könnte auf eigenes Risiko versuchen, dort eine M2-SSD zu verbauen. Aufgrund des geringen Platzes dürfte – wenn überhaupt – nur eine im 2230 Format in Frage kommen. Dies ist das Kompakteste, aber eben auch das Seltenste und Teuerste. Lenovo hat auf der Unterseite deutlich mehr Raum und setzt auf die längeren, günstigeren 2280 SSDs. Außerdem ist der Slot beim Tiny offiziell für SSDs vorgesehen.

BIOS/UEFI

Kurz nach dem Einschalten erscheint das HP-Logo. Drückt man währenddessen F10, öffnet sich das Uefi/Bios von American Megatrends. Auffällig: Es ist komplett in Deutsch, inklusive Enkodingfehlern bei Umlauten. Anscheinend hat HP dort ein angepasstes Bios in Auftrag gegeben. Da diese meist in Englisch gehalten sind, muss man an manchen Stellen etwas suchen, um bestimmte Einstellungen zu finden. Mit kurzer Eingewöhnung sollte das kein wirkliches Problem sein.

Die Startreihenfolge lässt sich über das Menü Speicher > Boot-Reihenfolge verändern:

In Sicherheit > Systemsicherheit lassen sich die Virtualisierungsoptionen des Prozessors aktivieren, falls man virtuelle Systeme auf dem HP betreiben möchte.

Ansonsten ist das System recht unspektakulär, wenn auch Zweckdienlich.

Leistung im Alltag

Verbaut ist ein Intel Core i3-6100U Prozessor mit 2 Kernen und 4 Threads sowie 2,3 GHz Taktrate. Im Tiny steckte dagegen ein i5 mit 4 Kernen und leicht höherer Taktrate sowie Turbo-Takt. Auf cpubenchmark.net erreicht der i3 des HP daher weniger als die Hälfte der Punkte, aber immer noch über 3x mehr, als die ARM-CPU des Raspberry Pi.

Der HP 260 G2 ist offiziell mit folgenden Prozessoren bestückbar:

  • Intel Core i5-6200U
  • Intel Core i3-6100U
  • Intel Pentium 4405U
  • Intel Celeron 3855U

Unser i3 6100U ist hier bereits der zweitstärkste, ein 4-Kern i5 wie beim Tiny

Für alltägliche Aufgaben ist die Leistung ausreichend: Ob man Dokumente mit LibreOffice bearbeitet, im Internet surft oder E-Mails ließt, all das stellt den Prozessor vor keine Herausforderungen. Webseiten laden zügig und mit deutlich weniger Gedenksekunden als auf dem Raspberry Pi, dessen Prozessor dabei öfter an der Leistungsgrenze arbeitet. Beim i3 6100U passiert das im Alltag nicht: Die Wiedergabe von Videos in Full-HD ist flüssig. Der Vollbildmodus wird nahezu sofort gestartet und auch wieder beendet. Während der Wiedergabe von 1080p Material liegt die Auslastung des Prozessors zwischen 30 und 40 Prozent. Zeitweise bis zu 60 Prozent, doch es bleibt noch gut Luft nach oben.

Stromverbrauch

Gemessen wurde mit dem Fritz! DECT 200 Messgerät und der aktuellsten Xubuntu 22.04 LTS Version. Unter anderen Betriebssystemen – insbesondere Windows – kann der Verbrauch höher sein. Während des Starts kommt es kurzzeitig zu einer Spitze von etwa 13 Watt. Im Leerlauf unter Xubuntu sinkt der Verbrauch auf rund 3,4 Watt – das ist erfreulich wenig. Zum Vergleich: Der Anfangs erwähnte Lenovo Tiny benötigt im Leerlauf mit 5,5 Watt etwas mehr. Nach dem Anschluss eines USB-Sticks für die Funktastatur stieg der Verbrauch des 260 G2 ein wenig auf rund 3,9 Watt an. Für alle folgenden Messungen war dieser Stick angeschlossen. Während der Wiedergabe eines Full-HD Videos auf YouTube waren 10 bis maximal 15 Watt zu messen. Naturgemäß variiert dies während dem Abspielen und bleibt nicht konstant.

Von links nach rechts: Systemstart, leerlauf und Videostreaming auf YouTube

Lasten wir alle Kerne mit dem Kommandozeilenwerkzeug stress künstlich zu 100% aus, führt dies zu einem konstanten Verbrauch von 15,1 Watt. Der Lüfter wird dabei kaum lauter und ist unabhängig von der Last ziemlich dezent. Nur in ruhiger Umgebung ist er nahe genug am Gehäuse überhaupt wahrnehmbar.

Einen Vergleich mit allen bisher getesteten (Mini-) PCs sowie dem Raspberry Pi findet ihr in diesem Community-Thema zum Stromverbrauch. Dieser Thread wird fortlaufend aktualisiert.

Fazit

Was den Prozessor angeht, ist der HP 260 G2 etwas dünner ausgestattet, als der Lenovo Tiny – aber immer noch deutlich leistungsfähiger, als ein Raspberry Pi. Der Stromverbrauch ist geringer, für alltägliche Aufgaben reicht die Leistung aus. Die meisten Komponenten sind austauschbar, der Arbeitsspeicher kann üppig aufgerüstet werden. Leider ist lediglich eine Festplatte/SSD verbaubar – für einige Konstellationen ist er dadurch gegenüber dem Tiny im Nachteil. Ich würde den sehr ähnlich aufgebauten Tiny tendenziell vorziehen: Er hat zudem den deutlich stärkeren Prozessor und ist derzeit besser verfügbar. Wem die Leistung sowie ein Laufwerk ausreichen, der findet mit dem HP eine mögliche Alternative.

Beide können wiederum eine mögliche oder sogar bessere Alternative zum Raspberry Pi 4 sein – zumindest dann, wenn man die GPIO-Pins nicht benötigt. Neben der Leistung bieten die Mini-PCs nämlich mit der X86 eine offenere Architektur mit breiterer Unterstützung für Software und Treiber. Der Stromverbrauch ist gegenüber dem Pi minimal höher, jedoch immer noch deutlich geringer, als mit einem vollwertigen ATX-PC oder gar Server. Beide eignen sich daher prinzipiell sowohl als Desktop-PC, als auch zur Nutzung als Heimserver.

Weiterführende Informationen

Anleitungen und Dokumentationen vom Hersteller (HP)
Datenblatt (HP)

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